Werke
Theater?
Berganza . Du weißt ja, daß das eine alte Neigung von mir ist.
Ich . Ja! ich erinnere mich, daß du schon deine Heldentaten auf dem Theater deinem Freunde Szipio erzähltest; also setzest du diese jetzt von neuem fort?
Berganza . Mit nichten; ich bin jetzt, so wie unsere Theaterhelden, ganz zahm, in gewisser Art konversationsmäßig geworden. Statt daß ich sonst als des Ritters wackre Dogge den Feind zu Boden warf oder den Drachen in den Wampen packte, tanze ich jetzt nach Taminos Flöte und erschrecke den Papageno. Ach, mein Freund, es kostet einem ehrlichen Hunde viel Mühe, sich so durch die Welt zu hantieren. Aber sage mir, wie hat dir die Geschichte der Hochzeitnacht gefallen?
Ich . Aufrichtig gesagt, lieber Berganza, scheinst du mir die Sache zu schwarz gesehen zu haben. Cäcilia mochte von der Natur auf die seltenste Weise zur Künstlerin ausgestattet gewesen sein, ich geb’ es zu –
Berganza . Zur Künstlerin ausgestattet? – Ha, Freund! Hättest du nur drei Töne von ihr gehört, du würdest sagen, die Natur habe den geheimnisvollsten Zauber des heiligen Tons, der die Wesen entzückt, in ihr Innres gelegt! – O Johannes, Johannes! das waren ja oft deine Worte. Doch weiter mit deinem Einwurf, mein poetischer Freund!
Ich . Nicht empfindlich, Berganza. – Ich meine ferner, es sei möglich, daß der Georg eigentlich eine Bestie war (verzeih mir den Ausdruck!). Konnte nun aber Cäciliens Gemüt die Bestie nicht entbestialisieren, und er wie mancher junge Lüstling nicht ein ganz ordentlicher ehrenfester Ehemann, sie aber eine biedere Hausfrau werden? und dann wäre doch immer ein sehr guter Zweck erreicht.
Berganza . O ja, indessen höre recht aufmerksam an, was ich dir jetzt sagen werde. – Es besitzt jemand ein Stück Land, das die Natur mit ganz besonderem Wohlgefallen im Schoße der Erde mit allerlei wunderbaren farbigen Schichten und metallischen Ölen, vom Himmel herab aber mit duftigen Dünsten und feurigen Strahlen nährte, daß die schönsten Blumen ihre bunten glänzenden Häupter über das gesegnete Land erheben, und ihre mannigfaltigen Wohlgerüche, wie in einem jubelnden Choral zum Himmel aufatmend, die gütige Natur preisen. Nun will er das herrliche Stückchen Erde verkaufen, und es fänden sich auch wohl viele, die die holden Blumen lieben, hegen und pflegen würden; aber er selbst denkt: »Blumen sind nur zum Putz, und ihr Duft ist eitel,« und schlägt das Land an einen los, der die Blumen ausrupft und dafür tüchtiges Gemüse, Kartoffeln und Rüben anpflanzte, das nun zwar nützlich ist, weil man satt davon werden kann, aber die holden duftenden Blumen sind untergegangen auf immer. – Was würdest du zu diesem Besitzer, zu diesem Gemüsegärtner sagen?
Ich . O daß der Teufel den verfluchten Gemüsegärtner tausendmal mit seinen Krallen zerrisse!
Berganza . Recht so, mein Freund! Nun sind wir einig, und so ist mein Grimm in der verrufenen Hochzeitsnacht, die mir ewig unvergeßlich bleiben wird, hinlänglich entschuldigt!
Ich . Höre, lieber Berganza! Du hast da erst eine Materie berührt, die mich nur zu sehr interessiert, – das Theater! –
Berganza . Vom Theater überhaupt nur zu reden, ekelt mich über alle Maßen an: es ist eine der abgedroschensten Materien seit der Zeit, daß Theaternachrichten in allen nur möglichen Zeitschriften stehende Artikel geworden sind, und jeder, der auch mit dem ungeübtesten Blick, ohne alle Vorkenntnisse hineinguckt, sich berufen fühlt, darüber hin und her zu schwatzen.
Ich . Aber da du selbst soviel poetischen Sinn zeigst, ja selbst des poetischen Ausdrucks mächtig bist, so daß, da du deine Pfote schwerlich jemals wirst zum Schreiben brauchen können, ich immer deinen Schreiber machen und jedes deiner Worte aufschreiben möchte, so oft dir der Himmel zu sprechen vergönnt; sage mir, ist wohl die Absicht unserer neuen Dichter, das Theater wieder aus dem Schlamme zu ziehen, in den es bisher versunken, zu verkennen? – Wieviel herrliche Bühnenwerke sind in der neuesten Zeit entstanden, und –
Berganza . Halt, lieber Freund! dies Bestreben, endlich einmal die Bühne auf den ihr gebührenden hohen poetischen Standpunkt zu erheben und sie aus dem Schlamme der Gemeinheit zu retten, verdient die rege Teilnahme und das aufmunternde Lob aller wahrhaft poetisch Gesinnten; allein außerdem, daß sich noch eine ganze Masse Menschen, die den Pöbel auf ihrer Seite hat oder vielmehr selbst der Pöbel ist, einerlei, ob er aus der
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