Werke
Stolze. Was kann unsre Seele mit erhabenern Begriffen füllen, als die Religion? Und worin kann die Schönheit der Seele anders bestehen, als in solchen Begriffen? in würdigen Begriffen von Gott, von uns, von unsern Pflichten, von unserer Bestimmung? Was kann unser Herz, diesen Sammelplatz verderbter und unruhiger Leidenschaften, mehr reinigen, mehr beruhigen, als eben diese Religion? Was kann uns im Elende mehr aufrichten, als sie? Was kann uns zu wahrern Menschen, zu bessern Bürgern, zu aufrichtigern Freunden machen, als sie? – – Fast schäme ich mich, Adrast, mit Ihnen so ernstlich zu reden. Es ist der Ton ohne Zweifel nicht, der Ihnen an einem Frauenzimmer gefällt, ob Ihnen gleich der entgegen gesetzte eben so wenig zu gefallen scheinet. Sie könnten alles dieses aus einem beredtern Munde, aus dem Munde des Theophans hören.
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Vierter Auftritt
Henriette. Juliane. Adrast.
Henriette
bleibt an der Szene horchend stehen. St!
Adrast
. Sagen Sie mir nichts vom Theophan. Ein Wort von Ihnen hat mehr Nachdruck, als ein stundenlanges Geplärre von ihm. Sie wundern sich? Kann es bei der Macht, die eine Person über mich haben muß, die ich einzig liebe, die ich anbete, anders sein? – – Ja, die ich liebe. – Das Wort ist hin! es ist gesagt! Ich bin mein Geheimnis los, bei dessen Verschweigung ich mich ewig gequälet hätte, von dessen Entdeckung ich aber darum nichts mehr hoffe. – – Sie entfärben sich? – –
Juliane
. Was habe ich gehört? Adrast! –
Adrast
indem er nieder fällt. Lassen Sie mich es Ihnen auf den Knien zuschwören, daß Sie die Wahrheit gehört haben. – Ich liebe Sie, schönste Juliane, und werde Sie ewig lieben. Nun, nun liegt mein Herz klar und aufgedeckt vor Ihnen da. Umsonst wollte ich mich und andere bereden, daß meine Gleichgültigkeit gegen Henrietten, die Wirkung an ihr bemerkter nachteiliger Eigenschaften sei; da sie doch nichts, als die Wirkung einer schon gebundenen Neigung war. Ach! die liebenswürdige Henriette hat vielleicht keinen andern Fehler, als diesen, daß sie eine noch liebenswürdigere Schwester hat. – –
Henriette
. Bravo! die Szene muß ich den Theophan unterbrechen lassen. – – – Geht ab.
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Fünfter Auftritt
Juliane. Adrast.
Adrast
indem er gähling aufsteht. Wer sprach hier?
Juliane
. Himmel! es war Henriettens Stimme.
Adrast
. Ja, sie war es. Was für eine Neugierde! was für ein Vorwitz! Nein, nein! ich habe nichts zu widerrufen; sie hat alle die Fehler, die ich ihr beigelegt, und noch weit mehrere. Ich könnte sie nicht lieben, und wenn ich auch schon vollkommen frei, vollkommen gleichgültig gegen eine jede andere wäre.
Juliane
. Was für Verdruß, Adrast, werden Sie mir zuziehen!
Adrast
. Sorgen Sie nicht! Ich werde Ihnen allen diesen Verdruß durch meine plötzliche Entfernung zu ersparen wissen.
Juliane
. Durch Ihre Entfernung?
Adrast
. Ja, sie ist fest beschlossen. Meine Umstände sind von der Beschaffenheit, daß ich die Güte Lisidors mißbrauchen würde, wenn ich länger bliebe. Und über dieses will ich lieber meinen Abschied nehmen, als ihn bekommen.
Juliane
. Sie überlegen nicht, was Sie sagen, Adrast. Von wem sollten Sie ihn bekommen?
Adrast
. Ich kenne die Väter, schönste Juliane, und kenne auch die Theophane. Erlauben Sie, daß ich mich nicht näher erklären darf. Ach! wenn ich mir schmeicheln könnte, daß Juliane – – Ich sage nichts weiter. Ich will mir mit keiner Unmöglichkeit schmeicheln. Nein, Juliane kann den Adrast nicht lieben; sie muß ihn hassen. – –
Juliane
. Ich hasse niemanden, Adrast. –
Adrast
. Sie hassen mich; denn hier ist Hassen eben das, was Nicht lieben ist. Sie lieben den Theophan. – – Ha! hier kömmt er selbst.
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Sechster Auftritt
Theophan. Adrast. Juliane.
Juliane
bei Seite. Was wird er sagen? was werde ich antworten?
Adrast
. Ich kann mir es einbilden, auf wessen Anstiften Sie herkommen. Aber was glaubt sie damit zu gewinnen? Mich zu verwirren? mich wieder an sich zu ziehen? – – Wie wohl läßt es Ihnen, Theophan, und Ihrem ehrwürdigen Charakter, das Werkzeug einer weiblichen Eifersucht zu sein! Oder kommen Sie gar, mich zur Rede zu setzen? Ich werde Ihnen alles gestehen; ich werde noch stolz darauf sein.
Theophan
. Wovon reden Sie, Adrast? Ich verstehe kein Wort.
Juliane
. Erlauben Sie, daß ich mich entferne. Theophan, ich schmeichle mir, daß Sie einige Hochachtung für mich haben; Sie werden keine ungerechte Auslegungen machen, und
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