Werke
durchaus die schöne anmutige Dörtje Elverdink zu seiner Gemahlin erkiesen müsse, um das für alle Konjunkturen seines ganzen Lebens Ersprießlichste zu tun. Beide zweifelten nicht einen Augenblick, daß Peregrinus nicht in gleicher glühender Liebe zur holden Kleinen befangen sein solle, und hielten daher die Angelegenheit für völlig abgeschlossen. Swammerdamm meinte noch, daß Herr Peregrinus Tyß überdem der einzige sei, der seine Nebenbuhler ohne alle Mühe aus dem Felde schlagen könne, und daß selbst die bedrohlichsten Gegner, wie z.B. der schöne Geist und der Bartscherer, gar nichts gegen ihn ausrichten würden.
Peregrinus erkannte aus Swammerdamms Gedanken, daß die Mikroskopisten wirklich in seinem Horoskop die unabänderliche Notwendigkeit seiner Vermählung mit der kleinen Dörtje Elverdink gefunden zu haben glaubten. Nur dieser Notwendigkeit wollten sie nachgeben und selbst aus Dörtjes scheinbarem Verlust den größten Gewinn ziehen, nämlich den Herrn Peregrinus Tyß selbst einfangen mitsamt seinem Talisman.
Man kann denken, wie wenig Vertrauen Peregrinus zu der Weisheit und Wissenschaft der beiden Mikroskopisten haben mußte, da beide den Hauptpunkt des Horoskops nicht zu enträtseln vermochten. Gar nichts gab er daher auf jene angebliche Konjunktur, die die Notwendigkeit seiner Vermählung mit der schönen Dörtje bedingen sollte, und es wurde ihm nicht im mindesten schwer, ganz bestimmt und fest zu erklären, daß er auf Dörtjes Hand verzichtet, um seinen besten innigsten Freund, den jungen George Pepusch, der ältere und bessere Ansprüche auf den Besitz des holden Wesens habe, nicht zu kränken, und daß er unter keiner Bedingung der Welt sein gegebenes Wort brechen werde.
Herr Swammerdamm schlug die graugrünen Katzenaugen, die er so lange zu Boden gesenkt, auf, glotzte den Peregrinus mächtig an und lächelte wie die Fuchsschlauheit selbst.
Sei, meinte er dann, der Freundschaftsbund mit George Pepusch der einzige Skrupel, der den Peregrinus abhalte, seinen Gefühlen freien Raum zu gönnen, so sei derselbe in diesem Augenblick gehoben; denn eingesehen habe Pepusch, unerachtet er an einigem Wahnsinn leide, daß seiner Vermählung mit Dörtje Elverdink die Konstellation der Gestirne entgegen sei, und daß daraus nichts entstehen könne als nur Unglück und Verderben; deshalb habe Pepusch allen Ansprüchen auf Dörtjes Hand entsagt und nur erklärt, daß er mit seinem Leben die Schönste, die niemanden angehören könne als seinem Herzensfreunde Tyß, verteidigen wolle gegen den ungeschickten Tölpel von schönem Geist und gegen den blutgierigen Bartkratzer.
Den Peregrinus durchfuhren eiskalte Schauer, als er aus Swammerdamms Gedanken erkannte, daß alles wahr, was er gesprochen. Übermannt von den seltsamsten widersprechendsten Gefühlen, sank er zurück in die Kissen und schloß die Augen.
Herr Swammerdamm lud den Peregrinus dringendst ein, sich herabzubegeben und selbst aus Dörtjes, aus Georges Munde die jetzige Lage der Dinge zu vernehmen. Dann empfahl sich derselbe auf ebenso weitläuftige und zeremoniöse Weise, wie er gekommen.
Meister Floh, der die ganze Zeit über ruhig auf dem Kopfkissen gesessen, sprang plötzlich hinauf bis zum Zipfel der Nachtmütze des Herrn Peregrinus. Da erhob er sich hoch auf den langen Hinterbeinen, rang die Hände, streckte sie flehend zum Himmel empor und rief mit von bittern Tränen halberstickter Stimme: »Weh mir Ärmsten! Schon glaubte ich geborgen zu sein, und erst jetzt kommt die gefährlichste Prüfung! – Was hilft aller Mut, alle Standhaftigkeit meines edlen Beschützers, wenn sich alles, alles gegen mich auflehnt! – Ich gebe mich! – es ist alles aus!«
»Was,« sprach Herr Peregrinus mit matter Stimme, »was lamentiert Ihr so auf meiner Nachtmütze, lieber Meister? Glaubt Ihr denn, daß Ihr allein zu klagen habt, daß ich mich selbst nicht auch in dem miserabelsten Zustande von der Welt befinde, da ich in meinem ganzen Wesen ganz zerrüttet und verstört bin und nicht weiß, was ich anfangen, ja, wohin ich meine Gedanken wenden soll? Glaubt aber nicht, lieber Meister Floh, daß ich töricht genug sein werde, mich in die Nähe der Klippe zu wagen, an der ich mit all meinen schönen Vorsätzen und Entschlüssen scheitern kann. Ich werde mich hüten, Swammerdamms Einladung zu folgen und die verführerische Dörtje Elverdink wiederzusehen.«
»In der Tat,« erwiderte Meister Floh, nachdem er wieder den alten Platz auf dem Kopfkissen
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