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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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gefehlt, ich will auch dafür büßen und den Spott der Bösen ertragen mit Geduld. – Werden Sie frei, Eugenius!«
    Da kniete aber der Jüngling, ganz zerknirscht von der bittersten Reue, vor dem Bette nieder und Schwur, indem er die Hand der Professorin mit Küssen und Tränen bedeckte, daß er nie lassen werde von der Mutter, daß er nur, ganz in ihrer Frömmigkeit, in ihrem heiligen Frieden lebend, Vergebung seiner Sünden hoffen dürfe.
    »Sie sind mein guter Sohn,« sprach die Professorin mit dem sanften Lächeln himmlischer Verklärung, »bald, ich fühle es, bald wird Sie der Himmel lohnen!« – –
    Merkwürdig genug war es, daß der spanische Mönch dem Sever gleiche Schlingen gestellt hatte wie dem harmlosen Eugenius, der sich darin verfing, während der lebenskluge, verständige Sever sich ihnen leicht entzog. Freilich wollte es indessen auch ein günstiger Zufall, daß Sever über das zweideutige Verhältnis des angeblichen Grafen Angelo Mora und seiner Begleitung Kunde aus der Residenz erhielt.
    Beide, der Graf und Fermino, waren nämlich nichts anders, als geheime Emissare des Jesuiten-Ordens, und bekannt ist das Prinzip dieses Ordens, sich überall Anhänger und sichere Agenten zu verschaffen. Eugenius hatte die Aufmerksamkeit des Mönchs nun gewiß zuerst durch seine Kenntnis der spanischen Sprache erregt. Fand nun der Mönch bei näherer Bekanntschaft, daß er es mit einem ganz unerfahrnen harmlosen Jüngling zu tun habe, der noch dazu in ganz gezwungenen, dem Leben widerstreitenden Verhältnissen lebe, so mußte er eben diesen Jüngling für ganz bildungsfähig zu den Zwecken des Ordens achten. Ebenso bekannt ist es ferner, daß der Orden sich der seltsamsten Mystifikationen bediente, um Anhänger zu werben; nichts kettet aber fester als das Verbrechen, und Fermino glaubte daher mit Recht sich des Jünglings nicht besser versichern zu können, als wenn er die schlummernde Leidenschaft der Liebe mit aller Gewalt weckte, die ihn dann führen sollte zur fluchwürdigen Tat.
    Bald, nachdem dies alles geschehen, begann die Professorin immer mehr und mehr zu kränkeln. So wie der verstorbene Helms, entschlummerte sie, da schon Bäume und Gebüsche entlaubt waren, sanft in Gretchens und Eugenius’ Armen. –
    Aber als die Professorin schon zu Grabe getragen, da kam der Gedanke an die gräßliche, fluchwürdige Tat, die er begangen, in Eugenius zurück. Blieb auch diese Tat selbst wirkungslos, so klagte sich doch Eugenius als den Mörder der Mutter an, und sein Inneres zerfleischten die Furien der Hölle.
    Nur dem treuen Freunde Sever gelang es, den Verzweifelnden endlich zur Fassung zu bringen. Er versank in stillen zerstörenden Gram, verließ nicht sein Zimmer, sah niemanden und genoß kaum soviel, als zur Erhaltung nötig.
    Ein paar Wochen waren in der Art verflossen, als eines Tages Gretchen zu ihm hineintrat in Reisekleidern und mit bebender Stimme sprach: »Ich komme, von Ihnen Abschied zu nehmen, lieber Herr Eugenius! – Die Verwandte in dem kleinen Städtchen, drei Meilen von hier, will mich wieder aufnehmen. – Leben Sie –«
    Sie vermochte nicht zu endigen.
    Da wand sich ein ungeheurer Schmerz los aus der Brust des Jünglings, und durch diesen Schmerz leuchtete plötzlich die Naphthaflamme der reinsten Liebe.
    »Gretchen!« rief er, »Gretchen, wenn du mich verlässest, so sterbe ich den qualvollen Tod des verzweifelnden Sünders! – Gretchen – sei mein.« –
    Ach, mit welchem treuen Herzen hatte ihn, ohne es selbst zu ahnen, Gretchen längst geliebt. Halb ohnmächtig vor süßem Bangen, vor himmlischer Wonne, sank die Jungfrau dem Jüngling an die Brust.
    Sever trat hinein und sprach, als er die Seligen erblickte, ernst und feierlich: »Eugenius, du hast den Engel des Lichts gefunden, der dir den Frieden deiner Seele wiedergeben wird, und selig wirst du sein hienieden und dort.« –
    [ Δ ]
Des Vetters Eckfenster
    Meinen armen Vetter trifft gleiches Schicksal mit dem bekannten Scarron. So wie dieser hat mein Vetter durch eine hartnäckige Krankheit den Gebrauch seiner Füße gänzlich verloren, und es tut not, daß er sich, mit Hilfe standhafter Krücken und des nervichten Arms eines grämlichen Invaliden, der nach Belieben den Krankenwärter macht, aus dem Bette in den mit Kissen bepackten Lehnstuhl, und aus dem Lehnstuhl in das Bette schrotet. Aber noch eine Ähnlichkeit trägt mein Vetter mit jenem Franzosen, den eine besondere, aus dem gewöhnlichen Gleise des französischen

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