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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Großtaten desselben – es ist aber seltsam: oft weiß ich nicht, ob eins in diese Geschichte gehöre, oder in jene – – ich muß wohl noch älter werden – – ach, ich sehne mich nach meinem Sohne.....«
    Bei diesen Worten brach das Manuskript ab, und keine Zeile stand weiter auf dem Pergamente. Nur unten am Rande des letzten Blattes stand von fremder Hand: ›? [gestorben] einundzwanzig Tage nach dem Worte: Sohne.‹
    Ach – und so muß ja jede dieser Rollen enden, die in den eisernen Kästen noch liegen mögen. Wenn der Mann dachte: morgen oder übermorgen schreibe ich wieder, -so war er morgen oder übermorgen krank, und die andern Tage darauf tot!
    Heinrich stand auf und wischte sich mit der Hand über Stirne.
Eine
Schrift hatte er nun gelesen. Er sah deutlich nun auch schon das Kreuz von fremder Hand auf
seinem
letzten Blatte stehen und dabei: ›gestorben nach dem Worte....‹ – welches Wort mag es wohl sein? etwa Gattin? oder ein anderes, oder eins im Wörterbuche, auf das man jetzt gar nicht denkt?! Er legte das Pergamentheft wieder in seinen Kasten und schloß ihn zu. Dann ließ er alle Fensterlehnen niederfallen, daß wieder nichts als das geheimnisvolle Spiegellicht auf dem Estrich wankte, – dann ging er ins Freie, beide Tore hinter sich auf die Art und Weise schließend, wie es vorgeschrieben ist.
    ›Das ist keine gute Einrichtung unserer Vorfahren‹, dachte er, als er den von so vielen Lesern und Schreibern betretenen Pfad durch den alten Garten zurückging und im Schutte die Fußstapfen drückte, die so viele vor ihm drückt. Er konnte dem Rate des Jodok nicht folgen und das Gelesene in die Winde streuen, sondern mit beschwertem Herzen überall die Gestalt des Jodokus sehend, er vor kurzem hier gewandelt, dachte er: ›Wie viele Gestalten mögen sich noch hinzugesellen, bis der Garten voll Gespenster ist? – Und wenn alle ähnlich diesem Jodok sind, wie wenig verdient ihr Haus den Namen, den ihm die Leute draußen geben – ihre Narrheit ist ihr Unglück, und ihr Herz. – – Wie fürchte ich schon die Geschichte jenes Prokopus mit dem düsteren, funkelnd dürstenden Auge, das vielleicht zuletzt aus Verzweiflung nach den Sternen geschaut – – oder was wird in der von Julianus stehen – oder von dem ersten Sixtus – oder von dem verwahrlosten Christoph mit Narcissa und Pia? – – Was wird von mir selber noch stehen müssen?‹
    Unter diesen und ähnlichen Gedanken gelangte er durch den dunklen Eichenhag gegen die freieren Teile des Berges, und hier war alles heiterer. Der verständige Baumeister trat ihm mit einer Zeichnung entgegen und bemerkte, welche Veränderungen er für gut hielte, nachdem er die Plätze noch einmal untersucht und vermessen habe. Die Werkleute blieben ehrbar stehen und lüfteten die Mützen, als die Männer vorbeikamen. Die Grundfesten der alten Glashäuser des Jodokus waren bei Wegräumungen wieder entdeckt worden, und man hatte darauf weiter gebaut. Da sie zur Besichtigung an den Platz gelangten, standen schon die luftigen Gerüste da, nur das Glas mangelte und der Maueranwurf. Oben blickte der grüne Fichtenwipfel und die lustigen Bänder. Nicht weit davon, im Parthenon, gingen die Schubkarren, um den Schutt und die Ziegel wegzuführen, und die gereinigten Säulen blickten wieder weiß und ruhig gegen die grüne Wiege ihres Tales. Im Christophhause hing der Schieferdecker auf dem Dache und pfiff ein Liedlein, indes er Lücke nach Lücke verstopfte und verstrich. Die Leitern an der Vordermauer ließ man eben niedersinken, da die Mauer bereits nachgebessert und herausgeputzt war. Die Fenster standen nun spiegelnd daran; alle grünen Seidenvorhänge waren aufgezogen, und wo die Flügel offen standen, wehte die Sommerluft freundlich und allgegenwärtig aus und ein. Der Werkmeister des Innern kam, als Heinrich und der Baumeister eintraten, ihnen aus dem hintersten Zimmer entgegen und zeigte, was er in der letzten Zeit gefördert. In manchen Zimmern wurde noch gehämmert und genagelt, und die Gesellen mußten inne halten, während er mit den Herren sprach; andere waren schon ganz fertig; der Werkmeister schloß sie auf, indem er sich vorher sorgfältig die Schuhe abwischte, führte sie hinein und zeigte, wie alles spiegele und schimmere und nichts mehr fehle als die kostbaren Kleiderstoffe, dieauf den Tischen herum liegen, und die Diamanten, die in ihren geöffneten Fächern wie Lichttropfen blicken sollen. Heinrich ging wieder heraus und besuchte noch den

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