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Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
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daß auch an den Wimpern der dicht daneben stehenden Klara Olsufjewna ein Tränchen glitzerte, daß mit Wladimir Semjonowitschs Augen etwas Ähnliches vorging, daß sogar Andrei Filippowitschs unerschütterliche, ruhige Würde sich von der allgemeinen, tränenreichen Anteilnahme nicht ausschloß, und daß endlich jener Jüngling, von dem wir früher einmal gesagt haben, daß er große Ähnlichkeit mit einem würdigen Rate hatte, den gegenwärtigen Augenblick schon dazu benutzte, bitterlich zu schluchzen ... Oder kam das vielleicht Herrn Goljadkin alles nur so vor, weil er selbst ausgiebig weinte und deutlich fühlte, wie ihm die heißen Tränen über die kalten Backen liefen? ... Schluchzend, mit den Menschen und dem Schicksal ausgesöhnt und im gegenwärtigen Augenblicke von Liebe erfüllt nicht nur zu Olsufi Iwanowitsch und allen Gästen zusammen, sondern sogar zu seinem so unheilbringenden Zwillingsbruder, der jetzt überhaupt nicht unheilbringend und nicht einmal wie Herrn Goljadkins Zwillingsbruder aussah, sondern wie ein ganz unbeteiligter und äußerst liebenswürdiger Mensch, wollte sich unser Held zu Olsufi Iwanowitsch wenden und ihm in rührender Weise sein Herz ausschütten; aber die Fülle der Gefühle, die sich in seinem Herzen angesammelt hatten, war zu groß: er konnte kein Wort herausbringen, sondern zeigte nur mit einer sehr ausdrucksvollen Handbewegung schweigend auf sein Herz ... Endlich führte Andrei Filippowitsch, wahrscheinlich um dem grauhaarigen alten Manne eine allzu große Aufregung zu ersparen, Herrn Goljadkin ein wenig beiseite und überließ ihn dort anscheinend völlig sich selbst. Lächelnd und etwas vor sich hinmurmelnd, ein wenig erstaunt, aber jedenfalls mit den Menschen und dem Schicksal fast ganz ausgesöhnt, begann unser Held in irgendwelcher Richtung sich durch die dichte Masse der Gäste fortzubewegen. Alle machten ihm Platz; alle sahen ihn mit einer sonderbaren Neugier und einer unerklärlichen, rätselhaften Teilnahme an. Unser Held ging in ein anderes Zimmer: überall wandte sich ihm dieselbe Aufmerksamkeit zu; er nahm undeutlich wahr, wie ein ganzer Schwarm sich hinter ihm her drängte, wie sie jeden seiner Schritte beobachteten, wie sie alle leise untereinander über irgendwelchen sehr interessanten Gegenstand sprachen, die Köpfe schüttelten und flüsternd disputierten. Herr Goljadkin hätte gern gewußt, worüber sie da stritten und flüsterten. Sich umblickend, bemerkte unser Held neben sich Herrn Goljadkin den jüngeren. Er fühlte sich gedrungen, ihn an der Hand zu fassen und beiseite zu führen, und bat hier den andern Jakow Petrowitsch inständig, ihm bei allen seinen künftigen Unternehmungen behilflich zu sein und ihn in kritischen Lagen nicht im Stich zu lassen. Herr Goljadkin der jüngere nickte würdevoll mit dem Kopfe und drückte Herrn Goljadkin dem älteren warm die Hand. Unserem Helden zitterte das Herz in der Brust von dem Überschwang seiner Gefühle. Er konnte kaum Atem holen; er hatte die Empfindung, daß ihn etwas furchtbar beengte, daß alle diese auf ihn gerichteten Augen ihn gewissermaßen niederdrückten und erstickten ... Herr Goljadkin sah im Vorbeigehen jenen Rat, der eine Perücke auf dem Kopfe trug. Der Rat schaute ihn mit einem ernsten, prüfenden Blick an, der sich durch die allgemeine Teilnahme nicht hatte milder stimmen lassen ... Unser Held faßte schon den Entschluß, gerade auf ihn zu zu gehen, um ihn anzulächeln und sich unverzüglich mit ihm auszusprechen; aber dieser Vorsatz kam nicht zur Ausführung. Für einen Augenblick vergaß Herr Goljadkin sich selbst und alles andere fast vollständig; er verlor sowohl das Gedächtnis als auch die Empfindung ... Als er wieder zu sich kam, bemerkte er, daß er sich in einem weiten Kreise der ihn umgebenden Gäste herumdrehte. Auf einmal wurde Herr Goljadkin von dem andern Zimmer aus gerufen; dieser Ruf pflanzte sich schnell durch die ganze Menge fort. Alle gerieten in Aufregung, alle begannen geräuschvoll zu reden, alle stürzten zu der Tür hin, die in den ersten Saal führte; unsern Helden trugen sie beinah auf den Händen ebendorthin, wobei der hartherzige Rat mit der Perücke zufällig Seite an Seite mit Herrn Goljadkin ging. Endlich ergriff er ihn bei der Hand und veranlaßte ihn, sich neben ihn zu setzen, dem Sitze Olsufi Iwanowitschs gegenüber, jedoch in ziemlich beträchtlicher Entfernung von demselben. Alle, die in den Zimmern anwesend waren, setzten sich in mehreren Reihen um

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