Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)
...«
»Nun?«
»Ich habe mich verlobt!«
Arkadij Iwanowitsch sagte kein Wort. Er nahm Wassja, der durchaus nicht klein, sondern recht lang, nur etwas mager war, auf die Arme und begann ihn mit großem Geschick auf- und abzutragen und wie ein Kind zu wiegen.
»Gleich werde ich dich, du Bräutigam, wie einen Säugling einwickeln!« sagte er dabei. Als er aber sah, daß Wassja ganz regungslos und stumm in seinen Armen lag, besann er sich und merkte, daß er in seinem Scherze doch zu weit gegangen war; er stellte seinen Freund mitten im Zimmer hin und drückte ihm einen durchaus herzlichen und freundschaftlichen Kuß auf die Backe.
»Wassja, du bist doch nicht böse?«
»Hör einmal, Arkascha ...«
»Nun, vergibs mir des Sylvesters wegen!«
»Ich bin ja nicht böse; warum bist du aber so verrückt und ausgelassen? Wie oft hab ichs dir schon gesagt: das ist gar nicht witzig, bei Gott, gar nicht witzig!«
»Also böse bist du mir nicht?«
»Nein ... Auf wen bin ich je böse?! Doch du hast mich gekränkt, verstehst du das?!«
»Gekränkt? Auf welche Weise?«
»Ich bin zu dir gekommen wie zu einem Freund, mit vollem Herzen, um dir meine Seele auszuschütten und von meinem Glück zu erzählen ...«
»Von was für einem Glück? Warum sagst du das nicht gleich?«
»Ich heirate doch!« antwortete Wassja geärgert; er war wirklich etwas wütend.
»Du? Du heiratest? Ist es dein Ernst?« schrie Arkascha wie besessen. »Nein, nein, was ist denn das? Er spricht wirklich so sonderbar und weint sogar! ... Wassja, Wassjuk, mein Söhnchen, beruhige dich doch! Ist es auch wirklich wahr?« Und Arkadij Iwanowitsch schloß ihn wieder in seine Arme.
»Verstehst du denn meine Aufregung noch nicht? Du bist ja ein guter Freund, ich weiß es. Ich komme zu dir mit solcher Freude, mit solcher Begeisterung in der Seele und muß dir diese meine Herzensfreude, ganz würdelos quer über dem Bette liegend, eröffnen ... Du verstehst doch, Arkascha,« setzte er halb lachend hinzu, »daß es eine durchaus komische Situation war; ich bin aber in diesem Augenblick gewissermaßen nicht bei Sinnen. Ich konnte meine Angelegenheit nicht so erniedrigen. Hättest du mich zum Beispiel nach ihrem Namen gefragt, ich schwöre dir: du hättest mich morden können, aber den Namen hättest du von mir nicht erfahren!«
»Warum hast du es nicht früher gesagt, Wassja? Hättest du mir das alles früher gesagt, so würde ich nicht so spaßen!« rief Arkadij Iwanowitsch in aufrichtiger Verzweiflung.
»Nun, laß es gut sein, genug! Ich sage es ja nur so ... Du weißt selbst, warum ich so bin: ich habe eben ein gutes Herz. Nun ärgere ich mich darüber, daß es mir nicht gelungen ist, die Sache dir so gut und schön zu erzählen, wie ich es wollte, dich zu erfreuen, dir ein Vergnügen zu machen, dich einzuweihen ... Im Ernst, Arkascha, ich liebe dich so sehr, daß ich, wenn ich dich nicht hätte, wohl überhaupt nicht heiraten würde und auf dieser Welt nicht leben wollte.«
Arkadij Iwanowitsch, der sehr empfindsam war, weinte und lachte zugleich, während Wassja dies sprach. Wassja tat dasselbe. Sie fielen sich schließlich wieder in die Arme und vergaßen den ganzen Vorfall.
»Wie ist es nun geschehen? Erzähle mir alles, Wassja! Du mußt mich entschuldigen, mein Lieber: ich bin so erschüttert, wie vom Blitz getroffen, bei Gott! Das kann ja nicht sein, mein Lieber, du hast doch das Ganze erfunden, bei Gott, du hast es erlogen!« schrie Arkadij Iwanowitsch auf und blickte mit aufrichtigem Mißtrauen Wassja an; als er aber in dessen Gesicht eine glänzende Bestätigung seiner bestimmten Absicht, so schnell als möglich zu heiraten, wahrnahm, warf er sich aufs Bett und begann vor lauter Entzücken Purzelbäume zu schießen, so daß die Wände erzitterten.
»Wassja, setz dich her!« rief er schließlich, und setzte sich auch selbst hin.
»Ja, mein Lieber, ich weiß wirklich nicht, womit ich beginnen soll!«
Beide blickten einander in freudiger Erregung an.
»Wer ist sie, Wassja?«
»Die Artemjewa! ...« versetzte Wassja mit vor Glück gedämpfter Stimme.
»Ist's wahr?«
»Ich hab dir ja schon genug von der Familie erzählt, und du hast gar nichts gemerkt. Es fiel mir wirklich schwer, es vor dir zu verheimlichen; ich hatte solche Angst, davon zu sprechen! Ich fürchtete, das Ganze würde auseinandergehen, ich bin aber verliebt, Arkascha! Ach, mein Gott, mein Gott! Denk dir nur: die Sache war so,« begann er, jeden Augenblick vor Erregung stockend:
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