Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
Vom Netzwerk:
Grabesstille, die herrschte! Das war also meine ganze Rechtfertigung, meine ganze Entschuldigung, alles was ich Seiner Exzellenz zu sagen hatte! Die Folgen waren auch danach! Seine Exzellenz wurde sogleich auf mein Aussehen und meine Kleider aufmerksam. Ich dachte daran, was ich im Spiegel erblickt hatte – das sagt wohl alles – undplötzlich lief ich meinem Knopf nach und bückte mich, um den Ausreißer wieder einzufangen! Ich hatte eben ganz und gar den Verstand verloren! Ich hockte und haschte nach dem Knopf, der aber rollte und rollte wie ein Kreisel immer in die Runde, ich jedoch tapse umher und kriege und kriege ihn nicht – so daß ich mich also auch noch in bezug auf meine Gewandtheit recht auszeichnete! Da fühlte ich denn, wie mich die letzten Kräfte verließen und alles, alles verloren war! Das ganze Ansehen war hin, der Mensch in mir vernichtet! Obendrein begann es auch noch in meinen beiden Ohren zu summen und dazwischen war es mir, als hörte ich irgendwo hinter der Wand Theresa und Faldoni schimpfen, wie ich sie immer in der Küche schimpfen höre. Endlich hatte ich den Knopf, erhob mich, richtete mich auf – doch anstatt nun die Dummheit einigermaßen gutzumachen und stramm zu stehen, Hände an der Hosennaht – statt dessen drücke ich den Knopf immer wieder an die Stelle, wo er früher angenäht war und wo jetzt nur noch ein paar Fädchen hingen, ganz als müsse das den Knopf dort ankleben, dazu aber lächelte ich noch, ja, bei Gott, ich lächelte noch!
    Exzellenz wandten sich zunächst ab, dann sahen sie mich wieder an – ich hörte sie nur noch zu Jewstafij Iwanowitsch sagen:
    »Ich bitte Sie … sehen Sie doch, wie er aussieht!… In welchem Zustande!… Was ist das mit ihm?«
    Ach, meine Liebe, was war da noch zu wollen! Hatte mich ausgezeichnet, wie man's besser nicht machen kann! Ich höre, Jewstafij Iwanowitsch antwortet ihm:
    »… nichts zuschulden kommen lassen, nichts, Exzellenz, hat sich bisher musterhaft aufgeführt … gut angeschrieben … etatsmäßiges Gehalt …«
    »Nun, dann helfen Sie ihm irgendwie,« sagte Seine Exzellenz, »geben Sie ihm Vorschuß …«
    »Ja, leider hat er schon soviel Vorschuß genommen, schon für soundsoviele Monate. Offenbar sind seine Verhältnisse im Augenblick derart … seine Aufführung ist sonst, wie gesagt, musterhaft, tadellos …«
    Ich war, mein Engelchen, ich war wie von einem höllischen Feuer umgeben, das mich bei lebendigem Leibe versengte und verbrannte! Ich – ich gab einfach meinen Geist auf, ja, ich starb und war tot.
    »Nun,« sagte plötzlich Seine Exzellenz laut, »das muß also nochmals abgeschrieben werden. Djewuschkin, kommen Sie mal her: also schreiben Sie mir das nochmals fehlerlos ab, und Sie, meine Herren …« hier wandten sich Seine Exzellenz an die übrigen und erteilten verschiedene Aufträge, so daß sie alle einer nach dem anderen fortgingen. Kaum aber war der letzte gegangen, da zogen Exzellenz schnell die Brieftasche hervor und entnahmen ihr einen Hundertrubelschein. –
    »Hier … soviel ich kann, nehmen Sie – lassen Sie's gut sein …« und damit drückten sie mir den Schein in die Hand.
    Ich, mein Engelchen, ich zuckte zusammen, meine ganze Seele erbebte: ich weiß nicht mehr, wie mir geschah! Ich wollte seine Hand ergreifen, um sie zu küssen, er aber errötete, mein Täubchen, und – ich weiche hier nicht um Haaresbreite von der Wahrheit ab, meinKind – und er nahm diese meine unwürdige Hand und schüttelte sie, nahm sie ganz einfach und schüttelte sie, ganz als wäre das die Hand eines ihm völlig Gleichstehenden, etwa eines ebensolchen hochgestellten Mannes, wie er selbst einer ist.
    »Nun, gehen Sie,« sagte er, »womit ich helfen kann … Schreiben Sie das nochmals ab, aber machen Sie keine Fehler. Und dies hier, das kann man zerreißen …«
    Jetzt, mein Kind, hören Sie an, was ich beschlossen habe: Sie und Fedora bitte ich, und wenn ich Kinder hätte, würde ich ihnen befehlen, daß sie zu Gott beten sollten, und zwar so: daß sie für den eigenen leiblichen Vater nicht beten, für Seine Exzellenz aber tagtäglich und bis an ihr Lebensende beten sollten! Und ich will Ihnen noch etwas sagen, und das sage ich feierlichst – also passen Sie auf, mein Kind: ich schwöre es, daß ich – so groß auch meine Not war und wie sehr ich auch unter unserem Geldmangel gelitten habe, zumal, wenn ich an Ihre Not und Ihr Ungemach dachte und desgleichen an meine Erniedrigung und Unfähigkeit – also

Weitere Kostenlose Bücher