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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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manches klar, mein lieber Eugenius! Euer kleiner Haushalt ist wohl recht idyllisch, alles friedlich und freundlich, die gute Alte ist zufrieden, wenn Männlein bei guter Laune bleibt – sechzehn Jahre? – Ob das Mädchen wohl noch unschuldig sein mag? –«
    Alles Blut gärte in Eugenius auf bei dieser frechen Frage des Spaniers.
    »Sündlicher Frevel,« fuhr er den Spanier zornig an, »sündlicher Frevel ist deine Frage; Schmutz, der den himmelsklaren Spiegel, dem des Mädchens reines Gemüt gleicht, nicht zu beflecken vermag.«
    »Nun nun,« sprach Fermino, indem er dem Jüngling einen heimtückischen Blick zuwarf, »nun, nun, ereifre dich nur nicht, mein junger Freund! der reinste klarste Spiegel nimmt die Bilder des Lebens auch am lebendigsten auf, und diese Bilder – doch ich merke, daß du nicht gern von der Kleinen hören magst, und schweige daher.«
    In der Tat malte sich auf Eugenius’ Gesicht der bittre Unmut, der ihn ganz verstörte. Ja, unheimlich wurde ihm dieser Fermino, und aus dem tiefsten Grunde seines Innersten wollte der Gedanke hervorkeimen, daß Gretchen, das ahnende Kind, wohl recht haben könne, wenn ihr dieser Fermino als ein satanisches Prinzip erschienen.
    In diesem Augenblick ließen sich wie Meereswogen anschwellende Akkorde aus dem Gebüsch hören, und jene Stimme ertönte, die gestern alles Entzücken der süßesten Wehmut in des Jünglings Brust entzündet.
    »O Herr des Himmels!« rief der Jüngling, indem er erstarrt stehenblieb.
    »Was ist es?« fragte Fermino; aber Eugenius gab keine Antwort, sondern horchte dem Gesange zu, ganz verloren in Wonne und Lust.
    Fermino schaute ihn an mit Blicken, die in sein Innerstes dringen zu wollen schienen.
    Als der Gesang endlich schwieg, seufzte Eugenius tief auf, und als könne nun erst alle süße Wehmut der gepreßten Brust entsteigen, traten ihm helle Tränen in die Augen.
    »Dich scheint,« sprach Fermino lächelnd, »dich scheint der Gesang sehr zu ergreifen!«
    »Woher,« rief Eugenius begeistert, »woher diese Töne des Himmels? – Keiner Sterblichen Brust kann ihre Heimat sein.«
    »Doch,« sprach Fermino weiter, »doch! – Es ist Gräfin Gabriela, die Tochter meines Herrn, welche, nach Landessitte Romanzen singend und sich auf der Guitarre begleitend, durch des Gartens Gänge lustwandelt.«
    Ganz unvermutet trat Gräfin Gabriela, die Guitarre im Arm, aus dem dunklen Gebüsch, so daß sie plötzlich dicht vor Eugenius stand.
    Es ist zu sagen, daß Gräfin Gabriela in jedem Betracht schön zu nennen war. Der üppige Bau ihres Körpers, der siegende Feuerblick ihrer großen schwarzen Augen, die hohe Anmut ihres Wesens, der volle sonore Silberklang der tiefen Stimme, alles dieses verriet, daß sie unter heiterm südlichen Himmel geboren.
    Gefährlich mögen solche Reize sein, aber noch gefährlicher für den lebensunerfahrnen Jüngling ist jener unbeschreibliche Ausdruck im Antlitz, im ganzen Wesen, der auf schon erwachte, im Innern mächtig flammende Liebesglut deutet. Zu diesem Ausdruck gesellt sich denn noch jene geheimnisvolle Kunst, vermöge der das in Lieb’ entflammte Weib ihren Anzug, ihren Schmuck so zu wählen, zu ordnen vermag, daß ein harmonisches Ganze jeden Reiz des einzelnen noch blendender hervorleuchten läßt.
    War nun in dieser Hinsicht Gräfin Gabriela die Göttin der Liebe selbst, so mußt’ es wohl geschehen, daß ihre Erscheinung den schon durch den Gesang aufgeregten Eugenius traf wie ein zündender Blitz.
    Fermino stellte den Jüngling der Gräfin vor als einen neuerworbnen Freund, der das Spanische vollkommen verstehe und spreche und dabei ein vortrefflicher Botaniker sei, weshalb ihm hier der Garten ungemeines Vergnügen gewähre.
    Eugenius stammelte einige unverständliche Worte, während die Gräfin und Fermino bedeutende Blicke wechselten. Gabriela faßte den Jüngling scharf ins Auge, dem zumute war, als müsse er hinsinken in den Staub.
    Da gab die Gräfin ihre Guitarre dem Fermino und hing sich in des Jünglings Arm, indem sie mit holder Anmut erklärte, daß sie auch ein wenig von der Botanik verstehe, über manches wunderbare Gesträuch aber gern belehrt sein wolle und daher darauf bestehen müsse, daß Eugenius nochmals den Garten durchwandle.
    Bebend vor süßer Angst, wandelte der Jüngling mit der Gräfin fort, aber freier wurde seine Brust, als die Gräfin nach dieser, jener seltsamen Pflanze fragte, und er sich in wissenschaftlichen Erklärungen ergießen konnte. Er fühlte den süßen Hauch

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