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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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stand, es ließe gelehrt, so zerstreut, als möglich, und auf nichts, als auf sein Buch aufmerksam zu tun. Doch glauben Sie nur, der muß sehr einfältig sein, den Sie mit diesen Gaukeleien hintergehen wollen.
    Damis
. Und Sie müssen noch einfältiger sein, daß Sie glauben können, ein jeder Kopf sei so gedankenleer, als der Ihrige. Und verdient denn Ihr Geschwätz, daß ich darauf höre? Sie haben ja gewonnen, sobald Chrysander Julianen zu zwingen aufhört; Sie sind ja berechtiget, mich zu übergehen – –
    Valer
. Das muß doch eine besondere Art der Zerstreuung sein, in welcher man des andern Reden gleichwohl so genau höret, daß man sie von Wort zu Wort wiederholen kann.
    Damis
. Ihre Spötterei ist sehr trocken. Sieht wieder auf sein Buch.
    Valer
. Doch aber zu empfinden? – – Was für eine Marter ist es, mit einem Menschen von Ihrer Art zu tun zu haben? Es gibt deren wenige – –
    Damis
. Das sollte ich selbst glauben.
    Valer
. Es würden sich aber mehrere finden, wenn selbst – –
    Damis
. Ganz recht; wenn die wahre Gelehrsamkeit nicht so schwer zu erlangen, die natürliche Fähigkeit dazu gemeiner, und ein unermüdeter Fleiß nicht so etwas Beschwerliches wären – –
    Valer
. Ha! ha! ha!
    Damis
. Das Lachen eines wahren Idioten!
    Valer
. Sie reden von Ihrer Gelehrsamkeit, und ich, mit Vergebung, wollte von Ihrer Torheit reden. Hierin, meinte ich, würden Sie mehrere Ihres gleichen finden, wenn selbst diese Torheit ihren Sklaven nicht zur Last werden müßte.
    Damis
. Verdienen Sie also, daß ich Ihnen antworte? Sieht wieder in sein Buch.
    Valer
. Und verdienen Sie wohl, daß ich noch Freundes genug bin, mit Ihnen ohne Verstellung zu reden? Glauben Sie mir, Sie werden Ihre Torheiten bei mehrerm Verstande bereuen – –
    Damis
. Bei mehrerm Verstande? Spöttisch.
    Valer
. Werden Sie darüber ungehalten? Das ist wunderbar! Ihr Körper kann, Ihren Jahren nach, noch nicht ausgewachsen haben, und Sie glauben, daß Ihre Seele gleichwohl schon zu ihrer möglichen Vollkommenheit gelanget sei? Ich würde den für meinen Feind halten, welcher mir den Vorzug, täglich zu mehrerm Verstande zu kommen, streitig machen wollte.
    Damis
. Sie!
    Valer
. Sie werden so spöttisch, mein Herr Nebenbuhler – Doch da ist sie selbst! Läuft ihr entgegen. Ah, Juliane –
    { ‡ }
Achter Auftritt
    Juliane. Damis. Valer.
    Juliane
. Ach, Valer, welche glückliche Veränderung! –
    Damis
indem er sich auf dem Stuhle umwendet. Die Ehre, Sie hier zu sehen, Mademoisell, habe ich ohne Zweifel einem Irrtume zu danken? Sie glauben vielleicht in Ihr Schlafzimmer zu kommen – –
    Juliane
. Dieser Irrtum wäre unvergeblich! Nein! mein Herr, es geschieht auf Befehl Ihres Herrn Vaters, daß ich diesen heiligen Ort betrete. Ich komme, Ihnen einen Kauf aufzusagen, und mich bei Ihrer Muse zu entschuldigen, daß ich beinahe in die Gefahr gekommen wäre, ihr einen so liebenswürdigen Geist abspenstig zu machen.
    Valer
. O wie entzückt bin ich, schönste Juliane, Sie auf einmal wieder in Ihrer Heiterkeit zu sehen.
    Damis
. Wenn ich das Gewäsche eines Frauenzimmers recht verstehe, so kommen Sie, ein Paktum aufzuheben, welches doch alle Requisita hat, die zu einem unumstößlichen Pakto erfordert werden.
    Juliane
. Und wann ich das Galimathias eines jungen Gelehrten verstehen darf, so haben Sie es getroffen.
    Damis
. Mein Vater ist ein Idiote. Kömmt es denn nur auf ihn, oder auf Sie, Mademoisell, an, einen Vertrag, der an meinem Teil fest bestehet, ungültig zu machen? – – Es wird sich alles zeigen; nur wollte ich bitten, mich jetzt ungestört zu lassen – – Wendet sich wieder an den Tisch.
    Valer
. Was für ein Bezeigen! hat man jemals einem Frauenzimmer, auf dessen Besitz man Anspruch macht, so begegnet?
    Damis
. Und ist man jemals einem beschäftigten Gelehrten so überlästig gewesen? Diese verdrüßliche Gesellschaft los zu werden, muß ich nur selbst meine vier Wände verlassen. Geht ab.
    { ‡ }
Neunter Auftritt
    Valer. Juliane.
    Juliane
. Und wir lachen ihm nicht nach?
    Valer
. Nein, Juliane; eine bessere Freude mag uns jetzt erfüllen; und beinahe gehört eine Art von Grausamkeit dazu, sich über einen so kläglichen Toren lustig zu machen. Wie soll ich Ihnen die Regungen meines Herzens beschreiben, jetzt, da man ihm alle seine Glückseligkeit wieder gegeben hat? Ich beschwöre Sie, Juliane, wann Sie mich lieben, so verlassen Sie noch heute mit mir dieses gefährliche Haus. Setzen Sie sich nicht länger der

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