Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
Vom Netzwerk:
Hören und Sehen vergangen, unten der alte Herr Swammer in der Türe seines Zimmers gestanden mit einem mächtigen Armleuchter in der Hand. Der alte Herr habe unter vielen Verbeugungen, wie es sonst gar nicht seine Art sei, die Dame in sein Zimmer eingeladen, diese sei auch gleich ohne Anstand hineingeschlüpft, und Herr Swammer habe dann die Türe fest verschlossen und verriegelt.
    Viel zu sonderbar sei ihr doch des menschenscheuen Herrn Swammers Beginnen vorgekommen, um nicht ein wenig an der Türe zu lauschen und durch das Schlüsselloch zu gucken. Da habe dann Herr Swammer mitten im Zimmer gestanden und so beweglich und kläglich zu der Dame gesprochen, daß ihr, der Alten, die Tränen in die Augen gekommen, unerachtet sie kein einziges Wort verstehen können, da Herrn Swammers Sprache ausländisch gewesen. Nichts anders habe sie glauben können, als daß Herr Swammer sich gemüht, die Dame auf den Weg der Tugend und Gottesfurcht zurückzubringen, denn er sei immer mehr in Eifer geraten, bis die Dame auf die Knie gesunken und gar demütig seine Hand geküßt, auch dabei etwas geweint. Sehr freundlich habe aber nun Herr Swammer die Dame aufgehoben, sie auf die Stirne geküßt, wobei er sich sehr bücken müssen, und sie dann zu einem Lehnstuhl geführt. Sehr geschäftig habe Herr Swammer ein Feuer im Kamin gemacht, ein Gewürz herbeigetragen und, soviel sie wahrnehmen können, einen Glühwein zu kochen begonnen. Unglücklicherweise habe sie, die Alte, jetzt etwas Tabak genommen und stark geniest. Da sei es ihr denn durch alle Glieder gefahren und sie wie vernichtet gewesen, als der Herr Swammer den Arm ausgestreckt nach der Türe und mit einer furchtbaren Stimme, die Mark und Bein durchdrungen, gerufen: »Hebe dich hinweg, horchender Satan!« – Sie wisse gar nicht, wie sie herauf und ins Bett gekommen. Am Morgen, als sie die Augen aufgeschlossen, habe sie geglaubt, ein Gespenst zu sehen. Denn Herrn Swammer habe sie erblickt vor ihrem Bette in einem schönen Zobelpelz mit goldnen Schnüren und Troddeln, Hut auf dem Kopfe, Stock in der Hand.
    »Gute Frau Aline,« habe Herr Swammer zu ihr gesprochen, »ich muß in wichtigen Geschäften ausgehen und werde vielleicht erst nach mehreren Stunden wiederkehren. Sorgen Sie dafür, daß auf dem Flur des Hauses vor meinem Zimmer kein Geräusch entstehe oder gar jemand es wage, in mein Gemach eindringen zu wollen. – Eine vornehme Dame, und daß Sie es nur wissen, eine fremde, reiche, wunderbar schöne Prinzessin hat sich zu mir geflüchtet. Ich war in früherer Zeit am Hofe ihres königlichen Vaters ihr Informator, deshalb hat sie Zutrauen zu mir, und ich werde und muß sie schützen wider alle böse Angriffe. Ich sage Ihnen das, Frau Aline, damit Sie der Dame die Ehrfurcht beweisen, die ihrem Range gebührt. Sie wird, erlaubt es Herr Tyß, Ihre Bedienung in Anspruch nehmen, und Sie sollen, gute Frau Aline, dafür königlich belohnt werden, insofern Sie nämlich schweigen können und niemanden den Aufenthalt der Prinzessin verraten.«
    Damit sei Herr Swammer dann schnell fortgegangen.
    Herr Peregrinus Tyß fragte die Alte, ob es ihr denn nicht gar seltsam vorkomme, daß die Dame, die er, wie er nochmals beteuern könne, bei dem Buchbinder Lämmerhirt in der Kalbächer Straße getroffen, eine Prinzessin sein und zu dem alten Herrn Swammer geflüchtet sein solle. Die Alte meinte indessen, sie traue Herrn Swammers Worten mehr noch als ihren eignen Augen und glaube daher, daß alles, was sich bei dem Buchbinder Lämmerhirt und hier im Zimmer zugetragen, entweder nur zauberisches Blendwerk gewesen, oder daß die Angst, die Verwirrung auf der Flucht die Prinzessin zu solchem abenteuerlichen Beginnen vermocht. Übrigens werde sie ja wohl bald alles von der Prinzessin selbst erfahren.
    »Aber,« sprach Herr Peregrinus weiter, eigentlich nur um das Gespräch über die Dame fortzusetzen, »aber wo ist Ihr Verdacht, die böse Meinung geblieben, die Sie gestern von der fremden Dame hegte?«
    »Ach,« erwiderte die Alte schmunzelnd, »ach, das ist alles vorbei. Man darf ja nur die liebe Dame recht ansehen, um zu wissen, daß es eine vornehme Prinzessin ist und dabei so engelsschön, wie nur eine Prinzessin gefunden werden kann. Ich mußte, als Herr Swammer fortgegangen war, ein wenig nachsehen, was die gute Dame machte, und guckte durch das Schlüsselloch. Da lag die Dame ausgestreckt auf dem Sofa und hatte das Engelsköpfchen auf die Hand gestützt, so daß die schwarzen Locken durch

Weitere Kostenlose Bücher