Werke
euer Sprechen nicht nur abhorchen, sondern auch wirklich nachmachen konnte, ist in Konflikt geraten mit jenen Zauberkünsten der Hexen, und nun laufe ich, prügel-, schuß- und stichfest in der Welt umher wie der ewige Jude; und meine Ruhestätte ist nirgends zu finden. – Es ist eigentlich ein bejammernswürdiges Schicksal, und du fandest mich, da ich eben einem widrigen Herrn entlaufen und den ganzen Tag nichts gegessen, in Betrachtungen über mein Elend vertieft.
Ich . Armer Berganza! – Indem ich dich so näher im Mondschein betrachte, treten in deinem, wiewohl etwas schwärzlichen Gesichte immer mehr Züge einer treuen Biederherzigkeit, eines edlen Sinnes hervor. Selbst dein, übrigens etwas befremdendes, Talent zu sprechen, erregt in mir kein Grauen mehr. – Du bist (ich darf es sagen) ein poetischer Hund, und da ich selbst – du mußt es wissen, da du mich kennst – von allem Poetischen hoch entflammt bin, wie wäre es, wenn du mir deine Freundschaft gönntest, wenn du mit mir kämst?
Berganza . Davon ließe sich reden, allein –
Ich . Kein Fußstoß, noch weniger Prügel. – Alle Tage nebst dem Gewöhnlichen zum Dessert eine wohlzubereitete Bratwurst. – Auch soll dir oft genug eine Kalbskeule süß entgegenduften, und du nicht vergebens auf ein stattliches Stück davon harren.
Berganza . Du merkst, daß dein Vorschlag seine Wirkung nicht verfehlt, da ich nicht unterlassen kann, mit der Nase zu schnuppern, als sei der Braten schon in der Nähe. Allein du hast etwas fallen lassen, was mich, wo nicht ganz abschreckt, doch sehr zweifelhaft macht.
Ich . Nun, Berganza?
Berganza . Du sprachst von poetisch, von entflammt sein –
Ich . Und das sollte dich abschrecken?
Berganza . Ach, mein Freund, laß mich aufrichtig sein! – Ich bin zwar ein Hund, aber euer Vorzug aufrecht zu gehen, Hosen zu tragen und beständig zu schwatzen, wie es euch gefällt, ist nicht so viel wert, als im langen Schweigen den treuen Sinn zu bewahren, der die Natur in ihrer heiligsten Tiefe ergreift und aus dem die wahre Poesie emporkeimt. In einer herrlichen alten Zeit unter dem südlichen Himmel, der seine Strahlen in die Brust der Kreatur wirft, und den Jubelchor der Wesen entzündet, von niedern Eltern geboren, horchte ich dem Gesange der Menschen zu, die man Dichter nannte. Ihr Dichten war ein Trachten aus dem Innersten heraus, diejenigen Laute anzugeben, die die Natur als ihre eignen in jedem Wesen auf tausendfache Weise widertönen läßt. – Der Dichter Gesang war ihr Leben, und sie setzten ihr Leben daran als an das Höchste, das das Schicksal, die Natur ihnen vergönnt hatte zu verkünden.
Ich . Berganza! – ich bewundere es, daß du eines gewissen poetischen Ausdrucks so mächtig bist.
Berganza . Mein Freund! – ich sage dir, schon in meinen guten Jahren lebte ich viel und gern bei Dichtern. Die Brotrinden, die mir jener arme Student, herzlich mit mir die karge Nahrung teilend, gab, schmeckten mir besser, als manches Stück Braten, von dem feilen Bedienten mir verächtlich hingeworfen. – Damals glühte noch in der Brust der Berufenen das innige, heilige Bestreben, das im Innersten Empfundene in herrlichen Worten auszusprechen, und selbst die, welche nicht berufen waren, hatten Glauben und Andacht; sie ehrten die Dichter wie Propheten, die von einer herrlichen unbekannten Welt voll glänzenden Reichtums weissagten, und wähnten nicht, auch unberufen selbst in das Heiligtum treten zu dürfen, von dem ihnen die Poesie die ferne Kunde gab. Nun ist aber alles anders geworden. – Hat der reiche Bürgersmann, der Herr Professor, der Herr Major ein Nest voll Kinder, so muß Hänschen und Friedrich und Peter singen und spielen und malen und Verse deklamieren, ohne Rücksicht, ob der Geist auch nur im mindesten vermag, dergleichen zu ertragen. – Es gehört zur sogenannten guten Erziehung, und nachher glaubt ein jeder mitschwatzen und den Dichter, den Künstler in seinem innersten Tun und Treiben durchschauen und nach seinem Maße messen zu können. – Kann der Künstler tiefer gekränkt werden, als wenn der Pöbel ihn für seinesgleichen hält? – und doch geschieht dies alle Tage. Wie oft hat es mich angeekelt, wenn so ein stumpfsinniger Bursche von der Kunst schwatzte, den Goethe zitierte und sich bemühte, einen Geist der Poesie hervorleuchten zu lassen, von dem ein einziger Blitz ihn, den saft – und kraftlosen Schwächling, zermalmt haben würde. Vorzüglich – nimm es nicht übel, Freund, wenn du etwa
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