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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Frankreich hatte der Elisabeth eine Verbindung mit seinem jüngsten Bruder vorgeschlagen. Dieses ist der Herzog von Alanzon. Er ist, unter dem Vorwande einer Gesandtschaft, nach England gekommen, um diese Verbindung zu Stande zu bringen. Es läßt sich alles, sowohl von Seiten des Parlaments als der Königin, sehr wohl dazu an; aber indes erblickt er die Blanca, und verliebt sich in sie. Itzt kömmt er, und bittet Floren, ihm in seiner Liebe behülflich zu sein. Flora verbirgt ihm nicht, wie wenig er zu erwarten habe; doch ohne ihm das geringste von der Vertraulichkeit, in welcher der Graf mit ihr stehet, zu entdecken. Sie sagt bloß, Blanca suche sich zu verheiraten, und da sie hierauf sich mit einem Manne, dessen Stand so weit über den ihrigen erhaben sei, doch keine Rechnung machen könne, so dürfte sie schwerlich seiner Liebe Gehör geben. – (Man erwartet, daß der Herzog auf diesen Einwurf die Lauterkeit seiner Absichten beteuern werde; aber davon kein Wort! Die Spanier sind in diesem Punkte lange so strenge und delikat nicht, als die Franzosen.) Er hat einen Brief an die Blanca geschrieben, den Flora übergeben soll. Er wünscht, es selbst mit anzusehen, was dieser Brief für Eindruck auf sie machen werde. Er schenkt Floren eine güldne Kette, und Flora versteckt ihn in eine anstoßende Galerie, indem Blanca mit Cosme hereintritt, welcher ihr die Ankunft seines Herrn meldet.
    Essex kömmt. Nach den zärtlichsten Bewillkommungen der Blanca, nach den teuersten Versicherungen des Grafen, wie sehr er ihrer Liebe sich würdig zu zeigen wünsche, müssen sich Flora und Cosme entfernen, und Blanca bleibt mit dem Grafen allein. Sie erinnert ihn, mit welchem Eifer und mit welcher Standhaftigkeit er sich um ihre Liebe beworben habe. Nachdem sie ihm drei Jahre widerstanden, habe sie endlich sich ihm ergeben, und ihn, unter Versicherung sie zu heiraten, zum Eigentümer ihrer Ehre gemacht. (Te hice dueño de mi honor: der Ausdruck sagt im Spanischen ein wenig viel.) Nur die Feindschaft, welche unter ihren beiderseitigen Familien obgewaltet, habe nicht erlaubt, ihre Verbindung zu vollziehen. Essex ist nichts in Abrede, und fügt hinzu, daß, nach dem Tode ihres Vaters und Bruders, nur die ihm aufgetragene Expedition wider die Spanier dazwischen gekommen sei. Nun aber habe er diese glücklich vollendet; nun wolle er unverzüglich die Königin um Erlaubnis zu ihrer Vermählung antreten. – Und so kann ich dir denn, sagt Blanca, als meinem Geliebten, als meinem Bräutigam, als meinem Freunde, alle meine Geheimnisse sicher anvertrauen. (71) –
    { ‡ }
Ein und sechzigstes Stück
    Den 1sten Dezember, 1767
    Hierauf beginnt sie eine lange Erzählung von dem Schicksale der Maria von Schottland. Wir erfahren, (denn Essex selbst muß alles das, ohne Zweifel, längst wissen,) daß ihr Vater und Bruder dieser unglücklichen Königin sehr zugetan gewesen; daß sie sich geweigert, an der Unterdrückung der Unschuld Teil zu nehmen; daß Elisabeth sie daher gefangen setzen, und in dem Gefängnisse heimlich hinrichten lassen. Kein Wunder, daß Blanca die Elisabeth haßt; daß sie fest entschlossen ist, sich an ihr zu rächen. Zwar hat Elisabeth nachher sie unter ihre Hofdamen aufgenommen, und sie ihres ganzen Vertrauens gewürdiget. Aber Blanca ist unversöhnlich. Umsonst wählte die Königin, nur kürzlich, vor allen andern das Landgut der Blanca, um die Jahreszeit einige Tage daselbst ruhig zu genießen. – Diesen Vorzug selbst wollte Blanca ihr zum Verderben gereichen lassen. Sie hatte an ihren Oheim geschrieben, welcher, aus Furcht, es möchte ihm wie seinem Bruder, ihrem Vater, ergehen, nach Schottland geflohen war, wo er sich im Verborgnen aufhielt. Der Oheim war gekommen; und kurz, dieser Oheim war es gewesen, welcher die Königin in dem Garten ermorden wollen. Nun weiß Essex, und wir mit ihm, wer die Person ist, der er das Leben gerettet hat. Aber Blanca weiß nicht, daß es Essex ist, welcher ihren Anschlag vereiteln müssen. Sie rechnet vielmehr auf die unbegrenzte Liebe, deren sie Essex versichert, und wagt es, ihn nicht bloß zum Mitschuldigen machen zu wollen, sondern ihm völlig die glücklichere Vollziehung ihrer Rache zu übertragen. Er soll sogleich an ihren Oheim, der wieder nach Schottland geflohen ist, schreiben, und gemeinschaftliche Sache mit ihm machen. Die Tyrannin müsse sterben; ihr Name sei allgemein verhaßt; ihr Tod sei eine Wohltat für das Vaterland, und niemand verdiene es mehr als Essex, dem

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