Werke
der Gräfin an seiner Wange spielen; die elektrische Wärme, die sein Inneres durchdrang, erfüllte ihn mit namenloser Lust, er kannte sich selbst nicht mehr in der Begeisterung, die ihn plötzlich umgeschaffen zu einem ganz andern Wesen.
Immer dichter, immer schwärzer wurden die Schleier, in die der Abend Wald und Flur hüllte. Fermino erinnerte, daß es Zeit sein werde, den Grafen in seinen Zimmern aufzusuchen. – Eugenius, ganz außer sich selbst, drückte der Gräfin Hand stürmisch an die Lippen und schritt dann fort, wie durch die Lüfte getragen, im Gefühl einer Seligkeit, die seine Brust noch nicht gekannt.
Fünftes Kapitel
Das Traumbild. Ferminos verhängnisvolle Geschenke. Trost und Hoffnung.
Man kann denken, daß der Aufruhr im Innern keinen Schlaf in Eugenius’ Augen kommen ließ. Als er endlich, der Morgen war schon angebrochen, in jenen Schlummer fiel, der mehr ein Zustand der Betäubung zwischen Wachen und Schlafen zu nennen als wirklicher Schlaf, da trat ihm in vollem blendenden Glanz der höchsten Anmut, wie damals geschmückt, aufs neue das Bild jener Braut entgegen, die er schon einmal im Traum gesehen, und mit verdoppelter Stärke erneute sich der fürchterliche Kampf im Innern, den er damals gekämpft.
»Wie,« sprach das Bild mit süßer Stimme, »wie, du wähnst dich fern von mir? – du zweifelst, daß ich dein bin? – du glaubst, daß das Glück deiner Liebe verloren ist? – Schau’ doch nur auf! Geschmückt mit duftenden Rosen, mit blühenden Myrten ist die Brautkammer! – Komm, mein Geliebter, mein süßer Bräutigam! Komm an meine Brust! –«
Flüchtig wie ein Hauch glitten Gretchens Züge über das Traumbild hin, doch als es näher trat, beide Arme ausbreitend, den Jüngling zu umfangen, da war es Gräfin Gabriela.
In der Raserei wildflammender Liebesglut wollte Eugenius das Himmelsbild umfassen, da bannte ihn ein eisiger Starrkrampf fest, so daß er regungslos blieb, als das Traumbild immer mehr und mehr erblaßte, ängstliche Todesseufzer ausstoßend.
Mühsam entwand sich der Brust des Jünglings ein Schrei des Entsetzens.
»Herr Eugenius, Herr Eugenius! erwachen Sie doch nur, Sie träumen ja so ängstlich! –«
So rief eine laute Stimme. Eugenius fuhr auf aus dem träumerischen Zustand, die helle Sonne schien ihm ins Gesicht. Es war die Hausmagd, die gerufen und die ihm nun sagte, daß der fremde spanische Herr schon dagewesen und mit der Frau Professorin gesprochen, die sich unten im Garten befinde und über den ungewöhnlich langen Schlaf des Herrn Eugenius sehr besorgt gewesen, da sie eine Kränklichkeit vermutet. Der Kaffee stehe im Garten bereit.
Eugenius kleidete sich schnell an und eilte hinab, die aufgeregte Stimmung, in die ihn der verhängnisvolle Traum gesetzt, mit aller Gewalt bekämpfend. –
Nicht wenig verwundert war Eugenius, als er die Professorin im Garten antraf, wie sie vor einer wunderbar herrlichen Datura fastuosa stand und, hingebeugt über die großen trichterförmigen Blumen, den süßen Geruch wohlgefällig einzog.
»Ei,« rief sie dem Eugenius entgegen, »ei, Sie Langschläfer! – Wissen Sie wohl, daß Ihr fremder Freund schon hier gewesen ist und Sie zu sprechen verlangt hat? – Nun, am Ende habe ich wohl dem fremden Herrn unrecht getan und auf meine böse Ahnungen zuviel gegeben! – Denken Sie nur, lieber Eugenius, diese herrliche Datura fastuosa hat er aus dem Garten des Grafen herschaffen lassen, weil er von Ihnen gehört, daß ich diese Blume sehr liebe. – Also haben Sie doch in Ihrem Paradiese der Mutter gedacht, lieber Eugenius! – Die schöne Datura soll auch recht gepflegt werden.« –
Eugenius wußte nicht recht, was er von Ferminos Beginnen denken sollte. Er mochte beinahe glauben, daß Fermino durch die Aufmerksamkeit, die er bewiesen, den unverdienten Spott habe gutmachen wollen, den er sich über ein Verhältnis erlaubt, das er nicht kannte. –
Die Professorin sagte ihm jetzt, daß der Fremde ihn auf heute abend wieder in den Garten geladen. Die hohe Gutmütigkeit, die sich heute in dem ganzen Wesen der Professorin aussprach, wirkte wie ein heilender Balsam auf des Jünglings wundes zerrissenes Gemüt. Es war ihm, als sei sein Gefühl für die Gräfin von solch hoher Art, daß es nichts gemein haben könne mit den gewöhnlichen Verhältnissen des Lebens. Liebe, die sich auf irdischen Genuß bezieht, mochte er daher jenes Gefühl gar nicht nennen, ja, er fand dies Gefühl entweiht durch den leisesten Gedanken an
Weitere Kostenlose Bücher