Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)
ein Roman von Paul de Kock von Hand zu Hand, nur werden Sie diesen Paul de Kock nicht in die Fingerchen bekommen, mein Kind … Nein,nein, Gott behüte! Solch ein Paul de Kock ist nichts für Sie, Warinka. Man sagt von ihm, daß er bei allen anständigen Petersburger Kritikern ehrliche Entrüstung hervorgerufen habe.
Ich sende Ihnen noch ein Pfündchen Konfekt – habe es speziell für Sie gekauft. Und hören Sie, mein Herzchen, bei jedem Konfektchen denken Sie an mich. Nur dürfen Sie die Bonbons nicht gleich zerbeißen! Lutschen Sie sie nur so, sonst könnten Ihnen noch die Zähnchen nachher wehtun. Aber vielleicht lieben Sie auch Schokolade? Dann schreiben Sie nur!
Nun, leben Sie wohl, leben Sie wohl. Christus sei mit Ihnen, mein Täubchen. Ich aber verbleibe nach wie vor
Ihr treuester Freund
Makar Djewuschkin.
27. Juni.
Lieber Makar Alexejewitsch!
Fedora sagt, sie kenne Leute, die mir in meiner Lage herzlich gern helfen und, wenn ich nur wolle, eine sehr gute Stelle als Gouvernante in einem Hause verschaffen würden. Was meinen Sie, mein Freund, soll ich darauf eingehen? Ich würde Ihnen dann nicht mehr zur Last fallen – und die Stelle scheint gut zu sein. Aber anderseits – der Gedanke ist doch etwas beängstigend, in einem fremden Hause dienen zu müssen. Es soll eine Gutsbesitzersfamilie sein. Da werden sie über mich Erkundigungen einziehen, werden mich ausfragen, was soll ich ihnen dann sagen? Und überdies bin ich so menschenscheu und liebe die Einsamkeit. Amliebsten lebe ich dort, wo ich mich einmal eingelebt habe. Es ist nun einmal gemütlicher und trauter in dem Winkel, an den man sich schon gewöhnt hat, – und wenn man vielleicht auch in Sorgen dort lebt, es ist dennoch besser. Außerdem müßte ich da noch reisen, und Gott weiß, was sie alles von mir verlangen werden: vielleicht lassen sie mich einfach die Kinder warten! Und was mögen das für Leute sein, wenn sie jetzt binnen zwei Jahren schon zum dritten Male die Gouvernante wechseln? Raten Sie mir, Makar Alexejewitsch, um Gottes willen, soll ich darauf eingehen oder soll ich nicht?
Weshalb kommen Sie jetzt gar nicht mehr zu uns? Sie zeigen sich so selten! Außer Sonntags in der Kirche sehen wir uns ja fast überhaupt nicht mehr. Wie menschenscheu Sie doch sind! Sie sind ganz wie ich! Aber wir sind ja auch so gut wie verwandt. Oder lieben Sie mich nicht mehr, Makar Alexejewitsch? Ich bin, wenn ich mich allein weiß, oft sehr traurig. Zuweilen, namentlich in der Dämmerung, sitzt man ganz mutterseelenallein: Fedora ist fortgegangen, um irgend etwas zu besorgen, und da sitzt man denn und denkt und denkt – man erinnert sich an alles was einst gewesen ist, an Frohes und Trauriges, alles zieht wie ein Nebel an einem vorüber. Bekannte Gesichter tauchen wieder vor meinen Augen auf (ich glaube sie fast schon im Wachen zu sehen, wie man sonst nur im Traum etwas sieht), – doch am häufigsten sehe ich Mama … Und was für Träume ich habe! Ich fühle es, daß meine Gesundheit untergraben ist. Ich bin so schwach. Als ich heute morgen aufstand, wurde mir übel, und zumUeberfluß habe ich auch noch diesen schlimmen Husten! Ich fühle, ich weiß, daß ich bald sterben werde. Wer wird mich wohl beerdigen? Wer wird wohl meinem Sarge folgen? Wer wird um mich trauern?… Und da müßte ich vielleicht an einem fremden Ort, in einem fremden Hause, bei fremden Menschen sterben!… Mein Gott, wie traurig ist es, zu leben, Makar Alexejewitsch!
Lieber Freund, warum schicken Sie mir immer Konfekt? Ich begreife wirklich nicht, woher Sie soviel Geld nehmen. Ach, mein guter Freund, sparen Sie doch das Geld, um Gottes willen, sparen Sie es! Fedora hat einen Käufer gefunden für den Teppich, den ich genäht habe. Man will für ihn fünfzehn Rubel geben. Das wäre sehr gut bezahlt: ich dachte, man würde weniger geben. Fedora wird drei Rubel bekommen, und für mich werde ich einen Stoff zu einem einfachen Kleide kaufen, irgendeinen billigeren und wärmeren Kleiderstoff. Für Sie aber werde ich eine Weste machen, ein schöne Weste: ich werde guten Stoff dazu aussuchen und sie selbst nähen.
Fedora hat mir ein Buch verschafft – Bjelkins Erzählungen –, das ich Ihnen hiermit zusende, damit auch Sie es lesen. Nur, bitte, schonen Sie es und behalten Sie es nicht zu lange: es gehört nicht mir. Es ist ein Werk von Puschkin. Vor zwei Jahren las ich es mit Mama – da hat es denn in mir traurige Erinnerungen wachgerufen, als ich es jetzt zum zweiten Male
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