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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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und erst vom Unteroffizier geholt werden mußte. Gerade in dieser Zeit brachte mich der Zufall einem sehr seltsamen Manne näher. – Es begab sich nämlich, daß ich an einem schönen Sommerabend, als die Sonne schon gesunken und die Dämmerung eingebrochen, in der Gegend eines Lustorts vor P., einsam, wie es meine Gewohnheit war, lustwandelte. Da schien es mir, als vernähme ich aus dem Dickicht eines kleinen Wäldchens, das seitwärts ab vom Wege lag, dumpfe Klagetöne und dazwischen in einer mir unbekannten Sprache heftig ausgestoßene Reden. Ich glaubte jemanden hilfsbedürftig, eilte hin nach der Stelle, von woher die Laute zu kommen schienen, und gewahrte bald in dem Schimmer des Abendrots eine große breitschultrige Figur, die, in einen gemeinen Soldatenmantel gehüllt, auf dem Boden ausgestreckt lag. Ganz nahe hinzugetreten, erkannte ich zu meinem nicht geringen Erstaunen den Major O’Malley von den Grenadieren. ›Mein Gott,‹ rief ich aus, ›sind Sie es, Herr Major? – in diesem Zustande? – Sind Sie krank – kann ich helfen?‹ Der Major betrachtete mich mit starrem, wilden Blick und sprach dann in barschem Ton: ›Welcher Teufel führt Euch her, Leutnant? Was kümmert es Euch, ob ich hier liege oder nicht, schert Euch nach der Stadt!‹ – Die Leichenblässe, die auf O’Malleys Gesicht lag, die ganze Art, wie ich ihn fand, ließ mich indessen Unheimliches ahnen, und ich erklärte, daß ich ihn durchaus nicht verlassen, sondern nur mit ihm zusammen nach der Stadt zurückkehren würde. ›So?‹ sprach der Major ganz gelassen und kalt, nachdem er einige Augenblicke geschwiegen, und versuchte sich aufzuraffen, worin ich ihm, da es ihm schwer zu werden schien, beistand. Ich bemerkte nun, daß er, wie er es oft tat, wenn er noch des Abends sich hinaus ins Freie machte, bloß über das Hemde, ohne weiter angekleidet zu sein, einen gemeinen sogenannten Kommißmantel geworfen, dazu aber Stiefeln angezogen und den Offiziershut mit breiter goldner Tresse auf das kahle Haupt gedrückt hatte. Eine Pistole, die auf der Erde neben ihm gelegen, ergriff er schnell und steckte sie, um sie meinen Blicken zu entziehen, in die Tasche des Mantels. Auf dem ganzen Wege nach der Stadt sprach er keine Silbe mit mir, sondern stieß nur dann und wann abgebrochene Reden aus in seiner Muttersprache (er war Irländer von Geburt), die ich nicht verstand. Vor seinem Quartier angekommen, drückte er mir die Hand und sprach mit einem Ton, der in der Tat etwas Unbeschreibliches, nie Gehörtes hatte, so daß er noch in meiner Seele wiederklingt: ›Gute Nacht, Leutnant! – Der Himmel beschütze Euch und gebe Euch gute Träume!‹ – Dieser Major O’Malley war wohl einer der allerwunderlichsten Menschen, die es geben kann, und rechne ich vielleicht ein paar etwas exzentrische Engländer ab, die mir vorgekommen, so wüßte ich keinen Offizier in der ganzen großen Armee, der in der äußern Erscheinung mit O’Malley zu vergleichen. Ist es wahr, was viele Reisende behaupten, daß die Natur sich eben nirgends solch ganz besonderer Prägstöcke bedient als in Irland, weshalb denn jede Familie die artigsten Kabinettsstückchen aufzuweisen hat, so konnte der Major O’Malley billigerweise für einen Prototypus seiner ganzen Nation gelten. Denke dir einen baumstarken Mann von sechs Fuß Höhe, dessen Bau man gerade nicht ungeschickt nennen kann, aber kein Glied paßt zum andern, und die ganze Figur scheint zusammengewürfelt wie in jenem Spiel, in dem Figuren aus einzelnen Teilen, deren Nummer die Würfel bestimmen, zusammengefügt werden. Die Adlernase, die fein geschlitzten Lippen würden das Antlitz zum Edlen erheben; aber sind die hervorstehenden Glasaugen beinahe widrig, so tragen die hohen schwarzen buschigen Augenbrauen den Charakter der komischen Maske. – Sehr seltsam hatte des Majors Antlitz etwas Weinerliches, wenn er lachte, wiewohl das selten geschah; dagegen war es, als ob er lache, wenn ihn die Wut des wildesten Zorns übermannte: aber dieses Lachen hatte so etwas Grauenhaftes, daß die ältesten, im Gemüt handfestesten Burschen sich davor entsetzten. Ebenso selten als O’Malley lachte, ebenso selten ließ er sich aber auch hinreißen vom Zorn. Ganz unmöglich schien es, daß dem Major jemals hätte eine Uniform passen sollen. Die Kunst des geschicktesten Regimentsschneiders scheiterte an des Majors unförmlicher Gestalt; der nach dem genauesten Maß zugeschnittene Rock schlug schnöde Falten, hing ihm am Leibe, als

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