Werke
hiesige, die eher ein Garten zu nennen – – und wie er so redete, sahen alle auf ihn und horchten – und sie vergaßen, daß es Schlafenszeit vorüber, daß die Abendröte längst verglommen, daß die Sterne emporgezogen und in dichter Schar über den Dächern glänzten.
Von Städten, den Menschen und ihrem Treiben hatte er nichts gesagt, und sie hatten nicht gefragt. Die Worte seines Mundes taten so wohl, daß ihnen gerade das, was er sagte, das Rechte deuchte und sie nicht nach anderem fragten.
Marthe trug endlich das schlafende Kind fort, Benedikt ging auch, die Nachbarn entfernten sich – und noch seliger und noch freudenreicher als gestern gingen die Eltern zu Bette, und selbst der Vater dachte, Felix sei ja fast wie ein Prediger und Priester des Herrn.
Auch auf die Haide war er gleich nach den Feiertagen gegangen, auf seiner Rednerbühne war er gesessen; die Käfer, die Fliegen, die Falter, die Stimme der Haidelerche und die Augen der Feldmäuschen waren die nämlichen. Er schweifte herum, die Sonnenstrahlen spannen, – dort dämmerte das Moor, und ein Zittern und Zirpen und Singen – – – und wie der Vater ihn so wandeln sah, mußte er sich über die dünnen, grauen Haare fahren und mit er schwielenvollen Hand über die Runzeln des Angesichts streichen, damit er nicht glaube, sein Knabe gehe noch dort, und es fehlen nur die Ziegen und Schafe, daß s sei wie einst, und daß die lange, lange Zeit nur ein Traum gewesen sei. Auch die Nachbarn, wie er so Tag nach Tag unter ihnen wandelte, wie ihn schon alle Kinder kannten, wie er mit jedem derselben, auch mit dem häßlichen, so freundlich redete, und wie er so im Linnenkeide durch die neuen Felder ging – glaubten ganz deutlich, er sei einer von ihnen, und doch war es auch wieder ganz deutlich, wie er ein weit anderer sei als sie.
Eine Tat müssen wir erzählen, ehe wir weiter gehen und von seinem Leben noch entwickeln, was vorliegt – eine Tat, die eigentlich geheim bleiben sollte, aber ausgebreitet wurde, und ihm mit eins alle Herzen der Haidebewohner gewann.
Als endlich die gezimmerten Truhen mit dem Postboten in die Stadt und von da durch Getreidewagen auf die Haide gekommen waren, als er daraus die Geschenke herorgesucht und ausgeteilt, als er tausenderlei Merkwürdiges gezeigt, Blumen, Federn, Steine, Waffen – und alles genug bewundert worden war, – trat er desselben Tages abends zu dem Vater in die hintere Kammer, als er gesehen hatte, daß derselbe hineingegangen und, wie er gern tat, sich in den hineinfallenden Fliederschatten gesetzt hatte – er trat beklommen hinein und sagte mit fast bebender Stimme: »Vater, Ihr habt mich auferzogen und mir Liebes getan, seit ich lebe – ich aber habe es schlecht vergolten; denn ich bin fortgegangen, daß Ihr keinen Gehülfen Eurer Arbeit hattet und Eurer Sorge für Mutter und Großmutter – und als ich gekommen, waret Ihr mir nichts vor, sondern waret nur freundlich und lieb; ich kann es nicht vergelten, als daß ich Euch nicht mehr verlassen und Euch noch mehr verehren und lieben will als sonst. So viel Jahre mußtet Ihr sein, ohne in mein Auge schauen zu können, wie es Eurem Herzen wohlgetan hätte; – aber ich bleibe jetzt immer, immer bei Euch – Allein weil mich Euch Gott auch zur Hülfe geboren werden ließ, so lernte ich draußen allerlei Wissenschaft, wodurch ich mir mein Brot verdiente, und da ich wenig brauchte, so blieb manches für Euch übrig. Ich bringe es nun, daß Ihr es auf Euer Haus wendet und im Alter zu Gute bekommet, und ich bitte Euch, Vater, nehmet es mit Freundlichkeit an.« Der Alte aber, hochrot, zitternd vor Scham und vor Freude, war aufgesprungen und wies mit beiden Händen die dargebotenen Papiere von sich, indem er sagte: »Was kommt dir bei, Felix? Ich bin so erschrocken, – da sei Gott vor, daß ich die Arbeit und Mühe meines Kindes nehme – ach, mein Gott, ich habe dir ja nichts geben können, nicht einmal eine andere Erziehung, als die dir der Herr auf der Haide gab, nicht einmal das fromme Herz, das dir von selber gekommen. – Du bist mir nichts schuldig – die Kinder sind eine Gottesgabe, daß wir sie erziehen, wie es ihnen frommt, nicht wie es uns nützt; verzeihe mir nur, Felix, ich habe dich nicht erziehen können, und doch scheint es mir, bist du so gut geworden, so gut, daß ich vor Freuden weinen möchte« –
Und kaum hatte er das Wort heraus, so brach er in lautes Weinen aus und tastete ungeschickt nach Felix' Hand. Dieser reichte sie; er
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