Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
Vom Netzwerk:
schöne Tische herum. Auf dem Fußboden lagen weiche Teppiche, die Pfeiler hatten hohe Spiegel, außerdem stand in jedem Zimmer noch ein beweglicher Ankleidespiegel, an den Fenstern waren Arbeitstischchen, und in der Ecke jedes Zimmers stand von weißen Vorhängen dicht und undurchdringlich umgeben ein Bett. Jedes Gemach hatte ein Blumentischchen, und an den Wänden hingen einige Gemälde.
    Als ich diese Zimmer eine Weile betrachtet hatte, öffnete mein Begleiter im dritten Zimmer mittelst eines Drückers eine Tapetentür, die sich den Blicken nicht gezeigt hatte, und führte mich noch in ein viertes, kleines Zimmer mit einem einzigen Fenster. Das Zimmerchen war sehr schön. Es war ganz in sanft rosenfarbener Seide ausgeschlagen, welche Zeichnungen in derselben, nur etwas dunkleren Farbe hatte. An dieser schwach rosenroten Seide lief eine Polsterbank von lichtgrauer Seide hin, die mit mattgrünen Bändern gerändert war. Sessel von gleicher Art standen herum. Die Seide, grau in Grau gezeichnet, hob sich licht und lieblich von dem Rot der Wände ab, es machte fast einen Eindruck, wie wenn weiße Rosen neben roten sind. Die grünen Streifen erinnerten an das grüne Laubblatt der Rosen. In einer der hinteren Ecken des Zimmers war ein Kamin von ebenfalls grauer, nur dunklerer Farbe mit grünen Streifen in den Simsen und sehr schmalen Goldleisten. Vor der Polsterbank und den Sesseln stand ein Tisch, dessen Platte grauer Marmor von derselben Farbe wie der Kamin war. Die Füße des Tisches und der Sessel so wie die Fassungen an der Polsterbank und den anderen Dingen waren von dem schönen veilchenblauen Amarantholze; aber so leicht gearbeitet, daß dieses Holz nirgends herrschte. An dem mit grauen Seidenvorhängen gesäumten Fenster, welches zwischen grünen Baumwölbungen auf die Landschaft und das Gebirge hinaussah, stand ein Tischchen von demselben Holze und ein reichgepolsterter Sessel und Schemmel, wie wenn hier der Platz für eine Frau zum Ruhen wäre. An den Wänden hingen nur vier kleine, an Größe und Rahmen vollkommen gleiche Ölgemälde. Der Fußboden war mit einem feinen grünen Teppiche überspannt, dessen einfache Farbe sich nur ein wenig von dem Grün der Bänder abhob. Es war gleichsamder Rasenteppich, über dem die Farben der Rosen schwebten. Die Schürzange und die anderen Geräte an dem Kamine hatten vergoldete Griffe, auf dem Tische stand ein goldenes Glöcklein.
    Kein Merkmal in dem Gemache zeigte an, daß es bewohnt sei. Kein Geräte war verrückt, an dem Teppiche zeigte sich keine Falte und an den Fenstervorhängen keine Verknitterung.
    Als ich eine Zeit diese Dinge mit Staunen betrachtet hatte, öffnete mein Begleiter wieder die Tapetentür, die man auch im Innern dieses Zimmers nicht sehen konnte, und führte mich hinaus. Er hatte in dem Rosenzimmerchen nicht ein Wort gesprochen, und ich auch nicht. Als wir durch die anderen Zimmer gegangen waren und er sie hinter uns zugeschlossen hatte, sagte er mir ebenfalls über den Zweck dieser Wohnung nichts, und ich konnte natürlich nicht darum fragen.
    Als wir auf den Gang hinausgekommen waren, sagte er: »Nun habt Ihr mein ganzes Haus gesehen; wenn Ihr wieder einmal in der Zukunft vorüberkommt, oder Euch gar in der Ferne desselben erinnert, so könnt Ihr Euch gleich vorstellen, wie es im Inneren aussieht.«
    Bei diesen Worten nestelte er den Ring mit den Schlüsseln in irgend eine Tasche seines seltsamen Obergewandes.
    »Es ist ein Bild,« erwiderte ich auf seine Rede, »das sich mir tief eingeprägt hat, und das ich nicht so bald vergessen werde.«
    »Ich habe mir das beinahe gedacht«, antwortete er.
    Da wir in die Nähe meines Zimmers gekommen waren, verabschiedete er sich, indem er sagte, daß er nun einen großen Teil meiner Zeit in Anspruch genommen habe, und daß er, um mich nicht noch mehr einzuengen, mir nichts weiter davon entziehen wolle.
    Ich dankte ihm für seine Gefälligkeit und Freundlichkeit, mit welcher er mir einen Teil des Tages gewidmet und mir seine Häuslichkeit gezeigt habe, und wir trennten uns. Ich nahm den Schlüssel aus meiner Tasche und öffnete mein Zimmer, um einzutreten; ihn aber hörte ich die Treppe hinabgehen.
    Ich blieb nun bis gegen Abend in meinem Gastgemache, teils, weil ich ermüdet war und wirklich einige Ruhe nötig hatte, teils, weil ich meinem Gastfreunde nicht weiter lästig sein wollte.
    Am Abende ging ich wieder ein wenig auf die Felder außerhalb des Gartens hinaus, und kam erst zur Speisestunde zurück.

Weitere Kostenlose Bücher