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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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ich, lieben das Besondre.
    Anton
bei Seite. St! jetzt will ich ihm einen Streich spielen! – Laut. Hören Sie nur, Herr Damis, ich werde es selbst gern sehen, wenn Sie Julianen heiraten.
    Damis
. Wie so?
    Anton
. Ich weiß nicht, ob ich mich unterstehen darf, es Ihnen zu sagen. Ich habe – – ich habe selbst – –
    Damis
. Nur heraus mit der Sprache!
    Anton
. Ich habe selbst versucht, Verse auf Ihre Hochzeit zu machen, und deswegen wollte ich nun nicht gern, daß meine Mühe verloren wäre.
    Damis
. Das wird etwas Schönes sein!
    Anton
. Freilich! denn das ist mein Fehler; ich mache entweder etwas Rechtes, oder gar nichts.
    Damis
. Gib doch her! vielleicht kann ich deine Reime verbessern, daß sie alsdenn mir und dir Ehre machen.
    Anton
. Hören Sie nur, ich will sie Ihnen vorlesen. Er sucht einen Zettel aus der Tasche. Ganz bin ich noch nicht fertig, muß ich Ihnen sagen. Der Anfang aber, aus dem auch allenfalls das Ende werden kann, klingt so – – Rücken Sie mir doch das Licht ein wenig näher! – –
    Du, o edle Fertigkeit,
    Zu den vorgesetzten Zwecken
    Tüchtge Mittel – –
    Damis
. Halt! du bist ein elender Stümper! Ha! ha! ha! Das du o steht ganz vergebens. Edle Fertigkeit sagt nichts weniger, und Du, o edle Fertigkeit nichts mehr. Deleatur ergo du o! Damit aber nicht zwei Silben fehlen, so verstärke das Beiwort edel, nach Art der Griechen, und sage überedel. Ich weiß zwar wohl, überedel ist ein neues Wort; aber ich weiß auch, daß neue Wörter dasjenige sind, was die Poesie am meisten von der Prose unterscheiden muß. Solche Vorteilchen merke dir! Du mußt dich durchaus bestreben, etwas Unerhörtes, etwas Ungesagtes zu sagen. Verstehst du mich, dummer Teufel?
    Anton
. Ich will es hoffen.
    Damis
. Also heißt dein erster Vers
    Überedle Fertigkeit etc.
    Nun lies weiter!
    Anton
.
    Zu den vorgesetzten Zwecken
    Tüchtge Mittel zu entdecken,
    Und sich dann zur rechten Zeit,
    Ihrer Kräfte zu bedienen,
    Wirst, so lange bis die Welt
    In ihr erstes Cha- Cha- Chaos fällt,
    Wie die Pappelbäume grünen.
    Aber, Herr Damis, können Sie mir nicht sagen, was ich hier muß gedacht haben? Verflucht! das ist schön; ich verstehe mich selbst nicht mehr. Das erste Cha – Chaos; – ich dächte ich hätte das Wort noch nie in meinen Mund genommen, so fürchterlich klingt es mir.
    Damis
. Zeige doch – –
    Anton
. Warten Sie, warten Sie! ich will es Ihnen noch einmal vorlesen.
    Damis
. Nein, nein; weise mir nur den Zettel her.
    Anton
. Sie können es unmöglich lesen. Ich habe gar zu schlecht geschrieben; kein Buchstabe steht gerade; sie hocken einer auf den andern, als ob sie Junge hecken wollten.
    Damis
. O so gib her!
    Anton
gibt ihm den Zettel mit Zittern. Zum Henker, es ist seine eigne Hand!
    Damis
betrachtet ihn einige Zeit. Was soll das heißen? Steht zornig auf. Verfluchter Verräter, wo hast du dieses Blatt her?
    Anton
. Nicht so zornig; nicht so zornig!
    Damis
. Wo hast du es her?
    Anton
. Wollen Sie mich denn erwürgen?
    Damis
. Wo hast du das Blatt her, frag ich?
    Anton
. Lassen Sie nur erst nach.
    Damis
. Gesteh!
    Anton
. Aus – – aus Ihrer – Westentasche.
    Damis
. Ungelehrte Bestie! ist das deine Treue? Das ist ein Diebstahl; ein Plagium.
    Anton
. Zum Henker! des Quarks wegen mich zu einem Diebe zu machen?
    Damis
. Des Quarks wegen? was? den Anfang eines philosophischen Lehrgedichts einen Quark zu nennen?
    Anton
. Sie sagten ja selbst, es tauge nichts.
    Damis
. Ja, in so fern es ein Hochzeitcarmen vorstellen sollte, und du der Verfasser davon wärest. Gleich schaffe die andern Manuskripte, die du mir sonst entwandt hast, auch herbei! Soll ich meine Arbeit in fremden Händen sehen? Soll ich zugeben, daß sich eine häßliche Dohle mit meinen prächtigen Pfauenfedern ausschmücke? Mach bald! oder ich werde andre Maßregeln ergreifen.
    Anton
. Was wollen Sie denn? Ich habe nicht einen Buchstaben mehr von Ihnen.
    Damis
. Gleich wende alle Taschen um!
    Anton
. Warum auch nicht? Wenn ich sie umwende, so fällt ja alles heraus, was ich darin habe.
    Damis
. Mach, und erzürne mich nicht!
    Anton
. Ich will ein Schelm sein, wenn Sie nur ein Stäubchen Papier bei mir finden. Damit Sie aber doch Ihren Willen haben; – hier ist die eine; da ist die andre – – Was sehen Sie? – Da ist die dritte; die ist auch leer – Nun kömmt die vierte – Indem er sie umwendet fallen die Briefe heraus. – – Zum Henker, die verfluchten Briefe! die hatte ich ganz vergessen – Er will sie geschwind wieder

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