Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)
ungeachtet alles dessen schwöre ich Ihnen, daß diese hundert Rubel mir nicht soviel wert sind, wie diese eine Tatsache, daß Seine Exzellenz selbst und leibhaftig mir, dem Trunkenbold, dem Geringsten unter den Geringen, die Hand, diese meine unwürdige Hand zu drücken geruhten! Damit haben sie mich mir selbst zurückgegeben. Damit haben sie meinen Geist von den Toten auferweckt, mir das Leben für ewig versüßt, und ich bin fest überzeugt, daß – so sündig ich auch vor dem Allerhöchsten sein mag – mein Gebetfür das Glück und Wohlergehen Seiner Exzellenz doch bis zum Throne Gottes dringen und von ihm erhört werden wird! –
Mein Liebes, mein Kind! Ich bin jetzt in einer Gemütserregung, wie ich sie noch nie erlebt habe. Mein Herz klopft zum Zerspringen und ich fühle mich so erschöpft, als wäre mir alle Kraft abhanden gekommen.
Ich sende Ihnen hiermit 45 Rubel. 20 Rubel gebe ich der Wirtin und den Rest von 35 behalte ich für mich: davon will ich mir für 20 Kleidungsstücke anschaffen, und 15 bleiben dann zum Leben. Nur haben mich alle diese Eindrücke heute morgen so erschüttert, daß ich mich ganz schwach fühle. Ich werde mich etwas hinlegen. Ich bin jetzt übrigens ganz ruhig, vollständig ruhig. Es ist nur noch so wie ein Druck auf dem Herzen und irgendwo dort in der Tiefe spüre ich, wie meine Seele bebt und zittert.
Ich werde zu Ihnen kommen. Noch bin ich wie betäubt von all diesen Empfindungen … Gott sieht alles, mein Kind, alles!
Ihr würdiger Freund
Makar Djewuschkin.
10. September.
Mein bester Makar Alexejewitsch!
Ich freue mich unendlich über Ihr Glück und weiß die Hilfe Ihres Vorgesetzten in ihrer ganzen Güte zu würdigen. So können Sie jetzt endlich aufatmen und sich von Ihren Sorgen erholen! Aber nur um eines bitte ich Sie: geben Sie das Geld um Gottes willen nicht wieder für unnütze Sachen aus! Leben Sie ruhigund still, leben Sie möglichst sparsam, und bitte, fangen Sie jetzt an, jeden Tag etwas Geld beiseite zu legen, damit Sie nicht wieder so in Not geraten! Um uns brauchen Sie sich wirklich nicht mehr zu sorgen. Werden uns schon durchschlagen. Wozu haben Sie uns soviel Geld geschickt, Makar Alexejewitsch? Wir brauchen es doch gar nicht … Wir sind zufrieden mit dem, was wir uns verdienen. Es ist wahr, wir werden bald zum Umzuge Geld nötig haben, aber Fedora hofft, daß man ihr jetzt endlich eine alte Schuld abtragen wird. Ich behalte also für alle Fälle zwanzig Rubel, den Rest sende ich Ihnen zurück. Geben Sie das Geld nur nicht für Unnötiges aus, Makar Alexejewitsch!
Leben Sie wohl! Leben Sie jetzt ganz ruhig, werden Sie gesund und fröhlich. Ich würde Ihnen mehr schreiben, fühle mich aber schrecklich müde. Gestern lag ich den ganzen Tag im Bett. Das ist gut, daß Sie mich besuchen wollen. Tun Sie es doch, bitte, recht bald, Makar Alexejewitsch. Ich erwarte Sie.
Ihre
W. D.
Meine liebe Warwara Alexejewna!
Ich flehe Sie an, meine Liebe, verlassen Sie mich jetzt nicht, jetzt, wo ich vollkommen glücklich und mit allem zufrieden bin! Mein Täubchen! Hören Sie nicht auf Fedora! Ich verspreche Ihnen, alles zu tun, was Sie nur wollen. Ich werde mich gut aufführen, allein schon aus Hochachtung für Seine Exzellenz werde ich mich ehrenhaft und anständig aufführen. Wir werden einander wieder selige Briefe schreiben, werden unsgegenseitig unsere Gedanken mitteilen, und unsere Freuden und Sorgen – wenn es wieder einmal Sorgen geben sollte – miteinander teilen: und so werden wir denn wieder einträchtig und glücklich miteinander leben. Wir werden uns mit der Literatur beschäftigen … Mein Engelchen! In meinem Leben hat sich doch jetzt alles zum besseren gewendet. Meine Wirtin läßt wieder mit sich reden. Theresa ist bedeutend klüger geworden und sogar Faldoni wird diensteifrig. Mit Ratasäjeff habe ich mich ausgesöhnt. Ich ging in meiner Freude selbst zu ihm. Er ist wirklich ein guter Kerl, mein Kind, und was man von ihm Schlechtes gesagt hat, beruht auf Unsinn und Irrtum: jetzt habe ich erfahren, daß alles nur eine häßliche Verleumdung gewesen ist. Er hat gar nicht daran gedacht, eine Satire auf uns zu machen. Er hat es mir selbst gesagt. Er las mir sein neuestes Werk vor. Und was das betrifft, daß er mich damals Lovelace benannt hat: nun – so ist das ja gar nichts Schlechtes oder gar eine unanständige Bezeichnung. Er hat mir nämlich jetzt die Bedeutung erklärt. Lovelace ist ein Fremdwort und bedeutet ungefähr »ein gewandter
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