Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)
auch?«
»Ja.«
»›Ja‹! Kannst du nicht sagen: ›Jawohl, Herr‹? Frage nach dem Sekretär Wachramejew und sage ihm: ›So und so, mein Herr läßt sich Ihnen empfehlen und bittet Sie ganz ergebenst, in dem Adressenverzeichnis unserer Behörde nachzusehen, wo der Titularrat Goljadkin wohnt.‹«
Petruschka schwieg, und es kam Herrn Goljadkin so vor, als ob er lächelte.
»Na, also erkundige dich bei ihm nach der Adresse und bringe in Erfahrung, wo der neueingetretene Beamte Goljadkin wohnt!«
»Sehr wohl.«
»Frage nach der Adresse und bestelle dann diesen Brief an die Adresse; verstehst du?«
»Ja.»
»Wenn du da bist ... nämlich da, wo du den Brief hinträgst, dann wird der Herr, dem du diesen Brief abgibst, also Herr Goljadkin ... Was lachst du denn, du Tölpel?«
»Worüber sollte ich lachen? Was geht's mich an? Ich kümmere mich um nichts. Unsereiner hat nichts zu lachen ...«
»Na also, wenn der Herr dich fragen sollte, wie es deinem Herrn geht, wie er sich befindet, und so weiter ... na, irgend so etwas wird er dich wohl fragen, – dann schweige du und antworte: ›Meinem Herrn geht es ganz gut, und er läßt Sie um eine eigenhändige Antwort bitten.‹ Verstehst du?«
»Jawohl, Herr!«
»Na also, sage: ›Meinem Herrn geht es ganz gut, und er ist gesund, und er wird gleich einer Einladung Folge leisten; aber Sie läßt er um eine briefliche Antwort bitten.‹ Verstehst du?«
»Ja.«
»Na, dann geh!«
»Nein, was hat man mit diesem Dummkopf für Mühe! Er lacht sich was; weiter kann er nichts. Worüber lacht er denn? Was habe ich mit ihm schon für Ärger erlebt! Übrigens wird es sich vielleicht noch gut gestalten ... Dieser Schurke wird sich jetzt gewiß ein paar Stunden lang herumtreiben und irgendwohin verschwinden ... Man kann ihn nirgends hinschicken. Ist das ein Elend! ... Dieses Elend ist doch gar zu arg geworden!«
So von dem Gefühle seines Unglücks ganz erfüllt, entschloß sich unser Held, sich in Erwartung der Rückkehr Petruschkas zwei Stunden lang passiv zu verhalten. Etwa eine Stunde lang ging er im Zimmer auf und ab und rauchte; dann warf er die Pfeife beiseite und setzte sich mit einem Buche hin; dann legte er sich auf das Sofa; dann griff er wieder zur Pfeife; dann fing er wieder an im Zimmer hin und her zu laufen. Er wollte nachdenken; aber über irgend etwas nachzudenken war er schlechterdings außerstande. Schließlich stieg die Pein dieses seines passiven Zustandes bis zum äußersten Grade, und Herr Goljadkin entschloß sich, lieber etwas Bestimmtes zu tun. »Petruschka wird erst nach einer Stunde zurückkommen,« dachte er; »ich kann den Schlüssel dem Hausknecht geben und selbst unterdessen, hm, hm ... ich will die Sache untersuchen, will meinerseits die Sache untersuchen.« Ohne Zeit zu verlieren, ergriff Herr Goljadkin, der es eilig hatte, die Sache zu untersuchen, seinen Hut, verließ das Zimmer, schloß die Wohnung zu, ging zum Hausknecht heran, händigte ihm den Schlüssel nebst einem Zehnkopekenstück ein (Herr Goljadkin war außerordentlich freigebig geworden) und machte sich auf den Weg dahin, wohin er sich zu begeben vorhatte. Herr Goljadkin ging zu Fuß, zuerst nach der Ismailowski-Brücke. Dieser Weg dauerte ungefähr eine halbe Stunde. Als er zum Ziele seiner Wanderung gelangt war, ging er geradezu auf den Hof des ihm wohlbekannten Hauses und sah zu den Fenstern der Wohnung des Staatsrates Berendejew hinauf. Außer drei Fenstern, die mit roten Vorhängen verhängt waren, waren alle übrigen dunkel. »Olsufi Iwanowitsch hat heute gewiß keine Gäste,« dachte Herr Goljadkin; »sie sitzen gewiß jetzt alle allein zu Hause.« Nachdem er einige Zeit auf dem Hofe gestanden hatte, war unser Held schon im Begriffe, sich zu etwas zu entschließen. Aber es war seinem Entschlusse anscheinend nicht beschieden, zustande zu kommen. Herr Goljadkin wurde anderen Sinnes, machte eine resignierende Handbewegung und ging wieder zurück auf die Straße. »Nein, ich hätte nicht hierher gehen sollen. Was kann ich denn hier tun? ... Ich will jetzt lieber ... hm ... und die Sache in eigener Person untersuchen.« Nachdem Herr Goljadkin diesen Entschluß gefaßt hatte, machte er sich auf den Weg nach seinem Bureau. Der Weg war nicht nah, und überdies war ein furchtbarer Schmutz, und feuchter Schnee fiel in ganz dicken Flocken. Aber für unsern Helden schien es jetzt keine Hindernisse zu geben. Er wurde allerdings ganz durchnäßt und gehörig schmutzig; aber er sagte
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