Werke
tötender Hand greifst du in meine Brust und vernichtest mein Paradies! – Was sage ich! – Nein! du störst den Wahnsinnigen auf aus dem Traum seiner Betörung! – Ich liebe Gabriela – ich liebe sie, wie wohl noch kein Mensch hienieden geliebt haben mag – aber diese Liebe führt mich zum trostlosen Verderben!« – »Das sehe ich nicht ein,« sprach mit Kälte Fermino.
»Sie besitzen,« fuhr Eugenius fort, »sie besitzen! – Ha! der armselige Bettler soll trachten nach dem schönsten Edelstein des reichen Perus! – Ein in dem kleinlichen Elend eines mißverstandenen Lebens verlorner Unglücklicher, der nichts behielt als die der inbrünstigsten Sehnsucht und der trostlosen Verzweiflung offne Brust, und sie – sie – Gabriela!« –
»Ich,« sprach Fermino weiter, »ich weiß nicht, Eugenius, ob nur deine freilich miserablen Verhältnisse dich so kleinmütig machen. Ein liebendes Herz darf stolz und keck nach dem Höchsten streben.« –
»Wecke,« unterbrach Eugenius den Freund, »wecke nicht trügerische Hoffnungen, die mein Elend nur noch vergrößern könnten.«
»Hm,« erwiderte Fermino, »ich weiß doch nicht, ob das trügerische Hoffnung, ob das trostloses Elend zu nennen, wenn man mit der höchsten Inbrunst, die nur in des Weibes Brust zu glühen vermag, wiedergeliebt wird.«
Eugenius wollte auffahren. »Still!« rief Fermino, »mache dir Luft in allerlei Exklamationen, wenn ich ausgeredet und mich entfernt haben werde, aber jetzt höre mich ruhig an.«
»Es ist,« sprach nun Fermino weiter, »es ist nur zu gewiß, daß Gräfin Gabriela dich liebt, und zwar mit all dem zerstörenden Feuer, das in der Brust der Spanierin flammt. Sie lebt nur in dir, ihr ganzes Wesen gehört nur dir an. So bist du aber kein armseliger Bettler, kein in dem kleinlichen Elend des mißverstandenen Lebens Verlorner; nein, in Gabrielas Liebe bist du unendlich reich, du stehst an den goldnen Pforten eines glanzvollen Edens, das sich dir erschlossen. Glaube ja nicht, daß dein Stand deiner Verbindung mit der Gräfin entgegen sein würde. Es gibt gewisse Verhältnisse, die den stolzen spanischen Grafen wohl seinen hohen Stand vergessen und es ihn selbst auf das eifrigste wünschen lassen würden, dich als seinen Eidam aufzunehmen. Ich, mein lieber Eugenius, wäre nun derjenige, der jene Verhältnisse zur Sprache bringen müßte, und ich könnte dir schon jetzt, um dem Verdacht der unfreundschaftlichen Geheimniskrämerei zu entgehen, manches darüber sagen, doch besser ist es, ich schweige zurzeit. – Und um so mehr scheint dies besser, als eben jetzt ein sehr düsteres schwarzes Gewölk an dem Himmel deiner Liebe heraufgezogen ist. – Du kannst denken, daß ich der Gräfin sorglich deine Verhältnisse verschwiegen habe, und ganz unerklärlich ist es mir, wie die Gräfin es erfahren konnte, daß du vermählt bist, und zwar mit einer mehr als sechzigjährigen Frau. Sie hat mir ihr ganzes Herz ausgeschüttet, sie ist ganz aufgelöst in Schmerz und Verzweiflung. Bald verflucht sie den Augenblick, als sie dich zum ersten Male sah, verflucht dich selbst; bald nennt sie dich wieder mit den zärtlichsten Namen und klagt sich selbst, den Wahnsinn ihrer Liebe an. Sie will dich nie mehr sehen, das hat sie –«
»Heiliger Gott,« schrie Eugenius, »gibt es für mich einen gräßlicheren Tod?«
»Das hat,« fuhr Fermino schalkisch lächelnd fort, »das hat sie beschlossen in den ersten Augenblicken der Liebesraserei. Doch sollst du, wie ich hoffe, Gräfin Gabriela noch heute zur Mitternachtsstunde sehen. Zu dieser Zeit brechen die Blüten der großblumichten Fackeldistel in unserm Gewächshause auf, die, wie du weißt, mit dem Aufgang der Sonne wieder hinzuwelken beginnen. So wenig der Graf den gewürzigen durchdringenden Geruch dieser Blüten ertragen kann, so sehr liebt ihn Gräfin Gabriela. Oder besser gesagt: Gabrielas zur Schwärmerei geneigtes Gemüt findet in dem Wunder dieses Gesträuchs das Mysterium der Liebe und des Todes selbst, das in der Nacht der Blüte durch das schnelle Aufkeimen zum höchsten Moment der Seligkeit und ebenso schnelles Hinwelken gefeiert wird. Ihres tiefen Schmerzes, ihrer Verzweiflung unerachtet, kommt die Gräfin daher gewiß in das Gewächshaus, wo ich dich verstecken werde. – Sinne auf Mittel, dich von deinen Fesseln zu befreien, entflieh dem Kerker! – Doch alles überlasse ich der Liebe und deinem guten Stern! – Du dauerst mich mehr als die Gräfin, und daher biete ich alle meine
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