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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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erfüllt schien.
    Da durchzog aber ein milder aromatischer Duft das wilde Feuer, das bald wegloderte und zum sanften Mondesschimmer wurde.
    Peregrinus fand sich wieder, auf einem prächtigen Throne stehend, in den reichen Gewändern eines indischen Königs, das funkelnde Diadem auf dem Haupte, die bedeutungsvolle Lotosblume statt des Zepters in der Hand. Der Thron stand in einem unabsehbaren Saal errichtet, dessen tausend Säulen schlanke, himmelhohe Zedern waren.
    Dazwischen erhoben aus dunklem Gesträuch die schönsten Rosen sowie wundervolle süßduftende Blumen jeder Art ihre Häupter empor, wie in dürstender Sehnsucht nach dem reinen Azur, das, durch die verschlungenen Zweige der Zedern glänzend, wie mit liebenden Augen hinabblickte.
    Peregrinus erkannte sich selbst, er fühlte, daß der zum Leben entzündete Karfunkel glühe in seiner eigenen Brust.
    Im fernsten Hintergrunde bemühete sich der Genius Thetel, in die Lüfte zu steigen, doch erreichte er nicht die halbe Höhe der Zedernstämme, sondern plumpte schmachvoll zur Erde nieder.
    Hier kroch aber der garstige Egelprinz in widerwärtigen Krümmungen hin und her und suchte sich auf ekelhafte Weise bald dick aufzublasen, bald sich lang zu ziehen, und dabei stöhnte er: »Gamaheh – doch mein!«
    In der Mitte des Saals saßen auf kolossalen Mikroskopen Leuwenhoek und Swammerdamm und schnitten gar klägliche, jämmerliche Gesichter, indem sie sich vorwurfsvoll wechselsweise zuriefen: »Seht Ihr, das war der Punkt im Horoskop, dessen Bedeutung Ihr nicht herausbringen konntet. Auf ewig ist uns der Talisman verloren!«
    Dicht an den Stufen des Thrones schienen aber Dörtje Elverdink und George Pepusch nicht sowohl zu schlummern, als in tiefe Ohnmacht versunken.
    Peregrinus oder – wir können ihn jetzt allenfalls so nennen – König Sekakis schlug den Königsmantel, dessen Falten seine Brust bedeckten, zurück, und aus seinem Innern schoß der Karfunkel wie Himmelsfeuer blendende Strahlen durch den weiten Saal.
    Mit einem dumpfen Geächze zerstäubte der Genius Thetel, indem er sich eben aufs neue in die Höhe schwingen wollte, in unzählige farblose Flocken, die, wie vom Sturme gejagt, sich im Gebüsche verloren.
    Mit dem entsetzlichen Tone des herzzerschneidendsten Jammers krümmte sich der Egelprinz zusammen, verschwand in der Erde, und man vernahm ein unwilliges Brausen, als nehme sie den häßlichen unwillkommenen Flüchtling nur ungern auf in ihren Schoß. Leuwenhoek und Swammerdamm waren von den Mikroskopen herab in sich selbst zusammengesunken, und man vernahm aus ihrem angstvollen Stöhnen und Ächzen, aus ihren bangen Todesseufzern, daß eine harte Qual sie erfaßt.
    Aber Dörtje Elverdink und George Pepusch, oder wie sie hier besser zu benennen, die Prinzessin Gamaheh und die Distel Zeherit, waren aus ihrer Ohnmacht erwacht und hingekniet vor dem Könige, zu dem sie in sehnsüchtigen Seufzern zu flehen schienen. Doch senkten sie den Blick zur Erde, als vermöchten sie nicht den Glanz des strahlenden Karfunkels zu ertragen.
    Sehr feierlich sprach nun Peregrinus:
    »Aus schnödem Ton und den Federflocken, die ein einfältiger, schwerfälliger Strauß verloren, hatte dich der böse Dämon zusammengeknetet, dich, der du die Menschen täuschen solltest als Genius Thetel; deshalb vernichtete dich der Strahl der Liebe, dich leeres, wirres Phantom, und du mußtest zerstäuben in das gehaltlose Nichts.
    Und auch du, blutdürstiges Ungetüm der Nacht, verhaßter Egelprinz, mußtest vor dem Strahl des glühenden Karfunkels entfliehen in den Schoß der Erde.
    Aber ihr arme Betörte, unglücklicher Swammerdamm, beklagenswerter Leuwenhoek, euer ganzes Leben war ein unaufhörlicher ununterbrochener Irrtum. Ihr trachtetet die Natur zu erforschen, ohne die Bedeutung ihres innersten Wesens zu ahnen.
    Ihr wagtet es, einzudringen in ihre Werkstatt und ihre geheimnisvolle Arbeit belauschen zu wollen, wähnend, daß es euch gelingen werde, ungestraft die furchtbaren Geheimnisse jener Untiefen, die dem menschlichen Auge unerforschlich, zu erschauen. Euer Herz blieb tot und starr, niemals hat die wahrhafte Liebe euer Wesen entzündet, niemals haben die Blumen, die bunten leichtgeflügelten Insekten zu euch gesprochen mit süßen Worten. Ihr glaubtet die hohen heiligen Wunder der Natur in frommer Bewunderung und Andacht anzuschauen, aber indem ihr in freveligem Beginnen die Bedingnisse jener Wunder bis in den innersten Keim zu erforschen euch abmühtet, vernichtetet ihr

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