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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Hast du ihn schon
    Gesprochen? Und wie ist er heut?
    Daja
. Wie immer.
    Nathan
.
    So macht nur, daß er euch hier nicht gewahr
    Wird. Tretet mehr zurück. Geht lieber ganz
    Hinein.
    Recha
. Nur einen Blick noch! – Ah! die Hecke,
    Die mir ihn stiehlt.
    Daja
. Kommt! kommt! Der Vater hat
    Ganz recht. Ihr lauft Gefahr, wenn er Euch sieht,
    Daß auf der Stell’ er umkehrt.
    Recha
. Ah! die Hecke!
    Nathan
.
    Und kömmt er plötzlich dort aus ihr hervor:
    So kann er anders nicht, er muß euch sehn.
    Drum geht doch nur!
    Daja
. Kommt! kommt! Ich weiß ein Fenster,
    Aus dem wir sie bemerken können.
    Recha
. Ja?
    Beide hinein.
    { ‡ }
Fünfter Auftritt
    Nathan und bald darauf der Tempelherr.
    Nathan
.
    Fast scheu’ ich mich des Sonderlings. Fast macht
    Mich seine rauhe Tugend stutzen. Daß
    Ein Mensch doch einen Menschen so verlegen
    Soll machen können! – Ha! er kömmt. – Bei Gott!
    Ein Jüngling wie ein Mann. Ich mag ihn wohl
    Den guten, trotzgen Blick! den prallen Gang!
    Die Schale kann nur bitter sein: der Kern
    Ists sicher nicht. – Wo sah’ ich doch dergleichen? –
    Verzeihet, edler Franke ...
    Tempelherr
. Was?
    Nathan
. Erlaubt ...
    Tempelherr
. Was, Jude? was?
    Nathan
. Daß ich mich untersteh’,
    Euch anzureden.
    Tempelherr
. Kann ichs wehren? Doch
    Nur kurz.
    Nathan
. Verzieht, und eilet nicht so stolz,
    Nicht so verächtlich einem Mann vorüber,
    Den Ihr auf ewig Euch verbunden habt.
    Tempelherr
.
    Wie das? – Ah, fast errat’ ichs. Nicht? Ihr seid ...
    Nathan
.
    Ich heiße Nathan; bin des Mädchens Vater,
    Das Eure Großmut aus dem Feu’r gerettet;
    Und komme ...
    Tempelherr
. Wenn zu danken: – sparts! Ich hab’
    Um diese Kleinigkeit des Dankes schon
    Zu viel erdulden müssen. – Vollends Ihr,
    Ihr seid mir gar nichts schuldig. Wußt’ ich denn,
    Daß dieses Mädchen Eure Tochter war?
    Es ist der Tempelherren Pflicht, dem ersten
    Dem besten beizuspringen, dessen Not
    Sie sehn. Mein Leben war mir ohnedem
    In diesem Augenblicke lästig. Gern,
    Sehr gern ergriff ich die Gelegenheit,
    Es für ein andres Leben in die Schanze
    Zu schlagen: für ein andres – wenns auch nur
    Das Leben einer Jüdin wäre.
    Nathan
. Groß!
    Groß und abscheulich! – Doch die Wendung läßt
    Sich denken. Die bescheidne Größe flüchtet
    Sich hinter das Abscheuliche, um der
    Bewundrung auszuweichen. – Aber wenn
    Sie so das Opfer der Bewunderung
    Verschmäht: was für ein Opfer denn verschmäht
    Sie minder? – Ritter, wenn Ihr hier nicht fremd,
    Und nicht gefangen wäret, würd’ ich Euch
    So dreist nicht fragen. Sagt, befehlt: womit
    Kann man Euch dienen?
    Tempelherr
. Ihr? Mit nichts.
    Nathan
. Ich bin
    Ein reicher Mann.
    Tempelherr
. Der reichre Jude war
    Mir nie der beßre Jude.
    Nathan
. Dürft Ihr denn
    Darum nicht nützen, was dem ungeachtet
    Er Beßres hat? nicht seinen Reichtum nützen?
    Tempelherr
.
    Nun gut, das will ich auch nicht ganz verreden;
    Um meines Mantels willen nicht. Sobald
    Der ganz und gar verschlissen; weder Stich
    Noch Fetze länger halten will: komm’ ich
    Und borge mir bei Euch zu einem neuen,
    Tuch oder Geld. – Seht nicht mit eins so finster!
    Noch seid Ihr sicher; noch ists nicht so weit
    Mit ihm. Ihr seht; er ist so ziemlich noch
    Im Stande. Nur der eine Zipfel da
    Hat einen garstgen Fleck; er ist versengt.
    Und das bekam er, als ich Eure Tochter
    Durchs Feuer trug.
    Nathan
der nach dem Zipfel greift und ihn betrachtet.
    Es ist doch sonderbar,
    Daß so ein böser Fleck, daß so ein Brandmal
    Dem Mann ein beßres Zeugnis redet, als
    Sein eigner Mund. Ich möcht ihn küssen gleich –
    Den Flecken! – Ah, verzeiht! – Ich tat es ungern.
    Tempelherr
. Was?
    Nathan
. Eine Träne fiel darauf.
    Tempelherr
. Tut nichts!
    Er hat der Tropfen mehr. – (Bald aber fängt
    Mich dieser Jud’ an zu verwirren.)
    Nathan
. Wär’ t
    Ihr wohl so gut, und schicktet Euern Mantel
    Auch einmal meinem Mädchen?
    Tempelherr
. Was damit?
    Nathan
.
    Auch ihren Mund auf diesen Fleck zu drücken.
    Denn Eure Kniee selber zu umfassen,
    Wünscht sie nun wohl vergebens.
    Tempelherr
. Aber, Jude –
    Ihr heißet Nathan? – Aber, Nathan – Ihr
    Setzt Eure Worte sehr – sehr gut – sehr spitz –
    Ich bin betreten – Allerdings – ich hätte ...
    Nathan
.
    Stellt und verstellt Euch, wie Ihr wollt. Ich find’
    Auch hier Euch aus. Ihr wart zu gut, zu bieder,
    Um höflicher zu sein. – Das Mädchen, ganz
    Gefühl; der weibliche Gesandte, ganz
    Dienstfertigkeit; der Vater weit entfernt –
    Ihr trugt für

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