Werke
auch jeden Antrag hinsichtlich des Vermögens von sich – sie hat auch nicht nötig, einen Anspruch zu machen; denn meine und Emils Habe wurde schon längst in drei gleiche Teile geteilt, und Angelas Teil ist ihr gerichtlich zugesichert, da wir ja alle drei Geschwister sind, und es ewig bleiben wollen.« Ihre Augen brachen in Tränen aus, als sie das sagte, und hinzusetzte: »Morgen werden Sie sie sehen, und desto früher, je weiter Sie ihr entgegenfahren. Sie wird heute abends nach Gmunden kommen.«
Ich war erschüttert und gerührt, und bat sogleich, als wir zurückkamen, den Bruder Emil, mit mir aufzubrechen, und nicht zu ruhen, bis wir heute noch Gmunden erreicht hätten. Er sagte es zu. Das Schiff steht bereitet. Lebe wohl!
17. Lilie
Hallstadt, 26. August 1834
Und nun habe ich meine Angela wieder gesehen, auf ewig meine Angela! Heute sind wir alle, Emil, Aston, seine Mädchen, Angela, Natalie, Lothar und ich, bis tief in die Nacht beieinander gewesen, und obwohl es spät ist, so muß ich doch noch ein Stück meines lärmenden, freudefunkelnden Herzens an Dich absenden. O komme nur, o komme nur – das sind Menschen!! Du fehlest noch, und die Häuser am Traunsee – dann wäre ja der schönste, einst so närrische Traum erfüllt; das Schwerste ist überwunden, die Menschen sind da!
Nur in Kürze kann ich Dir etwas senden – in Genf wirst Du wieder ein Blatt finden, das letzte. – Dann eile mit Windesflügeln nach Wien.
Nun etwas von dem Wiedersehen Angelas. – O Titus! komme nur, daß Du sie sehen kannst, Du siehst die reinste, fleckenloseste Lilie!
Wir kamen abends in Gmunden an! Atemlos ging ich mit Emil die Treppe hinan auf ihr Zimmer – nur der beigegebene Diener war da und sagte, sie sei mit ihrem Mädchen längs des Sees gegen Altmünster gegangen. Wir gingen eilig nach – meine Augen fanden sie bald. Im gewohnten weißen Kleide wandelte sie langsam vor uns, das Antlitz auf den abendglühenden Traunstein gerichtet. Kaum zwei Schritte waren wir nur noch hinter ihr, als sie sich umsah – ach! ganz so schön, wie ich gedacht hatte, war ihr Benehmen – nur eine Sekunde stockte sie, dann, nur Freude, die schöne, die herrliche Freude, der Schmuck des Menschenangesichtes, glänzte aus ihren Augen, als sie uns die Hände reichte – nicht eine Ahnung eines Vorwurfs in den heitern Mienen.
»Ich habe unrecht getan, Angela!« sagte ich zitternd, indem ich ihre Hand hielt und in ihre Augen sah. Fast ihren Bruder vernachlässigend, wandte sie sich ganz zu mir; und meinem Blicke voll Sanftmut begegnend, sagte sie: »Nicht unrecht taten Sie, nur übereilt geurteilt haben Sie, und sich recht viel Weh bereitet – ich will es durch noch mehr Liebe gut zu machen suchen, daß ich die Ursache war.«
»Nein!« rief ich, »ich kann nur durch die grenzenloseste Liebe schwach vergelten, daß einmal bittere Tropfen durch mich in diese Augen stiegen – und, Angela, ich will es auch vergelten, so lange in mir ein Hauch des Lebens ist.«
»Liebe verbricht nichts«, antwortete sie; »sondern nur der Haß – und Liebe vergilt nicht, sondern nur die Gerechtigkeit. – Liebe ist da, weil sie da ist, und beglückt so Geber wie Empfänger – ich bin erst recht glücklich geworden, als ich Sie so lieb gewonnen. Lassen Sie mir auch die Tropfen; sie waren nicht bitter – – und ich gäbe sie jetzt durchaus nicht mehr zurück. Eines aber haben Sie zu büßen, daß Sie mir die Freude, die ich mir selbstsüchtig zubereiten wollte, verdarben; nämlich euch beide einander im Triumphe zuzuführen, und zu sehen, wie Schritt um Schritt einer den andern an sich reißen wird und nun kommen sie beide und haben am Almsee die schönste Nacht gefeiert, während die arme Schwester sich in Wien mit Ahnungen abquälen mußte: wo werden sie jetzt sein, was werden sie tun, wie viel werden sie schon gesprochen haben, wie gefallen sie sich?....«
»Aber nun sei herzlich und tausendmal gegrüßt!« fiel Emil ein; »hier hast Du beide, und betrachte sie nur, wie sie sich schon gut sind, und es täglich noch mehr werden wollen, und nun gehen wir nicht mehr auseinander, Natalie und die Astons und wir und, geliebt es Gott, noch einer, nämlich Lothar – das soll ein schönes Leben geben, wie es in den Traunseehäusern gedichtet worden ist.«
Ich errötete, weil mir einfiel, daß sie so eben mein Tagebuch gelesen habe. Sie fühlte es augenblicklich und sagte freundlich: »Wenn wir in den Gasthof kommen, werde ich Ihnen alle meine
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