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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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selbst jene Andacht, und die Erkenntnis, nach der Ihr strebtet, war nur ein Phantom, von dem Ihr getäuscht wurdet, wie neugierige, vorwitzige Kinder.
    Toren! Euch gibt der Strahl des Karfunkels keinen Trost, keine Hoffnung mehr.«
    »Ha, ha! noch ist wohl Trost, noch ist wohl Hoffnung, die Alte begibt sich zu den Alten, das ist ’ne Liebe, das ist ’ne Treue, das ist ’ne Zärtlichkeit. Und die Alte ist nun wirklich eine Königin und führt ihr Swammerdämmchen, ihr Leuwenhoekchen in ihr Reich und da sind sie schöne Prinzen und zupfen Silberfaden und Goldfaden und Seidenflöckchen aus, und verrichten andere gescheite und sehr nützliche Dinge.«
    So sprach die alte Aline, die, plötzlich in wunderlichen Kleidern angetan, welche beinahe dem Anzuge der Königin von Golkonda in der Oper glichen, zwischen beiden Mikroskopisten stand. Diese waren aber auf solche Weise zusammengeschrumpft, daß sie kaum noch eine Spanne hoch zu sein schienen. Die Königin von Golkonda nahm die Kleinen, welche merklich ächzten und stöhnten, an ihre Brust und liebkoste und hätschelte sie wie kleine Bübchen, indem sie ihnen mit tändelnden Worten freundlich zusprach. Darauf legte die Königin von Golkonda ihre niedlichen Püppchen in zwei kleine sehr zierlich aus dem schönsten Elfenbein geschnitzte Wiegen und wiegte sie, indem sie dabei sang:
    »Schlaf, mein Kindchen, schlaf,
    Im Garten gehn zwei Schaf’,
    Ein schwarzes und ein weißes u.s.w.«
    Während dies geschah, knieten die Prinzessin Gamaheh und die Distel Zeherit noch immer auf den Stufen des Throns.
    Da sprach Peregrinus: »Nein! Verstoben ist der Irrtum, der dein Leben verstörte, du geliebtes Paar. Kommt an meine Brust, Geliebte! Der Strahl des Karfunkels wird euer Herz durchdringen, und ihr werdet die Seligkeit des Himmels genießen.« Mit einem Laut freudiger Hoffnung erhoben sich beide, die Prinzessin Gamaheh und die Distel Zeherit, und Peregrinus drückte sie fest an sein flammendes Herz.
    So wie er sie ließ, fielen sie sich in hohem Entzücken in die Arme; – verschwunden war die Leichenblässe von ihrem Antlitz und frisches jugendliches Leben blühte auf ihren Wangen, leuchtete aus ihren Augen.
    Meister Floh, der so lange wie ein zierlicher Trabant an der Seite des Thrones gestanden, nahm plötzlich seine natürliche Gestalt an und sprang, indem er laut geltend rief: »Alte Liebe rostet nicht!« mit einem tüchtigen Satz hinein in Dörtjens Nacken.
    Doch, o Wunder, in demselben Augenblick lag auch Röschen, in hoher unbeschreiblicher Anmut holder Jungfräulichkeit prangend, überstrahlt von dem Glanz der reinsten Liebe, wie ein Cherub des Himmels, an Peregrinus’ Busen.
    Da rauschten die Zweige der Cedern, und höher und freudiger erhoben die Blumen ihre Häupter und gleißende Paradiesvögel schwangen sich durch den Saal, und süße Melodien strömten aus den dunklen Büschen, und wie aus weiter Ferne hallte jauchzender Jubel, und ein tausendstimmiger Hymnus der überschwenglichsten Lust erfüllte die Lüfte, und in der heiligen Weihe der Liebe regten sich die höchsten Wonnen des Lebens und sprühten und loderten empor, reines Ätherfeuer des Himmels! –
    Herr Peregrinus Tyß hatte in der Nähe der Stadt ein gar schönes Landhaus gekauft, und hier sollte an einem Tage seine, so wie die Hochzeit seines Freundes George Pepusch mit der kleinen Dörtje Elverdink, gefeiert werden.
    Der geneigte Leser erläßt es mir wohl, den Hochzeitsschmaus zu beschreiben, sowie genau zu sagen, wie sich übrigens alles an dem festlichen Tage begeben.
    Gern überlasse ich es auch den schönen Leserinnen, den Anzug der beiden Bräute so zu ordnen, wie das Bild davon ihrer Phantasie gerade vorschwebt. Zu bemerken ist nur, daß Peregrinus und sein holdes Röschen die heitre kindliche Unbefangenheit selbst, George und Dörtje dagegen tief in sich gekehrt waren und, Blick in Blick gesenkt, nur sich zu schauen, zu fühlen, zu denken schienen.
    Es war Mitternacht, als plötzlich der balsamische Geruch der großblumigen Fackeldistel den ganzen weiten Garten, das ganze Landhaus durchdrang.
    Peregrinus erwachte aus dem Schlaf, er glaubte tief klagende Melodien einer hoffnungslosen Sehnsucht zu vernehmen, und ein seltsames ahnendes Gefühl bemeisterte sich seiner.
    Es war ihm, als reiße sich ein Freund gewaltsam von seinem Busen.
    Am andern Morgen wurde das zweite Brautpaar, nämlich George Pepusch und Dörtje Elverdink, vermißt, und man erstaunte nicht wenig, als man wahrnahm, daß sie

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