Werke
gingen wir in das Schreinerhaus. Eustach begrüßte mich, aus seiner Stelle tretend, sehr heiter, und ich erwiderte seinen Gruß auf das herzlichste. Auch die andern Arbeiter gaben zu erkennen, daß sie mich noch kannten. Ich besah zuerst die Dinge nur flüchtig und im allgemeinen. Der schöne Tisch war sehr weit vorgerückt; aber er war noch lange nicht fertig. Es waren wieder ein paar neue Erwerbungen gemacht worden. Man zeigte sie mir und machte mich darauf aufmerksam, was aus ihnen werden könne. Auch Pläne zu selbstständigen Arbeiten waren wieder gemacht worden, und man legte mir in kurzem die Grundansichten auseinander. Ich bat Eustach, daß er erlaube, daß ich ihn während meiner Anwesenheit ein paar Male besuche. Er gestand es sehr gerne zu.
Nach diesem Besuche machten wir trotz der sehr schlechten Wege einen weiten Spaziergang. Da ich davon sprach, daß ich schon die Vögel in dem Garten bemerkt habe, sagte mein Gastfreund: »Wenn Ihr länger bei uns wäret, so würdet Ihr jetzt eine ganze Lebensgeschichte dieser Tiere erfahren. Die Zurückgebliebenen fangen schon an, sich zu erheitern, die fortgezogen sind, treffen bereits allmählich ein und werden mit Geschrei empfangen. Sie drängen sich sehr an die Tafel und sputen sich, bis die in der Fremde erfahrnen Nahrungssorgen verwunden sind; denn dort werden sie schwerlich einen Brodvater finden, der ihnen gibt. Von da an werden sie immer inniger und singen täglich schöner. Dann wird ein Gekose in den Zweigen, und sie jagen sich. Hieran schließt sich die Häuslichkeit. Sie sorgen für die Zukunft, und schleppen sich mit närrischen Lappen zu dem Nesterbau. Ich lasse ihnen dann allerlei Fäden zupfen, sie nehmen sie aber nicht immer, sondern ich sehe manchmal einen, wie er an einem kotigen Halme zerrt. Nun kömmt die Zeit der Arbeit wie bei uns in den Männerjahren. Da werden die leichtsinnigen Vögel ernsthaft, sie sind rastlos beschäftigt, ihre Nachkommen zu füttern, sie zu erziehen und zu unterrichten, daß sie zu etwas Tüchtigem tauglich werden, namentlich zu der großen bevorstehenden Reise. Gegen den Herbst kömmt wieder eine freiere Zeit. Da haben sie gleichsam einen Nachsommer, und spielen eine Weile, ehe sie fort gehen.«
Als wir von dem Spaziergange zurückgekehrt waren und es Abend wurde, versammelten wir uns an dem Kamine des Speisezimmers, in welchem ein lustiges Feuerbrannte. Auch Eustach wurde herüber geholt, und der weiße Gärtner mußte kommen und sagen, welche Fortschritte die Pflanzen in den Winterbeeten und in den Gewächshäusern gemacht hatten. Die Haushälterin Katharina setzte hie und da ein warmes Getränke auf ein Tischchen.
Am andern Tage morgens ging ich zu meinem Gastfreunde in das Fütterungszimmer, um zuzusehen. Er suchte sich alle Gattungen Nahrung aus den Fächern zurecht, öffnete dann die Fenster und tat das Futter auf die Brettchen. Er blieb an dem Fenster stehen, und ich bei ihm. Trotzdem kamen die Vögel in Bögen oder geraden Linien herbei geflogen. Ihn fürchteten sie nicht, weil sie ihn als den Nährvater kannten, und mich nicht, weil ich bei ihm stand. Sie drängten sich, pickten, zwitscherten, und balgten sich sogar mitunter.
»Ich gebe im späteren Frühlinge und Sommer den Weibchen sehr gerne noch eine leckere Draufgabe,« sagte er, »weil manches Mal eine bedrängte Mutter unter ihnen sein kann. Die so hastig und zugleich so erschreckt fressen, sind Fremde. Sie würden um keinen Preis zu einem Menschen herzu gehen, wenn sie nicht der bitterste Hunger nötigte. Ich habe in harten Wintern schon die seltensten Vögel auf diesen Brettern gesehen.«
Als alles vorüber war und sich keine Gäste mehr einfanden, schloß er die Fenster.
Ich stieg von da auf den Dachboden des Hauses empor, weil er gesagt hatte, daß jetzt auch den Hasen außerhalb des Gartens Futter gestreut würde, und daß man sie von da sehen könnte. Sie haben noch nichts als die karge Wintersaat und Nadelreiser, weshalb man noch nachhelfen müsse. Da die Magd die Blätter ausgestreut und sich entfernt hatte, kamen schon Hasen herzu. Ich schraubte ein Fernrohr an einen Balken, und es war lächerlich anzusehen, worauf mich Gustav aufmerksam machte, wenn ein riesiger Hase in dem Fernrohre saß, mit schreckhaften Augen auf das verdächtige Mahl sah, und schnell die Lippen bewegte, als fräße er schon. Da ich auch dies gesehen hatte, stieg ich wieder herunter, und ging mit Gustav in das Zimmer, in welchem die Geräte zur Naturlehre
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