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Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
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wirklich wahr?«
    »Ja. Wenn mein Arm zittert, so kommt es nur daher, weil er noch niemals von einer so hübschen kleinen Hand umfaßt wurde, wie von der Ihrigen. Ich habe gänzlich verlernt, mit Damen zu sprechen. Das heißt: ich habe es auch niemals gekonnt. Ich bin ja ganz einsam ... Ich weiß sogar nicht, wie ich zu Ihnen sprechen soll. Ich weiß im Augenblick auch nicht, ob ich nicht soeben eine Dummheit gesagt habe? Sagen Sie es mir, bitte, geradeaus: ich bin nicht im mindesten empfindlich ...«
    »Nein, nein, ganz im Gegenteil. Und wenn Sie schon verlangen, daß ich aufrichtig sprechen soll, so will ich Ihnen sagen, daß uns Frauen diese Schüchternheit gut gefällt. Und wenn Sie noch mehr wissen wollen: sie gefällt auch mir, und ich will Sie nicht von mir jagen, bis ich vor meinem Hause angelangt bin.«
    »Sie werden damit erreichen,« begann ich, vor Entzücken kaum atmend, »daß ich meine Schüchternheit aufgebe und somit auch meine einzige Waffe aus der Hand lege ...«
    »Waffe? Was für eine Waffe und zu welchem Zweck? Das gefällt mir schon gar nicht.«
    »Verzeihen Sie! Ich tu's nicht wieder, es kam mir so ganz unwillkürlich von den Lippen. Wie können Sie auch erwarten, daß ich in einem solchen Augenblick gar keinen Wunsch habe ...«
    »Den Wunsch, mir zu gefallen, nicht wahr?«
    »Ja, ja ... Seien Sie doch um Himmels willen gut zu mir! Vergessen Sie nicht, mit wem Sie es zu tun haben: ich bin ja schon sechsundzwanzig Jahre alt und habe noch gar keine Bekanntschaften. Wie kann ich da vernünftig, gewandt und klug sprechen? Es ist auch für Sie vorteilhafter, wenn ich ganz offen spreche ... Ich kann nicht schweigen, wenn mein Herz aus mir spricht. Nun, es ist ja gleich ... Glauben Sie mir: ich hatte noch niemals eine Frau in meiner Nähe, niemals, niemals ... Keine einzige Bekanntschaft! Und ich sehnte mich tagtäglich nur danach, endlich einmal jemandem zu begegnen. O, wenn Sie wüßten, wie oft ich schon auf diese Weise verliebt gewesen bin! ...«
    »Wieso? ... Und in wen?«
    »In niemand bestimmten, in ein Ideal, in die, die ich gerade im Traum sah. In meinen Gedanken spinne ich ganze Romane aus ... O, Sie kennen mich noch nicht! Natürlich habe ich ja auch zwei oder drei Frauen gekannt: wie wäre es auch anders möglich! Doch was waren das für Frauen? Lauter sogenannte gute Hausfrauen ... Sie werden sicher lachen: ich will Ihnen gestehen, daß mir schon einigemal der Gedanke kam, irgendeine aristokratische Dame auf der Straße, natürlich wenn sie allein ist, anzusprechen, selbstverständlich ganz nüchtern, ehrerbietig und leidenschaftlich; ihr zu sagen, daß ich in meiner Einsamkeit zugrunde gehe, daß sie mich nicht von sich jagen solle, daß ich kein anderes Mittel wüßte, ein weibliches Wesen kennen zu lernen; sie davon zu überzeugen, daß es auch ihre Pflicht als Frau sei, dem schüchternen Flehen eines so unglücklichen Menschen wie ich Gehör zu leihen, und daß ich von ihr nichts mehr verlange, als daß sie mir zwei oder drei schwesterlich mitfühlende Worte sage, mich nicht gleich beim ersten Schritt abweise, mir unbedingten Glauben schenke, mich anhöre, – wenn sie will, kann sie ja über mich auch ein wenig lachen, – daß sie mich ermutige und mir zwei Worte, nur zwei Worte sage; dann – können wir ja auch für immer aus einandergehen! ... Doch Sie lachen ... Ich spreche ja, übrigens, auch nur dazu ...«
    »Seien Sie mir nicht böse! Ich lache nur darüber, daß Sie sich selbst unbedingt schaden wollen; denn hätten Sie den Versuch, von dem Sie eben sprachen, gemacht, so wäre er Ihnen sicher gelungen, selbst wenn Sie ihn wirklich auf der Straße unternommen hätten; je einfacher, desto besser ... Keine einzige Frau, – wenn sie nur nicht schlecht oder dumm ist, oder sich im Augenblick über etwas ärgert, – brächte es übers Herz, Sie ohne die zwei oder drei Worte, um die Sie so demütig flehen, gehen zu lassen ... Was spreche ich übrigens? Natürlich würde Sie eine jede für verrückt halten. Ich sprach ja eben nur von mir selbst. Denn ich weiß, was das Leben bedeutet.«
    »Haben Sie Dank!« rief ich aus: »Sie wissen selbst nicht, was Sie für mich getan haben!«
    »Gut, gut. Doch sagen Sie mir, wieso Sie es erkannt haben, daß ich eine Frau bin, mit der Sie ... nun, die Sie Ihrer Aufmerksamkeit und Freundschaft für würdig halten? ... Kurz – daß ich keine Hausfrau bin, wie Sie es nennen. Warum entschlossen Sie sich, mich anzusprechen?«
    »Warum? Warum? Sie

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