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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Herr – Er will Sie nur auf ein Wort sprechen. Er sagt, er habe keinen Augenblick zu versäumen – –
    Mellefont
. Geh nur; ich will gleich bei ihm sein – Ich vermute, Miß, daß es eine endliche Nachricht von dem Vergleiche sein wird, dessen ich gegen Sie gedacht habe. Betty gehet ab.
    Marwood
bei Seite. Gute Vermutung!
    Mellefont
. Aber doch, Lady – –
    Marwood
. Wenn Sie es denn befehlen – Miß, so muß ich mich Ihnen – –
    Sara
. Nein doch, Mellefont: Sie werden mir ja das Vergnügen nicht mißgönnen, Lady Solmes so lange unterhalten zu dürfen?
    Mellefont
. Sie wollen es, Miß? – –
    Sara
. Halten Sie sich nicht auf, liebster Mellefont, und kommen Sie nur bald wieder. Aber mit einem freudigern Gesichte, will ich wünschen! Sie vermuten ohne Zweifel eine unangenehme Nachricht. Lassen Sie sich nichts anfechten; ich bin begieriger, zu sehen, ob Sie allen Falls auf eine gute Art mich einer Erbschaft vorziehen können, als ich begierig bin, Sie in dem Besitze derselben zu wissen. – –
    Mellefont
. Ich gehorche. Warnend. Lady, ich bin ganz gewiß den Augenblick wieder hier! Geht ab.
    Marwood
bei Seite. Glücklich!
    { ‡ }
Achter Auftritt
    Sara. Marwood.
    Sara
. Mein guter Mellefont sagt seine Höflichkeiten manchmal mit einem ganz falschen Tone. Finden Sie es nicht auch Lady? – –
    Marwood
. Ohne Zweifel bin ich seiner Art schon allzugewohnt, als daß ich so etwas bemerken könnte.
    Sara
. Wollen sich Lady nicht setzen?
    Marwood
. Wenn Sie befehlen Miß – Bei Seite, indem sie sich setzen. Ich muß diesen Augenblick nicht ungebraucht vorbeistreichen lassen.
    Sara
. Sagen Sie mir, Lady, werde ich nicht das glücklichste Frauenzimmer mit meinem Mellefont werden?
    Marwood
. Wenn sich Mellefont in sein Glück zu finden weiß, so wird ihn Miß Sara zu der beneidenswürdigsten Mannsperson machen. Aber – –
    Sara
. Ein Aber, und eine so nachdenkliche Pause, Lady – –
    Marwood
. Ich bin offenherzig, Miß – –
    Sara
. Und dadurch unendlich schätzbarer –
    Marwood
. Offenherzig – nicht selten bis zur Unbedachtsamkeit. Mein Aber ist der Beweis davon. Ein sehr unbedächtiges Aber!
    Sara
. Ich glaube nicht, daß mich Lady durch diese Ausweichung noch unruhiger machen wollen. Es mag wohl eine grausame Barmherzigkeit sein, ein Übel, das man zeigen könnte, nur argwohnen zu lassen.
    Marwood
. Nicht doch, Miß; Sie denken bei meinem Aber viel zu viel. Mellefont ist mein Anverwandter – – –
    Sara
. Desto wichtiger wird die geringste Einwendung, die Sie wider ihn zu machen haben.
    Marwood
. Aber wenn Mellefont auch mein Bruder wäre, so muß ich Ihnen doch sagen, daß ich mich ohne Bedenken einer Person meines Geschlechts gegen ihn annehmen würde, wenn ich bemerkte, daß er nicht rechtschaffen genug an ihr handle. Wir Frauenzimmer sollten billig jede Beleidigung, die einer einzigen von uns erwiesen wird, zu Beleidigungen des ganzen Geschlechts und zu einer allgemeinen Sache machen, an der auch die Schwester und Mutter des Schuldigen, Anteil zu nehmen, sich nicht bedenken müßten.
    Sara
. Diese Anmerkung – – –
    Marwood
. Ist schon dann und wann in zweifelhaften Fällen meine Richtschnur gewesen.
    Sara
. Und verspricht mir – Ich zittere –
    Marwood
. Nein, Miß; wenn Sie zittern wollen – Lassen Sie uns von etwas anderm sprechen – –
    Sara
. Grausame Lady!
    Marwood
. Es tut mir leid, daß ich verkannt werde. Ich wenigstens, wenn ich mich in Gedanken an Miß Sampsons Stelle setze, würde jede nähere Nachricht, die man mir von demjenigen geben wollte, mit dessen Schicksale ich das meinige auf ewig zu verbinden bereit wäre, als eine Wohltat ansehen.
    Sara
. Was wollen Sie, Lady? Kenne ich meinen Mellefont nicht schon? Glauben Sie mir, ich kenne ihn, wie meine eigne Seele. Ich weiß, daß er mich liebt – –
    Marwood
. Und andre – –
    Sara
. Geliebt hat. Auch das weiß ich. Hat er mich lieben sollen, ehe er von mir etwas wußte? Kann ich die einzige zu sein verlangen, die für ihn Reize genug gehabt hat? Muß ich mir es nicht selbst gestehen, daß ich mich, ihm zu gefallen, bestrebt habe? Ist er nicht liebenswürdig genug, daß er bei mehrern dieses Bestreben hat erwecken müssen? Und ist es nicht natürlich, wenn mancher dieses Bestreben gelungen ist?
    Marwood
. Sie verteidigen ihn mit eben der Hitze und fast mit eben den Gründen, mit welchen ich ihn schon oft verteidiget habe. Es ist kein Verbrechen, geliebet haben; noch viel weniger ist es eines, geliebet worden sein. Aber

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