Werke
die lilienweißen Fingerchen quollen, welches ganz hübsch aussah. Und gekleidet war die Dame in lauter Silberzindel, der den niedlichen Busen, die rundlichen Ärmchen durchschimmern ließ. An den Füßchen trug sie goldne Pantoffeln. Einer war herabgefallen, so daß man gewahrte, wie sie keine Strümpfe angezogen; das bloße Füßchen guckte unter dem Kleide hervor, und sie spielte mit den Zehen, welches artig anzusehen war. – Doch gewiß liegt die Dame unten noch ebenso wie vorher auf dem Sofa, und wenn es Ihnen gefällig ist, lieber Herr Tyß, sich an das Schlüsselloch zu bemühen, so –«
»Was sprichst du,« unterbrach Peregrinus die Alte mit Heftigkeit, »was sprichst du! – soll ich mich hingeben dem verführerischen Anblick, der mich vielleicht hinreißen könnte zu allerlei Torheiten?«
»Mut, Peregrinus, widerstehe der Verlockung!« so lispelte es dicht bei Peregrinus, der die Stimme des Meister Floh erkannte.
Die Alte lächelte geheimnisvoll und sprach, nachdem sie einige Augenblicke geschwiegen: »Ich will Ihnen nur alles sagen, lieber Herr Tyß, wie mir die ganze Sache vorkommt. – Mag nun die fremde Dame eine Prinzessin sein oder nicht, so viel bleibt gewiß, daß sie sehr vornehm ist und reich, und daß Herr Swammer sich ihrer lebhaft annimmt, mithin lange mit ihr bekannt sein muß. Und warum ist die Dame Ihnen nachgelaufen, lieber Herr Tyß? Ich sage, weil sie sich sterblich verliebt hat in Sie, und die Liebe macht ja wohl einen ganz blind und toll und verführt auch wohl Prinzessinnen zu den seltsamsten, unüberlegtesten Streichen. – Eine Zigeunerin hat Ihrer seligen Frau Mutter prophezeit, daß Sie einmal glücklich werden sollten durch eine Heirat, gerade wann Sie am wenigsten daran dächten. Das soll nun wahr werden!« –
Und damit begann die Alte aufs neue zu schildern, wie allerliebst die Dame aussehe.
Man kann denken, wie sich Peregrinus bestürmt fühlte. »Schweige,« brach er endlich los, »schweige Sie doch nur, Frau Aline, von solchen Dingen. Verliebt in mich sollte die Dame sein? – wie albern, wie abgeschmackt!«
»Hm,« sprach die Alte, »wäre das nicht der Fall, so würde die Dame nicht so gar jämmerlich geseufzt, so würde sie nicht so gar kläglich gerufen haben ›Nein, mein lieber Peregrinus, mein süßer Freund, du wirst, du kannst nicht grausam gegen mich sein! – Ich werde dich wiedersehen und alles Glück des Himmels genießen!‹ – Und unsern alten Herrn Swammer, den hat die fremde Dame ganz umgekehrt. Habe ich sonst außer dem Kronentaler zu Weihnachten auch nur einen einzigen Kreuzer von ihm erhalten? Und diesen schönen blanken Karolin, den gab er mir heute morgen mit solcher freundlicher Miene, wie er sie sonst gar nicht im Antlitz hat, als Douceur im voraus für die Dienste, die ich der Dame leisten werde. Da steckt was dahinter. Was gilt’s, Herr Swammer spielt am Ende den Freiwerber bei Ihnen, Herr Tyß?« – Wiederum sprach die Alte von der Liebenswürdigkeit und Anmut der Dame mit begeisterten Worten, die in dem Munde eines abgelebten Weibes seltsam genug klangen, bis Peregrinus, ganz Feuer und Flamme, aufsprang und wie rasend ausrief: »Mag es gehen, wie es will – hinab, hinab, ans Schlüsselloch!« – Vergebens warnte Meister Floh, der in das Halstuch des verliebten Peregrinus gesprungen war und sich dort in den Schlupfwinkel einer Falte versteckt hatte. Peregrinus vernahm nicht seine Stimme, und Meister Floh erfuhr, was er längst hätte wissen sollen, nämlich daß mit dem störrigsten Menschen etwas anzufangen ist, nur nicht mit einem Verliebten.
Die Dame lag in der Tat noch ebenso auf dem Sofa, wie die Alte es beschrieben hatte, und Peregrinus fand, daß keine menschliche Sprache hinreiche, den himmlischen Zauber in Worten auszudrücken, der über der ganzen holden Gestalt ausgebreitet lag. Ihr Anzug, wirklich Silberzindel, mit seltsamer bunter Stickerei, war ganz phantastisch und konnte sehr füglich für das Negligé der Prinzessin Gamaheh gelten, das sie in Famagusta vielleicht in dem Augenblick getragen, als der boshafte Egelprinz sie totküßte. Wenigstens war der Anzug so reizend und dabei so über alle Maßen seltsam, daß die Idee dazu weder in dem Kopfe des genialsten Theaterschneiders entsprossen, noch in dem Geiste der sublimsten Putzhändlerin empfangen zu sein schien. »Ja, sie ist es, es ist Prinzessin Gamaheh!« So murmelte Peregrinus, indem er bebte vor süßer Wonne und dürstendem Verlangen. Als nun aber die Holde
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