Werke
mein Herr; Sie haben Recht.
Marinelli
. Aber, gnädige Gräfin, – kann ich vorher die Ehre haben, Sie nach Ihrem Wagen zu begleiten?
Orsina
. Nicht doch, nicht doch.
Marinelli
sie bei der Hand nicht unsanft ergreifend. Erlauben Sie, daß ich meine Schuldigkeit beobachte. –
Orsina
. Nur gemach! – Ich erlasse Sie deren, mein Herr. – Daß doch immer Ihres gleichen Höflichkeit zur Schuldigkeit machen; um was eigentlich ihre Schuldigkeit wäre, als die Nebensache betreiben zu dürfen! – Diesen würdigen Mann je eher je lieber zu melden, das ist Ihre Schuldigkeit.
Marinelli
. Vergessen Sie, was Ihnen der Prinz selbst befohlen?
Orsina
. Er komme, und befehle es mir noch einmal. Ich erwarte ihn.
Marinelli
leise zu dem Obersten, den er bei Seite ziehet. Mein Herr, ich muß Sie hier mit einer Dame lassen, die – der – mit deren Verstande – Sie verstehen mich. Ich sage Ihnen dieses, damit Sie wissen, was Sie auf ihre Reden zu geben haben, – deren sie oft sehr seltsame führet. Am besten, Sie lassen sich mit ihr nicht ins Wort.
Odoardo
. Recht wohl. – Eilen Sie nur, mein Herr.
{ ‡ }
Siebenter Auftritt
Die Gräfin Orsina. Odoardo Galotti.
Orsina
nach einigem Stillschweigen, unter welchem sie den Obersten mit Mitleid betrachtet; so wie er sie, mit einer flüchtigen Neugierde. Was er Ihnen auch da gesagt hat, unglücklicher Mann! –
Odoardo
halb vor sich, halb gegen sie. Unglücklicher?
Orsina
. Eine Wahrheit war es gewiß nicht; – am wenigsten eine von denen, die auf Sie warten.
Odoardo
. Auf mich warten? – Weiß ich nicht schon genug? – Madame! – Aber, reden Sie nur, reden Sie nur.
Orsina
. Sie wissen nichts.
Odoardo
. Nichts?
Orsina
. Guter, lieber Vater! – Was gäbe ich darum, wann Sie auch mein Vater wären! – Verzeihen Sie! die Unglücklichen ketten sich so gern an einander. – Ich wollte treulich Schmerz und Wut mit Ihnen teilen.
Odoardo
. Schmerz und Wut? Madame! – Aber ich vergesse – Reden Sie nur.
Orsina
. Wenn es gar Ihre einzige Tochter – Ihr einziges Kind wäre! – Zwar einzig, oder nicht. Das unglückliche Kind, ist immer das einzige.
Odoardo
. Das unglückliche? – Madame! – Was will ich von ihr? – Doch, bei Gott, so spricht keine Wahnwitzige!
Orsina
. Wahnwitzige? Das war es also, was er Ihnen von mir vertraute? – Nun, nun; es mag leicht keine von seinen gröbsten Lügen sein. – Ich fühle so was! – Und glauben Sie, glauben Sie mir: wer über gewisse Dinge den Verstand nicht verlieret, der hat keinen zu verlieren. –
Odoardo
. Was soll ich denken?
Orsina
. Daß Sie mich also ja nicht verachten! – Denn auch Sie haben Verstand, guter Alter; auch Sie. – Ich seh’ es an dieser entschlossenen, ehrwürdigen Miene. Auch Sie haben Verstand; und es kostet mich ein Wort, – so haben Sie keinen.
Odoardo
. Madame! – Madame! – Ich habe schon keinen mehr, noch ehe Sie mir dieses Wort sagen, wenn Sie mir es nicht bald sagen. – Sagen Sie es! sagen Sie es! – Oder es ist nicht wahr, – es ist nicht wahr, daß Sie von jener guten, unsres Mitleids, unsrer Hochachtung so würdigen Gattung der Wahnwitzigen sind – Sie sind eine gemeine Törin. Sie haben nicht, was Sie nie hatten.
Orsina
. So merken Sie auf! – Was wissen Sie, der Sie schon genug wissen wollen? Daß Appiani verwundet worden? Nur verwundet? – Appiani ist tot!
Odoardo
. Tot? tot? – Ha, Frau, das ist wider die Abrede. Sie wollten mich um den Verstand bringen: und Sie brechen mir das Herz.
Orsina
. Das beiher! – Nur weiter. – Der Bräutigam ist tot: und die Braut – Ihre Tochter – schlimmer als tot.
Odoardo
. Schlimmer? schlimmer als tot? – Aber doch zugleich, auch tot? – Denn ich kenne nur Ein Schlimmeres –
Orsina
. Nicht zugleich auch tot. Nein, guter Vater, nein! – Sie lebt, sie lebt. Sie wird nun erst recht anfangen zu leben. – Ein Leben voll Wonne! Das schönste, lustigste Schlaraffenleben, – so lang’ es dauert.
Odoardo
. Das Wort, Madame; das einzige Wort, das mich um den Verstand bringen soll! heraus damit! – Schütten Sie nicht Ihren Tropfen Gift in einen Eimer. – Das einzige Wort! geschwind.
Orsina
. Nun da; buchstabieren Sie es zusammen! – Des Morgens, sprach der Prinz Ihre Tochter in der Messe; des Nachmittags, hat er sie auf seinem Lust – Lustschlosse.
Odoardo
. Sprach sie in der Messe? Der Prinz meine Tochter?
Orsina
. Mit einer Vertraulichkeit! mit einer Inbrunst! – Sie hatten nichts Kleines abzureden. Und recht gut, wenn es
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