Werke
– In seltsamer Überraschung vermochte er nicht weiterzureden. Endlich sich ermannend, sprach er leise: »Sei ruhig, mein gutes Gretchen, es wird noch alles anders werden,« und schlich aus dem Garten ins Haus die Treppe hinauf.
Hatte Gretchens Schmerz, ihr Abscheu gegen den Fremden des Jünglings Brust auf besondere Weise bewegt, so war eben deshalb sein Groll gegen die Professorin gestiegen, der er in seiner Betörung allein Gretchens Gram und Leid zuschrieb.
Als er nun zur Professorin hineintrat und diese ihn anreden wollte, unterbrach er sie mit den heftigsten Vorwürfen, daß sie dem jungen Mädchen allerlei abgeschmacktes Zeug in den Kopf gesetzt und über seinen Freund, den Spanier Fermino Valies, geurteilt habe, den sie gar nicht kenne und niemals kennen werde, da der Maßstab einer alten Professorsfrau zu klein sei für wahrhaft lebensgroße Gestaltungen.
»So weit ist es gekommen!« rief die Professorin mit dem schmerzlichsten Ton, indem sie die Augen, die gefalteten Hände gen Himmel erhob.
»Ich weiß nicht,« sprach Eugenius verdrießlich, »ich weiß nicht, was Sie damit meinen, aber mit mir ist es wenigstens noch nicht so weit gekommen, daß ich mit dem Teufel Gemeinschaft gemacht!« –
»Ja,« rief die Professorin mit erhöhter Stimme, »ja! in des Teufels Schlingen sind Sie, Eugenius! Schon hat der Böse Macht über Sie, schon streckt er seine Krallen aus, Sie hinabzureißen in den Pfuhl ewigen Verderbens! Eugenius! lassen Sie ab von dem Teufel und seinen Werken, es ist Ihre Mutter, die Sie bittet, beschwört« –
»Soll ich,« unterbrach Eugenius die Professorin erbittert, »soll ich begraben sein in diesen öden Mauern? – soll ich freudenlos das kräftigste Leben des Jünglings hinopfern? – Sind die harmlosen Vergnügungen, die die Welt darbietet, Werke des Teufels?«
»Nein,« rief die Professorin, indem sie ermattet in einen Stuhl sank, »nein, nein, aber! –« In dem Augenblick trat Gretchen hinein und fragte, ob die Professorin, ob Eugenius nicht zu Nacht essen wolle, alles sei bereit.
Sie setzten sich zu Tische, stumm und düster, keines Wortes mächtig vor den feindlichen Gedanken, die das Innere erfüllten. –
Am frühen Morgen erhielt Eugenius ein Billett von Fermino Valies des Inhalts:
>»Sie waren gestern am Gattertor unsers Gartens. Warum traten Sie nicht hinein? Zu spät hat man Sie bemerkt, um Sie einzuladen. Nicht wahr, Sie haben ein kleines Eden für Botaniker geschaut? – Heute gegen Abend erwartet Sie an demselben Gattertor
Ihr innigster Freund
Fermino Valies .«
Nach dem Bericht der Köchin hatte das Billett ein furchtbarer, ganz schwarzer Mensch überbracht, wahrscheinlich ein mohrischer Diener des Grafen.
Eugenius fühlte sein ganzes Herz aufgehen bei dem Gedanken, daß er nun eintreten sollte in das Paradies voll herrlichen Zaubers. Er hörte die Himmelstöne, die den Gebüschen entstiegen, und seine Brust bebte vor Inbrunst und Verlangen. Zerronnen war aller Unmut in dem lusterfüllten Gemüt.
Bei Tische erzählte er, wo er gewesen und wie der Garten des Bankiers Overdeen vor dem Tore, den der Graf Angelo Mora besitze, sich ganz und gar verändert habe und jetzt ein wahrer botanischer Zaubergarten sei. Gütig wolle ihn heute abend sein Freund Fermino Valies hineinführen, und er werde nun alles mit leiblichen Augen in der Natur schauen, was er sonst nur aus Beschreibungen und Bildern gekannt. Weitläufig sprach er nun über alle wunderbare, fernen Zonen entrückte Bäume und Büsche, nannte ihre Namen, gab sein tiefstes Erstaunen darüber zu erkennen, wie sie das heimatliche Klima hätten entbehren und hier aufgezogen werden können. Dazu kam er auf die Sträucher, auf die Stauden, auf die Gewächse und versicherte, daß alles in diesem Garten ganz fremdartig und ungewöhnlich sei, daß er z.B. in seinem Leben keine solche Datura fastuosa gesehen, wie sie im Garten blühe. Der Graf müsse geheimnisvoller Zaubermittel mächtig sein, denn gar nicht zu begreifen wäre sonst, wie dies alles in der kurzen Zeit, während der Graf sich hier aufhalte, habe bewerkstelligt werden können. Dann sprach er von den Himmelstönen der weiblichen Stimme, die den Gebüschen entschwebten, und erschöpfte sich in Schilderungen der Wonne, die er dabei gefühlt.
Eugenius bemerkte in seiner Freude, in seinem Entzücken nicht, daß er allein sprach, und daß die Professorin und Gretchen stumm und in sich gekehrt dasaßen.
Als er die Mahlzeit geendet, sprach die Professorin,
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