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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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Kräfte auf, dich zu deinem Glück zu führen.« –
    Kaum hatte Fermino den Jüngling verlassen, als die Professorin zu ihm trat.
    »Eugenius,« sprach sie mit dem tiefen, niederschlagenden Ernst der ehrwürdigen Matrone, »Eugenius, es kann nicht länger zwischen uns so bleiben!«
    Da durchleuchtete den Jüngling wie ein jäher Blitz der Gedanke, daß sein Bund ja nicht unauflöslich sei, daß der Grund richterlicher Scheidung ja schon in dem Mißverhältnis der Jahre liege.
    »Ja,« rief er im triumphierenden Hohn, »ja, Frau Professorin, Sie haben ganz recht, es kann zwischen uns nicht länger so bleiben! Vernichtet werde ein Verhältnis, das eine aberwitzige Betörung gebar, und das mich fortreißt ins Verderben – Trennung – Scheidung – ich biete dazu die Hand.« –
    Die Professorin erblaßte zum Tode, Tränen standen ihr in den Augen.
    »Wie,« sprach sie mit zitternder Stimme, »mich, die dich warnte, als du die Ruhe, den innern Frieden der Seele vorzogst dem irren Treiben der Welt, mich, deine Mutter, willst du preisgeben dem Spott, dem Hohngelächter der Bösen? Nein! Eugenius, das willst, das kannst du nicht! – Der Satan hat dich verblendet! Gehe in dich! – Doch ist es nun dahin gekommen, daß du die Mutter, die dich hegte und pflegte, die nichts wollte als dein zeitliches, dein ewiges Wohl, daß du sie verachtest, von ihr willst? Ach, Eugenius, keines irdischen Richters wird es bedürfen, uns zu scheiden. Bald wird es geschehen, daß der Vater des Lichts mich abruft von dieser Welt des Grams und des Jammers! – Wenn ich, längst von dem Sohn vergessen, im Grabe ruhe, dann genieße deine Freiheit – alles Glück, das dir die Täuschungen des irdischen Seins gewähren mögen.« –
    Ein Tränenstrom erstickte die Stimme der Professorin, die sich, das Schnupftuch vor den Augen, langsam entfernte.
    So verstockt war des Jünglings Herz nicht, daß ihn der tötende Schmerz der Professorin nicht hätte tief durchdringen sollen. Er sah es ein, daß jeder Schritt zur Trennung ihr mit dem Gefühl der erlittenen Schmach den Tod bringen mußte, und daß auf diese Weise nicht Freiheit zu erringen. Er wollte dulden – untergehen, doch, »Gabriela!« rief es im Innern, und der tiefste hämische Groll gegen die Alte fand wieder Raum in seiner Seele.
Letztes Kapitel
    Es war eine dunkle schwüle Nacht. Hörbar säuselte der Atem der Natur durch das schwarze Gebüsch, und wie feurige Schlangen strahlten Blitze am fernen Horizont. Die ganze Gegend um den Garten des Grafen erfüllte der wunderbare Geruch der aufgeblühten Fackeldistel. Trunken vor Liebe und brünstigem Verlangen, stand Eugenius vor dem Gattertor; endlich erschien Fermino, öffnete und führte ihn in das matt erleuchtete Gewächshaus, wo er ihn in einer dunkeln Ecke verbarg.
    Nicht lange dauerte es, so erschien die Gräfin Gabriela, von Fermino und dem Gärtner begleitet. Sie stellten sich hin vor dem blühenden Cactus grandiflorus, und der Gärtner schien sich weitläuftig auszusprechen über das wunderbare Gesträuch und über die Mühe und Kunst, mit der er es gepflegt. Endlich führte Fermino den Gärtner fort.
    Gabriela stand wie in süße Träume versunken, sie seufzte tief, dann sprach sie leise: »Könnt’ ich leben – sterben wie diese Blüte! – Ach Eugenio!«
    Da stürzte der Jüngling hervor aus seinem Versteck und warf sich nieder vor der Gräfin.
    Sie stieß einen Schrei des Schrecks aus, sie wollte entfliehen. Doch mit der Verzweiflung der Liebeswut umfaßte sie der Jüngling, und auch sie umfing ihn mit den Lilienarmen – kein Wort – kein Laut – nur glühende Küsse!
    Tritte nahten, da drückte die Gräfin den Jüngling noch einmal fester an ihre Brust. »Sei frei – sei mein – dich oder Tod!« – So lispelte sie, stieß dann den Jüngling sanft von sich und entfloh schnell in den Garten.
    Betäubt, besinnungslos vor Entzücken fand Fermino den Freund.
    »Habe,« sprach Fermino endlich, als Eugenius erwacht schien, »habe ich dir zuviel gesagt? – Kann man glühender, inbrünstiger geliebt sein, als du es bist? – Doch nach diesem begeisternden Augenblick der höchsten Liebesekstase muß ich, mein Freund, für dein irdisches Bedürfnis sorgen. Unerachtet sich Liebende aus sonstigem leiblichen Genuß nicht eben viel zu machen pflegen, so laß es dir doch gefallen, ehe du, wenn der Morgen angebrochen, von hinnen gehst, etwas Stärkendes zu genießen.«
    Eugenius folgte wie im Traum mechanisch dem Freunde, der ihn in das

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