Werke
nichtswürdigen Manne, und sehe, ob sie noch lächerlich sein wird? Widrig, ekel, häßlich wird sie sein; nicht lächerlich.
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Neun und zwanzigstes Stück
Den 7ten August, 1767
Die Komödie will durch Lachen bessern; aber nicht eben durch Verlachen; nicht gerade diejenigen Unarten, über die sie zu lachen macht, noch weniger bloß und allein die, an welchen sich diese lächerliche Unarten finden. Ihr wahrer allgemeiner Nutzen liegt in dem Lachen selbst; in der Übung unserer Fähigkeit das Lächerliche zu bemerken; es unter allen Bemäntelungen der Leidenschaft und der Mode, es in allen Vermischungen mit noch schlimmern oder mit guten Eigenschaften, sogar in den Runzeln des feierlichen Ernstes, leicht und geschwind zu bemerken. Zugegeben, daß der Geizige des Moliere nie einen Geizigen, der Spieler des Regnard nie einen Spieler gebessert habe; eingeräumet, daß das Lachen diese Toren gar nicht bessern könne: desto schlimmer für sie, aber nicht für die Komödie. Ihr ist genug, wenn sie keine verzweifelte Krankheiten heilen kann, die Gesunden in ihrer Gesundheit zu befestigen. Auch dem Freigebigen ist der Geizige lehrreich; auch dem, der gar nicht spielt, ist der Spieler unterrichtend; die Torheiten, die sie nicht haben, haben andere, mit welchen sie leben müssen; es ist ersprießlich, diejenigen zu kennen, mit welchen man in Kollision kommen kann; ersprießlich, sich wider alle Eindrücke des Beispiels zu verwahren. Ein Präservativ ist auch eine schätzbare Arzenei; und die ganze Moral hat kein kräftigers, wirksamers, als das Lächerliche. –
Das Rätsel, oder, Was den Damen am meisten gefällt, ein Lustspiel in einem Aufzuge von Herr Löwen, machte diesen Abend den Beschluß.
Wenn Marmontel und Voltaire nicht Erzählungen und Märchen geschrieben hätten, so würde das französische Theater eine Menge Neuigkeiten haben entbehren müssen. Am meisten hat sich die komische Oper aus diesen Quellen bereichert. Des letztern Ce qui plait aux Dames gab den Stoff zu einem mit Arien untermengten Lustspiele von vier Aufzügen, welches, unter dem Titel La Fée Urgele, von den italienischen Komödianten zu Paris, im Dezember 1765 aufgeführet ward. Herr Löwen scheinet nicht sowohl dieses Stück, als die Erzählung des Voltaire selbst, vor Augen gehabt zu haben. Wenn man bei Beurteilung einer Bildsäule mit auf den Marmorblock zu sehen hat, aus welchem sie gemacht worden; wenn die primitive Form dieses Blockes es zu entschuldigen vermag, daß dieses oder jenes Glied zu kurz, diese oder jene Stellung zu gezwungen geraten: so ist die Kritik auf einmal abgewiesen, die den Herrn Löwen wegen der Einrichtung seines Stücks in Anspruch nehmen wollte. Mache aus einem Hexenmärchen etwas Wahrscheinlichers, wer da kann! Herr Löwen selbst gibt sein Rätsel für nichts anders, als für eine kleine Plaisanterie, die auf dem Theater gefallen kann, wenn sie gut gespielt wird. Verwandlung und Tanz und Gesang konkurrieren zu dieser Absicht; und es wäre bloßer Eigensinn, an keinem Belieben zu finden. Die Laune des Pedrillo ist zwar nicht original, aber doch gut getroffen. Nur dünkt mich, daß ein Waffenträger oder Stallmeister, der das Abgeschmackte und Wahnsinnige der irrenden Ritterschaft einsieht, sich nicht so recht in eine Fabel passen will, die sich auf die Wirklichkeit der Zauberei gründet, und ritterliche Abenteuer als rühmliche Handlungen eines vernünftigen und tapfern Mannes annimmt. Doch, wie gesagt, es ist eine Plaisanterie; und Plaisanterien muß man nicht zergliedern wollen.
Den fünf und dreißigsten Abend (Mittewochs, den 1sten Julius,) ward, in Gegenwart Sr. Königl. Majestät von Dänemark, die Rodogune des Peter Corneille aufgeführt.
Corneille bekannte, daß er sich auf dieses Trauerspiel das meiste einbilde, daß er es weit über seinen Cinna und Cid setze, daß seine übrige Stücke wenig Vorzüge hätten, die in diesem nicht vereint anzutreffen wären; ein glücklicher Stoff, ganz neue Erdichtungen, starke Verse, ein gründliches Raisonnement, heftige Leidenschaften, ein von Akt zu Akt immer wachsendes Interesse. –
Es ist billig, daß wir uns bei dem Meisterstücke dieses großen Mannes verweilen.
Die Geschichte, auf die es gebauet ist, erzählt Appianus Alexandrinus, gegen das Ende seines Buchs von den syrischen Kriegen. »Demetrius, mit dem Zunamen Nicanor, unternahm einen Feldzug gegen die Parther, und lebte als Kriegsgefangner einige Zeit an dem Hofe ihres Königes Phraates, mit dessen
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