Werke
sinnliche Lust, unerachtet ihn der verhängnisvolle Traum eines andern hätte belehren sollen. So kam es aber, daß er, wie es lange nicht geschehen, sich heiter und froh zeigte, und die Alte war in diesem Augenblick viel zu unbefangen, um die seltsame Spannung zu bemerken, die sich in jener Heiterkeit aussprach.
Nur Gretchen, das ahnende Kind, blieb dabei, daß der Herr Eugenius ganz ein anderer worden, als die Professorin meinte, daß er wieder zurückgekommen von seinem sonderbaren Wesen.
»Ach,« sprach die Kleine, »ach, er ist uns nicht mehr so gut als sonst und stellt sich nur so freundlich, damit wir nicht nach dem fragen sollen, was er uns verschweigen will.« –
Eugenius fand seinen Freund in einem Zimmer des großen Gewächshauses mit dem Filtrieren verschiedener Flüssigkeiten beschäftigt, die er dann einfüllte in Phiolen.
»Ich arbeite,« rief er dem Jüngling entgegen, »ich arbeite in deinem Fache, wiewohl auf andere Weise, als du es wohl jemals getan haben magst!« –
Er erklärte nun, wie er sich auf die geheimnisvolle Bereitung gewisser Substanzen verstehe, die das Wachstum, vorzüglich aber die Schönheit der Gewächse, Sträucher, Pflanzen etc. beförderten, woher es denn komme, daß in dem Garten alles so wunderbar herrlich emporkeime und gedeihe. Darauf schloß Fermino einen kleinen Schrank auf, in dem Eugenius eine Menge Phiolen und kleiner Schächtelchen erblickte.
»Hier,« sprach Fermino, »hier erblickst du eine ganze Sammlung der seltensten Geheimnisse, deren Wirkung ganz fabelhaft zu sein scheint.«
Bald war es ein Saft, bald ein Pulver, das, in das Erdreich oder in das Wasser gemischt, die Farbe, den Duft dieser, jener Blume, den Glanz dieses, jenes Gewächses herrlicher und schöner machen sollte.
»Lasse,« (so sprach Fermino weiter) »lasse zum Beispiel ein paar Tropfen von diesem Saft in das Wasser fallen, womit du die Rosa centifolia aus einer Gießkanne dem sanften Regen gleich ansprengst, und du wirst über die Pracht erstaunen, mit der die Knospen sich entfalten. Noch wunderbarer scheint aber die Wirkung dieses staubähnlichen Pulvers. In den Kelch einer Blume gestreut, mischt es sich mit dem Blumenstaub und erhöht den Duft, ohne ihn in seiner Natur zu ändern. Bei manchen Blumen, wie zum Beispiel bei der Datura fastuosa, ist dies Pulver vorzüglich anwendbar, nur erfordert der Gebrauch desselben eine vorzügliche Behutsamkeit. Eine halbe Messerspitze genügt; die ganze, ja auch nur die halbe Quantität des in dieser Phiole verschlossenen Pulvers würde aber den stärksten Menschen augenblicklich töten, und zwar mit allen Zeichen des Nervenschlages, so daß an eine Spur der Vergiftung gar nicht zu denken. – Nehmen Sie, Eugenius, ich mache Ihnen mit diesem geheimnisvollen Pulver ein Geschenk. Die Versuche, die Sie damit anstellen möchten, werden nicht mißlingen, doch sein Sie behutsam, und denken Sie daran, was ich Ihnen von der tötenden Kraft dieses unbedeutend scheinenden farb- und duftlosen Staubes gesagt habe.«
Damit reichte Fermino dem Eugenius eine kleine blaue verschlossene Phiole hin, die dieser, die Gräfin Gabriela im Garten gewahrend, gedankenlos einsteckte. –
Es genügt zu sagen, daß die Gräfin, ein Weib, ganz Liebe und Lust, in ihrem innersten Wesen die Kunst jener höheren Koketterie tragend, die nur die Ahnung des Genusses gewährt und so den unlöschbaren Durst der inbrünstigsten Sehnsucht in der Brust zu wecken und zu erhalten weiß, durch ihr folgerechtes Betragen den Jüngling in immer stärkerer, immer verzehrenderer Liebesglut entflammte. Nur die Stunden, die Augenblicke, wenn er Gabriela sah, galten ihm für das Leben, sein Haus schien ihm ein finsteres ödes Gefängnis, die Professorin der böse Geist kindischer Betörung, der ihn hineingebannt. Er bemerkte nicht den tiefen stillen Gram, der die Professorin verzehrte, nicht die Tränen, die Gretchen vergoß, wenn er sie kaum eines Blicks würdigte, für kein freundliches Wort eine Antwort hatte. –
So waren einige Wochen vergangen, als Fermino sich an einem Morgen bei Eugenius einstellte. Es lag etwas Gespanntes in seinem ganzen Wesen, das auf irgendein ungewöhnliches Ereignis zu deuten schien.
Nach einigen gleichgültigen Worten faßte er den Jüngling scharf ins Auge und sprach mit seltsam schneidendem Ton: »Eugenius – du liebst die Gräfin, und ihr Besitz ist all dein Sehnen und Trachten.« –
»Unglücklicher!« rief Eugenius ganz außer sich, »Unglücklicher! mit
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