Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)
Bursche«, oder wenn man es hübscher, sozusagen literarischer ausdrücken will: »ein schneidiger Kavalier«. Sehen Sie, das bedeutet es, nicht aber irgend so etwas – anderes! Es war also ein ganz unschuldiger Scherz von ihm, mein Engelchen. Ich ungebildeter Dummkopf habe es nur gleich für eine Beleidigung gehalten. Nun, und da habe ich mich denn auch deswegen heute bei ihm entschuldigt …
Das Wetter ist heute so schön, Warinka. Am Morgen hatten wir zwar leichten Frost, aber das tut nichts:dafür ist die Luft jetzt etwas frischer. Ich ging und kaufte mir ein Paar Stiefel – es sind wirklich tadellos schöne Stiefel, die ich gekauft habe. Dann ging ich noch etwas auf dem Newskij spazieren. Habe dann die Zeitung gelesen. Ja, richtig! und das Wichtigste habe ich vergessen, Ihnen zu erzählen!
Also hören Sie jetzt, wie es war:
Heute morgen knüpfte ich mit Jemeljan Iwanowitsch und mit Akssentij Michailowitsch ein Gespräch an: wir sprachen von Seiner Exzellenz. Ja, Warinka, Seine Exzellenz sind nicht nur gegen mich so gütig gewesen. Sie haben schon vielen Gutes erwiesen und die Herzensgüte Seiner Exzellenz ist aller Welt bekannt. Viele, viele Menschen rühmen diese Güte und vergießen Tränen der Dankbarkeit, wenn sie der ihnen erwiesenen Hilfe gedenken. Exzellenz haben unter anderem eine arme Waise bei sich im Hause erzogen, und die ist dann verheiratet worden, an einen angesehenen Beamten, der zu den nächsten Untergebenen Seiner Exzellenz gehört, und Exzellenz haben ihr dann auch noch eine Aussteuer mitgegeben. Ferner haben Exzellenz auch noch den Sohn einer armen Witwe in einer Kanzlei untergebracht, und noch viel, viel Gutes haben Exzellenz den Menschen erwiesen. Ich hielt es für meine Pflicht, mein Kind, auch mein Scherflein beizusteuern und erzählte allen laut, was Exzellenz an mir getan: ich erzählte ihnen alles, ich verheimlichte nichts. Meine Verlegenheit steckte ich dabei in die Tasche. Was Verlegenheit, was Ansehen, wenn es sich um so etwas handelt! Ganz laut erzählte ich es, so daß alle es hören konnten, ja, ganz laut, um die edelmütigen Taten Seiner Exzellenzallen kundzutun! Ich sprach mit Eifer und Begeisterung und errötete nicht: im Gegenteil, ich war stolz, daß ich so etwas erzählen konnte. Und ich erzählte alles (nur von Ihnen, mein Kind, erzählte ich zum Glück nichts, über Sie ging ich vernünftigerweise mit Stillschweigen hinweg), aber von meiner Wirtin und Faldoni, und von Ratasäjeff und Markoff und von meinen Stiefeln – alles das erzählte ich rückhaltlos. Manche spotteten wohl ein bißchen, oder eigentlich spotteten alle – alle lachten wenigstens! Wahrscheinlich haben sie an meiner Erscheinung etwas Lächerliches gefunden. Vielleicht haben sie auch nur über meine Stiefel gelacht – ja, ganz sicher nur über meine Stiefel! Aber in irgendeiner schlechten Absicht haben sie gewiß nicht gelacht, das hätten sie nie und nimmer tun können. Es kam eben nur so, es war ihre Jugend – oder weil sie wohlhabende Leute sind. In einer schlechten, einer häßlichen Absicht jedenfalls – da hätten sie mich und meine Worte bestimmt nicht verspottet. Das heißt, ich meine: etwa über Seine Exzellenz lachen – das hätten sie unter keinen Umständen getan. Hab' ich nicht recht, Warinka?
Ich kann eigentlich noch immer nicht ganz zur Besinnung kommen, mein Kind. Alle diese Geschehnisse haben mich so verwirrt! Haben Sie auch Holz zum Heizen? Sehen Sie nur zu, daß Sie sich nicht erkälten, Warinka, wie leicht ist das geschehen! Ich bete zu Gott, mein Kind, er möge Sie behüten und beschützen. Haben Sie zum Beispiel wollene Strümpfchen oder was da sonst von warmen Kleidungsstücken für den Winter nötig ist? Seien Sie nur vorsichtig, mein Täubchen.Wenn Ihnen von solchen Sachen etwas fehlen sollte, dann kränken Sie mich Alten nicht, dann wenden Sie sich sogleich an mich. Jetzt sind ja die schlechten Zeiten vorüber und vor uns liegt das Leben so hell und so schön!
Aber es war doch eine traurige Zeit, Warinka! Nun ja, was soll man da noch reden, jetzt, da sie überstanden ist! Wenn erst Jahre darüber vergangen sein werden, dann werden wir auch an diese Zeit lächelnd zurückdenken. Nicht wahr, wie wenn man heute so an seine Jugendjahre zurückdenkt! Was man da nicht alles durchgemacht hat! Wie oft hatte man nicht einen einzigen Kopeken in der Tasche. Kalt war man, hungrig war man, aber dabei doch immer lustig. Morgens ging man über den Newskij, begegnete einem netten
Weitere Kostenlose Bücher