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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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wann Blicke vor –
    Theophan
. Blicke? – Sie beunruhiget mich, Lisette.
    Lisette
. Und das Beunruhigen können Sie so ruhig aussprechen, so ruhig – – Ja, Blicke fallen zwischen ihnen vor; Blicke, die nicht ein Haar anders sind, als die Blicke, die dann und wann zwischen Mamsell Henrietten und dem Vierten vorfallen – –
    Theophan
. Was für einem Vierten?
    Lisette
. Werden Sie nicht ungehalten. Wenn ich Sie gleich den Vierten nenne, so sind Sie eigentlich doch in aller Absicht der Erste.
    Theophan
die ersten Worte bei Seite. Die Schlaue! – – – Sie beschämt mich für meine Neubegierde, und ich habe es verdient. Nichts destoweniger aber irret Sie sich Lisette; gewaltig irret Sie sich – –
    Lisette
. O pfui! Sie machten mir vorhin ein so artiges Kompliment, und nunmehr gereuet es Sie auf einmal, mir es gemacht zu haben. – Ich müßte gar nichts von dem Verstande besitzen, den Sie mir beilegten, wenn ich mich so gar gewaltig irren sollte. – –
    Theophan
unruhig und zerstreut. Aber wo bleibt er denn? – –
    Lisette
. Mein Verstand? – Wo er will. – So viel ist gewiß, daß Adrast bei Henrietten ziemlich schlecht steht, so sehr sie sich auch nach seiner Weise zu richten scheint. Sie kann alles leiden, nur gering geschätzt zu werden, kann sie nicht leiden. Sie weiß es allzuwohl, für was uns Adrast ansieht: für nichts, als Geschöpfchen, die aus keiner andern Absicht da sind, als den Männern ein Vergnügen zu machen. Und das ist doch sehr nichtswürdig gedacht! Aber da kann man sehen, in was für gottlose Irrtümer die ungläubigen Leute verfallen. – – Nu? Hören Sie mir nicht mehr zu, Herr Theophan? Wie so zerstreut? wie so unruhig?
    Theophan
. Ich weiß nicht, wo mein Vetter bleibt? – –
    Lisette
. Er wird ja wohl kommen. – –
    Theophan
. Ich muß ihm wirklich nur wieder entgegen gehn. – – Adieu, Lisette!
    { ‡ }
Vierter Auftritt
    Lisette
. Das heiße ich kurz abgebrochen! – Er wird doch nicht verdrießlich geworden sein, daß ich ihm ein wenig auf den Zahn fühlte? Das brave Männchen! Ich will nur gerne sehen, was noch daraus werden wird. Ich gönne ihm wirklich alles Gutes, und wenn es nach mir gehen sollte, so wüßte ich schon, was ich täte. – Indem sie sich umsieht. Wer kömmt denn da den Gang hervor? – Sind die es? – Ein Paar allerliebste Schlingel! Adrasts Johann, und Theophans Martin: die wahren Bilder ihrer Herren, von der häßlichen Seite! Aus Freigeisterei ist jener ein Spitzbube; und aus Frömmigkeit dieser ein Dummkopf. Ich muß mir doch die Lust machen, sie zu behorchen. Sie tritt zurück.
    { ‡ }
Fünfter Auftritt
    Lisette, halb versteckt hinter einer Szene. Johann. Martin.
    Johann
. Was ich dir sage!
    Martin
. Du mußt mich für sehr dumm ansehen. Dein Herr ein Atheist? das glaube sonst einer! Er sieht ja aus, wie ich und du. Er hat Hände und Füße; er hat das Maul in der Breite und die Nase in der Länge, wie ein Mensch; er redt, wie ein Mensch; er ißt, wie ein Mensch: – – und soll ein Atheist sein?
    Johann
. Nun? sind denn die Atheisten keine Menschen?
    Martin
. Menschen? Ha! ha! ha! Nun höre ich, daß du selber nicht weißt, was ein Atheist ist.
    Johann
. Zum Henker! du wirst es wohl besser wissen. Ei! belehre doch deinen unwissenden Nächsten.
    Martin
. Hör zu! – Ein Atheist ist – eine Brut der Hölle, die sich, wie der Teufel, tausendmal verstellen kann. Bald ists ein listiger Fuchs, bald ein wilder Bär; – – bald ists ein Esel, bald ein Philosoph; – – bald ists ein Hund, bald ein unverschämter Poete. Kurz, es ist ein Untier, das schon lebendig bei dem Satan in der Hölle brennt, – – eine Pest der Erde, – – eine abscheuliche Kreatur, – – ein Vieh, das dummer ist, als ein Vieh; – – ein Seelenkannibal, – – ein Antichrist, – – ein schreckliches Ungeheuer – –
    Johann
. Es hat Bocksfüße: nicht? Zwei Hörner? einen Schwanz? – –
    Martin
. Das kann wohl sein. – – Es ist ein Wechselbalg, den die Hölle durch – – durch einen unzüchtigen Beischlaf mit der Weisheit dieser Welt erzeugt hat; – – es ist – – ja, sieh, das ist ein Atheist. So hat ihn unser Pfarr abgemalt; der kennt ihn aus großen Büchern.
    Johann
. Einfältiger Schöps! – – Sieh mich doch einmal an.
    Martin
. Nu?
    Johann
. Was siehst du an mir?
    Martin
. Nichts, als was ich zehnmal besser an mir sehen kann.
    Johann
. Findest du denn etwas Erschreckliches, etwas Abscheuliches an mir? Bin ich nicht ein Mensch, wie

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