Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)
las. Sollten Sie irgendein Buch haben, so schicken Sie es mir, – aber nur in dem Fall, wenn Sie es nicht von Ratasäjeff erhalten haben. Er wird gewiß einesseiner eigenen Werke geben, wenn überhaupt schon etwas von ihm gedruckt sein sollte. Wie können Ihnen nur seine Romane gefallen, Makar Alexejewitsch? Solche Dummheiten!…
Nun, leben Sie wohl! Wie viel ich diesmal geschwätzt habe! Wenn ich mich bedrückt fühle, dann bin ich immer froh, sprechen zu können. Das ist die beste Arznei: ich fühle mich sogleich erleichtert, namentlich wenn ich alles sagen kann, was ich auf dem Herzen habe.
Leben Sie wohl, leben Sie wohl, mein Freund!
Ihre
W. D.
28. Juni.
Warwara Alexejewna, meine Liebe!
Nun ist's genug mit dem Grämen! Schämen Sie sich denn nicht? So machen Sie doch ein Ende, mein Kind! Wie können Sie sich nur mit solchen Gedanken abgeben? Sie sind ja gar nicht mehr krank, Herzchen, ganz und gar nicht! Sie blühen einfach, wirklich, glauben Sie mir: nur ein wenig bleich sind Sie noch, aber trotzdem blühen Sie. Und was sind denn das für Träume und Gespenster, die Sie da sehen! Pfui, schämen Sie sich, mein Liebling, lassen Sie es sein, wie es ist! Kümmern Sie sich nicht weiter um diese dummen Träume – so etwas schüttelt man ab. Ganz einfach! Wie kommt es denn, daß ich gut schlafe? Warum fehlt mir denn nichts? Sehen Sie mich einmal an, mein Kind. Lebe froh und zufrieden, schlafe ruhig, bin gesund – mit einem Wort, ein Teufelskerl: und manhat seine wahre Freude daran, es zu sein! Also hören Sie auf, mein Seelchen, schämen Sie sich und bessern Sie sich. Ich kenne doch Ihr Köpfchen, Kind: kaum hat es etwas gefunden, da fängt es gleich wieder an mit dem Grübeln und Grämen, und Sie machen sich von neuem allerlei Gedanken. Schon allein mir zuliebe sollten Sie doch wirklich einmal damit aufhören, Warinka!
Bei fremden Menschen dienen? – Niemals! Nein und nein und nochmals nein! Was ist Ihnen eingefallen, daß Sie überhaupt auf solche Gedanken kommen? Und noch dazu wegreisen! Nein, Kind da kennen Sie mich schlecht: das lasse ich nie und nimmermehr zu, einen solchen Plan bekämpfe ich mit allen Kräften. Und wenn ich auch meinen letzten alten Rock vom Leibe verkaufen – wenn mir nur noch das Hemd bleiben würde, aber Not leiden, das sollen und werden Sie bei uns niemals. Nein, Warinka, nein, ich kenne Sie ja! Das sind Torheiten, nichts als Torheiten! Was aber wahr ist, das ist: daß an allem Fedora ganz allein die Schuld trägt – nur sie, dies dumme Frauenzimmer, hat Ihnen diese Gedanken in den Kopf gesetzt. Sie aber, Kind, müssen gar nicht darauf hören, was sie sagt. Sie wissen wahrscheinlich noch nicht alles, mein Seelchen?… Wissen nicht, daß sie eine dumme, schwatzhafte, unzurechnungsfähige Person ist, die auch ihrem verstorbenen Mann schon das Leben weidlich sauer gemacht hat. Ueberlegen Sie sich: hat sie Sie nicht geärgert, irgendwie gekränkt?
Nein, nein, mein Kind, aus all dem, was Sie da schrieben, wird nichts! Und was sollte denn aus mirwerden, wo bliebe ich dann? Nein, Warinka, mein Herzchen, das müssen Sie sich aus dem Köpfchen schlagen. Was fehlt Ihnen denn bei uns? Wir können uns nicht genug über Sie freuen und auch Sie haben uns gern, also bleiben Sie und leben Sie hier friedlich weiter. Nähen Sie oder lesen Sie, oder nähen Sie auch nicht – ganz wie Sie wollen, nur bleiben Sie bei uns! Denn sonst, sagen Sie doch selbst: wie würde das denn aussehen? Ich werde Ihnen Bücher verschaffen – und dann können wir ja auch wieder einmal einen Spaziergang unternehmen. Nur müssen Sie, mein Kind, mit diesen Gedanken jetzt wirklich ein Ende machen und vernünftig werden und sich nicht grundlos um alles Alltägliche sorgen und grämen! Ich werde zu Ihnen kommen, und zwar sehr bald, inzwischen aber nehmen Sie es als mein gerades und offenes Bekenntnis: das war nicht schön von Ihnen, Herzchen, gar nicht schön!
Ich bin natürlich kein gelehrter Mensch und ich weiß es selbst, daß ich nichts gelernt habe, daß ich kaum unterrichtet worden bin, aber darum handelt es sich jetzt nicht und das war es auch nicht, was ich sagen wollte – doch für den Ratasäjeff stehe ich ein, da machen Sie, was Sie wollen! Er ist mein Freund, deshalb muß ich ihn verteidigen. Er schreibt gut, schreibt sehr, sehr und nochmals sehr gut. Ich kann Ihnen unter keinen Umständen beistimmen. Er schreibt farbenreich und gewählt, es sind auch Gedanken darin, kurz, es ist sehr schön! Sie haben
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