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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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bewies sehr künstlich, was Cäcilien noch alles fehle, um eine mimische Künstlerin zu sein, welches dem Philosophen die leise boshafte Bemerkung ablockte, daß Cäcilien doch durchaus nicht geholfen sein würde, wenn Madame ihr das, was sie zur mimischen Künstlerin zu viel habe, abgebe. Madame beschloß damit, daß Privatstudien sowie der Unterricht in der Naturphilosophie es nötig machten, ihre mimischen Darstellungen vorderhand einzustellen. Diese im höchsten Unmut gegebene Erklärung sowie der Tod eines Verwandten änderten überhaupt die ganze Einrichtung des Hauses. – Dieser Alte war eine der possierlichsten Erscheinungen, die mir jemals vorgekommen.
    Ich . Wie das?
    Berganza . Er war von vornehmen Eltern geboren; und weil er etwas mit dem Bleistift kritzeln und auf der Violine schaben konnte, hatten sie ihm in jüngern Jahren eingebildet, er verstehe etwas von der Kunst. Das hatte er endlich geglaubt und nun so lange von sich selbst keck behauptet, bis es auch andere glaubten und ihm eine gewisse Geschmacks- Tyrannei, die er sich in seiner guten Zeit anmaßte, willig einräumten. Das konnte nun, da man nur zu bald seine Schwächlichkeit einsah, nicht lange dauern. Indessen datierte er von dieser Zeit seines höchsten eingebildeten Glanzes die kurze Periode des goldnen Zeitalters der Kunst und schimpfte ziemlich grob auf alles, was nachher ohne sein Zutun und, ohne die ihm eingeprägten Ammenregeln der Profession zu beachten, gefertigt worden. Der Mann war im Umgange, wie seine Periode, mittelmäßig und langweilig, aber in seinen künstlerischen Versuchen, die er noch nicht ganz aufgeben konnte und die natürlicherweise höchst betrübt ausfielen, ebenso ergötzlich als in seinem komischen Eifer gegen alles, was über seinen kleinen Duodez-Horizont hinausragte. – Kurz, als der Mann, der mit seinen schiefen Kunstansichten bei seinem noch immer großen Einfluß viel Schaden hätte anrichten können, endlich glücklicherweise starb, befand er sich gerade im sechsten Alter.
    Ich . Ganz recht: Das sechste Alter
    Macht den besockten hagern Pantalon,
    Brill’ auf der Nase, Beutel an der Seite;
    Die jugendliche Hose wohl geschont,
    ’Ne Welt zu weit für die verschrumpften Lenden;
    Die tiefe Männerstimme, umgewandelt
    Zum kindischen Diskante, pfeift und quäkt
    In seinem Ton!
    Berganza . Du hast deinen Shakespeare wacker auf der Zunge! – Genug, der komische Alte, der nicht unterließ, alles höchlich zu bewundern, was meine Dame unternahm, war nun tot, und die Zirkel auf einige Zeit gestört, bis der Sohn eines Hausfreundes von der Akademie zurückkam und eine Anstellung erhielt, da wurde das Haus meiner Dame wieder lebendiger.
    Ich . Wie geschah das?
    Berganza . Kurz und gut, Cäcilia wurde an Monsieur George (so nannte ihn der schwindsüchtige Papa, dessen Bild mit Wasser in Wasser gemalt noch zu kräftig werden würde) verheiratet, und die Hochzeitsnacht führte die unglückliche Katastrophe herbei, welche mich herbrachte.
    Ich . Was? Cäcilia verheiratet? – und wie ging es mit den Galanterien des Dichters und des Musikers?
    Berganza . Könnten Lieder töten, so wäre George gewiß nicht am Leben geblieben. – Madame hatte seine Ankunft mit vielem Pomp verkündigt, und das war nötig, um ihn vor dem lauten Spott zu sichern, den sonst sein linkisches Betragen, seine bis zum Ekel wiederholten Erzählungen nichtsbedeutender Dinge hervorgebracht haben würden. – Er hatte sichtlich früh an dem Übel gelitten, das den armen Campuzano in das Hospital der Auferstehung brachte; das sowie vielleicht noch andere Jugendsünden, mochte auf seinen Verstand gewirkt haben. Seine ganze Phantasie drehte sich um die Begebenheiten seiner akademischen Jahre, und zur Würze dienten ihm, war er unter Männern, die niedrigsten Zoten, wie ich sie kaum in den Wachstuben und gemeinen Schenken gehört habe, welche er mit sichtlichem Behagen und großer Freude nicht aufhören konnte zu erzählen. Waren Damen zugegen, so rief er diesen oder jenen in die Ecke des Zimmers und machte durch ein schallendes Gelächter bei dem Schlusse der Erzählung der Gesellschaft bemerkbar, daß das wieder ein ganz verfluchter Spaß gewesen sei. Du kannst denken, lieber Freund, daß dieser unsaubre Geist unter den höher Gesinnten des Zirkels einigen Abscheu und Ekel erregen mußte.
    Ich . Aber Cäcilia, die kindliche reine Cäcilia, wie konnte sie nur einen solchen verworfenen Menschen –?
    Berganza. O mein Freund, den künstlichen Schlingen

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