Werke
kleine Gemach führte, wo er ihn einst mit chemischen Operationen beschäftigt angetroffen hatte.
Er genoß etwas von den gewürzreichen Speisen, die er aufgetragen fand, und besser noch sagte ihm der feurige Wein zu, den Fermino ihm einnötigte.
Gabriela und nur Gabriela war, wie man denken mag, der Inhalt des Gesprächs, das beide, Fermino und Eugenius, führten, und alle Hoffnung des süßesten Liebesglücks glühte auf in des Jünglings Brust.
Der Morgen war angebrochen, Eugenius wollte fort. Fermino begleitete ihn an das Gattertor. Im Scheiden sprach Fermino: »Gedenke, mein Freund, der Worte Gabrielas: ›sei frei, sei mein!‹ und fasse einen Entschluß, der dich schnell und sicher zum Ziele führt. Schnell, sage ich; denn übermorgen mit dem Anbruch des Tages reisen wir von dannen.«
Damit schlug Fermino das Gattertor zu und entfernte sich durch einen Seitengang.
Halb entseelt, vermochte Eugenius sich nicht von der Stelle zu rühren. Fort, fort sollte sie und er nicht folgen? – Vernichtet alle Hoffnung durch diesen jähen Blitzschlag! – Endlich lief er von dannen, den Tod im Herzen. Wilder und wilder gärte das Blut in seinen Adern, als er zurückgekommen in sein Haus; die Wände schienen über ihn einzustürzen, er lief hinab in den Garten. Er erblickte die schöne vollblühende Datura fastuosa, jeden Morgen pflegte die Professorin, hingebeugt über die Blüten, den balsamischen Wohlgeruch einzuziehen. Da stiegen die Gedanken der Hölle in ihm auf, der Satan wurde seiner mächtig, er holte die kleine Phiole hervor, die ihm Fermino Valies gegeben und die er noch bei sich trug, öffnete sie und schüttete mit abgewandtem Gesicht das Pulver aus in den Blütenkelch der Datura fastuosa.
Es war ihm nun, als stehe alles um ihn her in hellem lodernden Feuer; weit von sich warf er die Phiole und rannte fort und immer weiter fort, bis er in dem nahgelegenen Walde niedersank vor Ermattung. Sein Zustand glich dem des wirren Träumens. Da sprach die Stimme des Bösen in ihm: »Was harrst du? was weilst du? die Tat ist geschehen, dein der Triumph! – Du bist frei! – Hin zu ihr – hin zu der, die du gewonnen um den Preis deiner Seligkeit, aber dein ist alle höchste Lust, alles namenlose Entzücken des Lebens!« –
»Ich bin frei, sie ist mein!« so schrie Eugenius laut, indem er sich aufraffte vom Boden und dann schnell fortrannte nach dem Garten des Grafen Angelo Mora.
Es war hoher Mittag worden, er fand das Gattertor fest verschlossen, und niemand kam auf sein Klopfen.
Er mußte sie sehen, sie in seine Arme fassen, alles Übermaß gewonnenen Glücks genießen im ersten Gefühl der teuer erkauften Freiheit. Der Drang des Augenblicks gab ihm ungewöhnliches Geschick, er überkletterte die hohe Mauer. Totenstille herrschte im ganzen Garten, einsam waren die Gänge. Endlich glaubte Eugenius in dem Pavillon, dem er genaht, ein leises Flüstern zu vernehmen.
»Wenn sie es wäre!« Mit süßer Angst des brünstigsten Verlangens durchbebte ihn der Gedanke. Näher und näher schlich er heran – sah durch die Glastüre – erblickte Gabriela freventlich sündigend in Ferminos Armen! –
Aufbrüllend wie ein wildes, vom Todesstreich getroffenes Tier stürzte er gegen die Türe, daß sie zusammenbrach, aber in dem Augenblick faßten ihn auch die Eisschauer der Ohnmacht, und er sank bewußtlos nieder auf die steinerne Schwelle des Pavillons.
»Schafft den Wahnsinnigen fort!« – So schallte es ihm in die Ohren; er fühlte sich mit Riesenkraft gepackt und hinausgeschleudert durch das Tor, das klirrend sich hinter ihm schloß.
Krampfhaft klammerte er sich fest an das Gatter, gräßliche Flüche und Verwünschungen ausstoßend gegen Fermino, gegen Gabriela! – Da lachte es hämisch in der Ferne, und es war, als riefe eine Stimme: »Datura fastuosa!« – Zähneknirschend wiederholte Eugenius: »Datura fastuosa«, aber plötzlich fiel ein Hoffnungsstrahl in seine Seele. Er raffte sich empor und rannte in voller Hast zurück nach der Stadt in sein Haus. Auf der Treppe begegnete ihm Gretchen, die sich tief entsetzte über sein gräßliches Ansehen. Die zersplitternden Glasscheiben hatten sein ganzes Haupt verletzt, das Blut floß ihm über die Stirne, dazu kam sein verstörter Blick, der Ausdruck des fürchterlichsten Aufruhrs im Innern, von dem sein ganzes Wesen zeugte. Keines Wortes war das holde Kind mächtig, als Eugenius, ihre Hand ergreifend, mit wilder Stimme fragte: »Ist die Mutter im Garten gewesen? –
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