Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
Vom Netzwerk:
ich, da ich irrtümlich ein Gewitter fürchtete und um einen Unterstand heraufging, sehr freundlich aufgenommen worden, ich bin wohlwollend eingeladen worden, wieder zu kommen, und habe es getan. Es ist mir hier in kurzem so lieb geworden wie bei meinen teuren Eltern, bei welchen auch eine Regelmäßigkeit und Ordnung herrscht wie hier. Wenn ich nicht ungelegen bin, und die Umgebung mir nicht abgeneigt ist, so sage ich gerne, wenn ich auch nicht weiß, ob man es sagen darf, daß ich immer mit Freuden kommen werde, wenn man mich einladet.«
    »Ihr seid eingeladen,« erwiderte mein Gastfreund, »und Ihr müßt aus unsern Handlungen erkennen, daß Ihr uns sehr willkommen seid. Nun werden auch Gustavs Mutter und Schwester eine Weile in diesem Hause zubringen, und wir werden erwarten, wie sich unser Leben entwickeln wird. Wollt Ihr Euch nicht ein wenig zu mir setzen und abwarten, bis der Willkommensgruß von allen, die da stehen, vorüber ist?«
    Er ging wieder um den Tisch herum zurück, und ich folgte ihm. Gustav machte mir Platz neben seinem Ziehvater, und sah mich mit der Freude an, welche ein Sohn empfindet, der in der Fremde den Besuch der Mutter empfängt.
    Natalie hatte kein Wort gesprochen.
    Ich konnte jetzt, da ich ein wenig gegen die Frauen hin zu blicken vermochte, recht deutlich sehen, daß hier Gustavs Mutter und Schwester zugegen seien; denn beide hatten dieselben großen schwarzen Augen wie Gustav, beide dieselben Züge des Angesichtes, und Natalie hatte auch die braunen Locken Gustavs, während die der Mutter die Silberfarbe des Alters trugen. Sie gingen nun recht schön geordnet in einem viel breiteren Bande an beiden Seiten der Stirne herab, als sie es unter dem Reisestrohhute getan hatten.
    Vor Mathilde war, während wir unsere Sitze eingenommen hatten, die Haushälterin Katharina getreten.
    Die Frau sagte: »Sei mir vielmal gegrüßt, Katharina, ich danke dir, du hast deinen Herrn und meinen Sohn in deiner besonderen Obhut und übst viele Sorgfalt an ihnen aus. Ich danke dir sehr. Ich habe dir etwas gebracht, nur als eine kleine Erinnerung, ich werde es dir schon geben.«
    Als Katharina zurück getreten war, als sich die anderen insgesamt näherten, sich verbeugten und mehrere Mädchen der Frau die Hand küßten, sagte sie: »Seid mir alle von Herzen gegrüßt, ihr sorgt alle für den Herrn und seinen Ziehsohn. Sei gegrüßt, Simon, sei gegrüßt, Klara, ich danke euch allen, und habe allen etwas gebracht, damit ihr seht, daß ich keines in meiner Zuneigung vergessen habe; denn sonst ist es freilich nur eine Kleinigkeit.«
    Die Leute wiederholten ihre Verbeugung, manche auch den Handkuß, und entfernten sich. Sie hatten sich auch vor Natalie geneigt, welche den Gruß recht freundlich erwiderte.
    Als alle fort waren, sagte die Frau zu Gustav: »Ich habe auch dir etwas gebracht, das dir Freude machen soll, ich sage noch nicht was; allein ich habe es nur vorläufig gebracht, und wir müssen erst den Ziehvater fragen, ob du es schon ganz oder nur teilweise oder noch gar nicht gebrauchen darfst.«
    »Ich danke dir, Mutter,« erwiderte der Sohn, »du bist recht gut, liebe Mutter, ich weiß jetzt schon, was es ist, und wie der Ziehvater ausspricht, werde ich genau tun.«
    »So wird es gut sein«, antwortete sie.
    Nach dieser Rede waren alle aufgestanden.
    »Du bist heuer zu sehr guter Zeit gekommen, Mathilde,« sagte mein Gastfreund, »keine einzige der Rosen ist noch aufgebrochen; aber alle sind bereit dazu.«
    Wir hatten uns während dieser Rede der Tür genähert, und mein Gastfreund hatte mich gebeten, bei der Gesellschaft zu bleiben.
    Wir gingen bei dem grünen Gitter hinaus, und gingen auf den Sandplatz vor dem Hause. Die Leute mußten von diesem Vorgange schon unterrichtet sein; denn ihrer zwei brachten einen geräumigen Lehnsessel und stellten ihn in einer gewissen Entfernung mit seiner Vorderseite gegen die Rosen.
    Die Frau setzte sich in den Sessel, legte die Hände in den Schoß, und betrachtete die Rosen.
    Wir standen um sie. Natalie stand zu ihrer Linken, neben dieser Gustav, mein Gastfreund stand hinter dem Stuhle, und ich stellte mich, um nicht zu nahe an Natalie zu sein, an die rechte Seite und etwas weiter zurück.
    Nachdem die Frau eine ziemliche Zeit gesessen war, stand sie schweigend auf, und wir verließen den Platz.
    Wir gingen nun in das Schreinerhaus. Eustach war nicht bei der allgemeinen Bewillkommung im Speisezimmer gewesen. Er mußte wohl als Künstler betrachtet werden, dem man

Weitere Kostenlose Bücher