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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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verschämt lächelnd herumging und alle Hände voll zu tun und ihres Wunderns und Gesegnens kein Ende hatte; denn ganz oben am Ende des Tisches, im schönsten Goldrahmen prangend, steht ihr sehr gelungenes Konterfei auf ›schneeweißem Papiere‹ in netten Farben ausgeführt, wie es Albrecht in der Glockenblume versprochen hatte.
    So war also jener Scherz schon in einem Jahre in Erfüllung gegangen, nur verkehrt. Lothar hatte das Griechenbild und Albrecht die Verschleierte gewonnen. Und dem damaligen Scherze zu lieb wurde das heutige Frühstück veranlaßt, um die Voraussagung so wahr als möglich zu machen.
    Ich saß jenes gesegneten Tages aus purem blindem Zufalle in Haimbach, und diesem Zufalle verdankt der Leser die ganze obige Geschichte; denn, weiß Gott, wie es kam – die Leutchen alle gefielen mir so sehr, und ich etwa ihnen auch, daß sich eine Bekanntschaft entspann, und dann gar ein Mitihnenfahren, und sofort eine nähere bis heute fortgesetzte Freundlichkeit und ein traulicher Umgang, und lieb wäre es mir, wenn ich eines schönen Tages die liebholdeste Emma zum Altare führen könnte. Noch einen Rat füge ich in Schnelle bei, bevor wir scheiden, nämlich:
    »Wer etwa diese Zeit her Lust hat, den Traunsee zu besuchen, der warte noch zwei oder drei Jahre, wenn es angeht; denn dann sind die zwei wunderschönen Landhäuser schon fertig, die ganz nach Albrechts Angabe am Traunkirchner Ufer werden aufgeführt werden, als Wohnung der obigen Frühstückgesellschaft – wenn nicht bis dahin ein anderer Plan gefaßt wird, etwa am Jura zu wohnen, oder in Neuseeland, oder sonst wo, was von so überirdischen Köpfen nicht zu wundern wäre.«
    Und so, lieber Leser, gehabet dich wohl!!!

Das Haidedorf

1. Die Haide
    Im eigentlichen Sinne des Wortes ist es nicht eine Haide, wohin ich den lieben Leser und Zuhörer führen will, sondern weit von unserer Stadt ein traurig liebliches Fleckchen Landes, das sie die Haide nennen, weil seit unvordenklichen Zeiten nur kurzes Gras darauf wuchs, hie und da ein Stamm Haideföhre, oder die Krüppelbirke, an deren Rinde zuweilen ein Wollflöckchen hing, von den wenigen Schafen und Ziegen, die zeitweise hier herumgingen. Ferner war noch in ziemlicher Verbreitung die Wachholderstaude da, im weitern aber kein andrer Schmuck mehr; man müßte nur die fernen Berge hierher rechnen, die ein wunderschönes blaues Band um das mattfarbige Gelände zogen.
    Wie es aber des öftern geht, daß tiefsinnige Menschen, oder solche, denen die Natur allerlei wunderliche Dichtung und seltsame Gefühle in das Herz gepflanzt hatte, gerade solche Orte aufsuchen und liebgewinnen, weil sie da ihren Träumen und innerem Klingklang nachgehen können: so geschah es auch auf diesem Haideflecke. Mit den Ziegen und Schafen nämlich kam auch sehr oft ein schwarzäugiger Bube von zehn oder zwölf Jahren, eigentlich um dieselben zu hüten; aber wenn sich die Tiere zerstreuten – die Schafe, um das kurze, würzige Gras zu genießen, die Ziegen hingegen, für die im Grunde kein passendes Futter da war, mehr ihren Betrachtungen und der reinen Luft überlassen, nur so gelegentlich den einen oder andern weichen Sprossen pflückend – fing er inzwischen an, Bekanntschaft mit den allerlei Wesen zu machen, welche die Haide hegte, und schloß mit ihnen Bündnis und Freundschaft.
    Es war da ein etwas erhabener Punkt, an dem sich das graue Gestein, auch ein Mitbesitzer der Haide, reichlicher vorfand und sich gleichsam emporschob, ja sogar am Gipfel mit einer überhängenden Platte ein Obdach und eine Rednerbühne bildete. Auch der Wachholder drängte sich dichter an diesem Orte, sich breit machend in vielzweigiger Abstammung und Sippschaft nebst manch schönblumiger Distel. Bäume aber waren gerade hier weit und breit keine, weshalb eben die Aussicht weit schöner war als an andern Punkten, vorzüglich gegen Süden, wo das ferne Moorland, so ungesund für seine Bewohner, so schön für das entfernte Auge, blauduftig hinausschwamm in allen Abstufungen der Ferne. Man hieß den Ort den Roßberg; aus welchen Gründen, ist unbekannt, da hier nie seit Menschenbesinnen ein Pferd ging, was überhaupt ein für die Haide zu kostbares Gut gewesen wäre.
    Nach diesem Punkte nun wanderte unser kleiner Freund am allerliebsten, wenn auch seine Pflegebefohlenen weit ab in ihren Berufsgeschäften gingen, da er aus Erfahrung wußte, daß keines die Gesellschaft verließ, und er sie am Ende alle wieder vereint fand, wie weit er auch nach ihnen

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