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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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ihre warnende Stimme gegen die Großen der Erde eben so würdig als mächtig erhebt.
    Die Absichten eines Tonkünstlers merken, heißt ihm zugestehen, daß er sie erreicht hat. Sein Werk soll kein Rätsel sein, dessen Deutung eben so mühsam als schwankend ist. Was ein gesundes Ohr am geschwindesten in ihm vernimmt, das und nichts anders hat er sagen wollen; sein Lob wächst mit seiner Verständlichkeit; je leichter, je allgemeiner diese, desto verdienter jenes. – Es ist kein Ruhm für mich, daß ich recht gehört habe; aber für den Hrn. Agricola ist es ein so viel größerer, daß in dieser seiner Komposition niemand etwas anders gehört hat, als ich.
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Acht und zwanzigstes Stück
    Den 4ten August, 1767
    Den drei und dreißigsten Abend (Freitags, den 12ten Junius,) ward die Nanine wiederholt, und den Beschluß machte, der Bauer mit der Erbschaft, aus dem Französischen des Marivaux.
    Dieses kleine Stück ist hier Ware für den Platz, und macht daher allezeit viel Vergnügen. Jürge kömmt aus der Stadt zurück, wo er einen reichen Bruder begraben lassen, von dem er hundert tausend Mark geerbt. Glück ändert Stand und Sitten; nun will er leben wie vornehme Leute leben, erhebt seine Lise zur Madame, findet geschwind für seinen Hans und für seine Grete eine ansehnliche Partie, alles ist richtig, aber der hinkende Bote kömmt nach. Der Makler, bei dem die hundert tausend Mark gestanden, hat Banquerot gemacht, Jürge ist wieder nichts wie Jürge, Hans bekömmt den Korb, Grete bleibt sitzen, und der Schluß würde traurig genug sein, wenn das Glück mehr nehmen könnte, als es gegeben hat; gesund und vergnügt waren sie, gesund und vergnügt bleiben sie.
    Diese Fabel hätte jeder erfinden können; aber wenige würden sie so unterhaltend zu machen gewußt haben, als Marivaux. Die drolligste Laune, der schnurrigste Witz, die schalkischste Satire, lassen uns vor Lachen kaum zu uns selbst kommen; und die naive Bauernsprache gibt allem eine ganz eigene Würze. Die Übersetzung ist von Kriegern, der das französische Patois in den hiesigen platten Dialekt meisterhaft zu übertragen gewußt hat. Es ist nur Schade, daß verschiedene Stellen höchst fehlerhaft und verstümmelt abgedruckt worden. Einige müßten notwendig in der Vorstellung berichtiget und ergänzt werden. Z. E. folgende, gleich in der ersten Szene.
    Jürge
. He, he, he! Giv mie doch fief Schillink kleen Geld, ik hev niks, as Gullen un Dahlers.
    Lise
. He, he, he! Segge doch, hest du Schrullen med dienen fief Schillink kleen Geld? wat wist du damed maaken?
    Jürge
. He, he, he, he! Giv mie fief Schillink kleen Geld, seg ik die.
    Lise
. Woto denn, Hans Narr?
    Jürge
. För düssen Jungen, de mie mienen Bündel op dee Reise bed in unse Dörp dragen hed, un ik bün ganß licht un sacht hergahn.
    Lise
. Büst du to Fotte hergahn?
    Jürge
. Ja. Wielt’t veel cummoder is.
    Lise
. Da hest du een Maark.
    Jürge
. Dat is doch noch resnabel. Wo veel maakt’t? So veel is dat. Een Maark hed se mie dahn: da, da is’t. Nehmt’t hen; so is’t richdig.
    Lise
. Un du verdeihst fief Schillink an een Jungen, de die dat Pak dragen hed?
    Jürge
. Ja! ik met ehm doch een Drankgeld geven.
    Valentin
. Sollen die fünf Schilling für mich, Herr Jürge?
    Jürge
. Ja, mien Fründ!
    Valentin
. Fünf Schilling? ein reicher Erbe! fünf Schillinge? ein Mann von Ihrem Stande! Und wo bleibt die Hoheit der Seele?
    Jürge
. O! et kumt mie even darop nich an, jy dörft’t man seggen. Maake Fro, smiet ehm noch een Schillink hen; by uns regnet man so.
    Wie ist das? Jürge ist zu Fuße gegangen, weil es kommoder ist? Er fodert fünf Schillinge, und seine Frau gibt ihm ein Mark, die ihm fünf Schillinge nicht geben wollte? Die Frau soll dem Jungen noch einen Schilling hinschmeißen? warum tut er es nicht selbst? Von dem Marke blieb ihm ja noch übrig. Ohne das Französische wird man sich schwerlich aus dem Hanfe finden. Jürge war nicht zu Fuße gekommen, sondern mit der Kutsche: und darauf geht sein »Wielt’t veel cummoder is.« Aber die Kutsche ging vielleicht bei seinem Dorfe nur vorbei, und von da, wo er abstieg, ließ er sich bis zu seinem Hause das Bündel nachtragen. Dafür gibt er dem Jungen die fünf Schillinge; das Mark gibt ihm nicht die Frau, sondern das hat er für die Kutsche bezahlen müssen, und er erzählt ihr nur, wie geschwind er mit dem Kutscher darüber fertig geworden. (15)
    Den vier und dreißigsten Abend (Montags, den 29sten Junius,) ward der Zerstreute des

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