Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
Vom Netzwerk:
holder, im höhern Liebreiz als jemals ging ihm das Bild der Kleinen auf, sein Blut wallte stärker in den Adern, heftiger schlugen die Pulse, die Brust wollte ihm zerspringen vor brünstiger Sehnsucht. Nur zu schmerzlich fühlte er die Größe des Opfers, das er gebracht, und mit dem er alles Glück des Lebens verloren zu haben glaubte.
    Die Nacht war eingebrochen, als er zurückkehrte nach der Stadt. Ohne es zu gewahren, vielleicht aus unbewußter Scheu, in sein Haus zurückzukehren, war er in mancherlei Nebenstraßen und zuletzt in die Kalbächer Gasse geraten. Ein Mensch, der ein Felleisen auf dem Rücken trug, fragte ihn, ob hier nicht der Buchbinder Lämmerhirt wohne. Peregrinus schaute auf und gewahrte, daß er wirklich vor dem schmalen hohen Hause stand, in welchem der Buchbinder Lämmerhirt wohnte; er erblickte in luftiger Höhe die hellerleuchteten Fenster des fleißigen Mannes, der die Nacht hindurch arbeitete. Dem Menschen mit dem Felleisen wurde die Türe geöffnet, und er ging ins Haus.
    Schwer fiel es dem Peregrinus aufs Herz, daß er in der Verwirrung der letzten Zeit vergessen hatte, dem Buchbinder Lämmerhirt verschiedene Arbeiten zu bezahlen, die er für ihn gefertigt hatte; er beschloß, gleich am folgenden Morgen hinzugehen und seine Schuld zu tilgen.
    [ Δ ]
Siebentes Abenteuer
    Feindliche Nachstellungen der verbündeten Mikroskopisten nebst ihrer fortwährenden Dummheit. Neue Prüfungen des Herrn Peregrinus Tyß und neue Gefahren des Meisters Floh. Röschen Lämmerhirt. Der entscheidende Traum und Schluß des Märchens.
    Fehlt es auch über den eigentlichen Ausgang des Kampfs in Leuwenhoeks Zimmer gänzlich an bestimmten Nachrichten, so steht doch nichts anders zu vermuten, als daß die beiden Mikroskopisten mit Hilfe des jungen Herrn George Pepusch einen vollständigen Sieg über die bösen feindlichen Gesellen erfochten haben mußten. Unmöglich hätte sonst der alte Swammer bei seiner Rückkehr so freundlich, so vergnügt sein können, als er es wirklich war. – Mit derselben frohen freudigen Miene trat Swammer oder vielmehr Herr Johannes Swammerdamm am andern Morgen hinein zu Herrn Peregrinus, der noch im Bette lag und mit seinem Schützling, dem Meister Floh, in tiefem Gespräch begriffen war.
    Peregrinus unterließ nicht, sogleich, als er den Herrn Swammerdamm erblickte, sich das mikroskopische Glas in die Pupille werfen zu lassen.
    Nach vielen langen und ebenso langweiligen Entschuldigungen seines zu frühzeitigen Besuchs nahm endlich Swammerdamm Platz dicht an Peregrinus’ Bett. Durchaus wollte der Alte nicht zugeben, daß Peregrinus aufstehe und den Schlafrock umwerfe.
    In den wunderliebsten Redensarten dankte der Alte dem Peregrinus für die großen Gefälligkeiten, die er ihm erwiesen, und die darin bestehen sollten, daß er ihn nicht allein als Mietsmann in sein Haus aufgenommen, sondern auch erlaubt, daß der Hausstand durch ein junges, bisweilen etwas zu lebhaftes und zu lautes Frauenzimmer vermehrt worden. Ferner aber müsse er die größte Gefälligkeit darin finden, daß Peregrinus, nicht ohne selbst Opfer zu bringen, seine (des Alten) Versöhnung mit dem alten Freunde und Kunstkollegen Anton von Leuwenhoek bewirkt habe. So wie Swammerdamm erzählte, hatten sich beider Herzen in dem Augenblick zueinander hingeneigt, als sie von dem schönen Geist und dem Bartscherer überfallen wurden und die schöne Dörtje Elverdink retten mußten vor den bösen Unholden. Die förmliche ernstliche Versöhnung der Entzweiten war dann bald darauf erfolgt.
    Leuwenhoek hatte den günstigen Einfluß, den Peregrinus auf beide gehabt, ebensogut erkannt als Swammerdamm, und der erste Gebrauch, den sie von dem wiederhergestellten Freundschaftsbunde machten, bestand darin, daß sie gemeinschaftlich das seltsam und wunderbar verschlungene Horoskop des Herrn Peregrinus Tyß betrachteten und soviel als möglich zu deuten suchten.
    »Was,« so sprach Herr Johannes Swammerdamm, »was meinem Freunde Anton von Leuwenhoek allein nicht gelang, das brachten unsere gemeinschaftlichen Kräfte zustande, und so war dieses Experiment das zweite, welches wir trotz aller Hindernisse, die sich uns entgegenstemmten, mit dem glänzendsten Erfolg unternahmen.«
    »Der alberne kurzsichtige Tor,« lispelte Meister Floh, der dicht neben Peregrinus’ Ohr auf dem Kopfkissen saß, »noch immer glaubt er, daß durch ihn Prinzessin Gamaheh belebt worden ist. Fürwahr, ein schönes Leben ist das, zu dem die Ungeschicklichkeit

Weitere Kostenlose Bücher