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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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Lügen über faulen Citaten ertappen zu lassen!«
    Da nun mein Vater ihn willkommen hieß, warf er Hut und Mantel hoch vergnüget von sich, und hörete ich mit Attention der beeden wohl erfahrenen Männer Wechselreden, so bald emsig hin und wider gingen. Zwar hatte ich wegen meiner Studien und um jugendlicher allotria willen, mit denen ich meine Zeit erfüllet, weder den Goldschmidtischen »Morpheus« noch seiner Widersacher Schriften gelesen, fassete aber gegen letztere, da der gelahrte Mann sie explicirte, gar bald einen lebhaften Abscheu und wurde auch, da ich solchen kund that, von selbigem weidlich belobet und verwarnet, daß ich auch künftighin mich nicht zu denen Atheisten und Schwarmgeistern gesellen möge.
    Auch über dem Reisbrei, den meine liebe Mutter dem Gaste zu Ehren auf die Abendtafel brachte, nahmen diese Gespräche ihren Fortgang, so daß mein Mütterlein wohl gern von anderem gehöret hätte, und sie lieber anhub, ihr mäßig Bier mit vielen Worten zu entschuldigen und die Elendigkeit des Kellers zu beklagen.
    Der Mann Gottes aber ergriff den vor ihm stehenden vollen Krug, stürzete ihn mit eins hinunter und sprach mit gravitätischer Verbeugung: »Frau Pastorin, man soll auch so der Gottesgabe nicht verschmähen!« Dann stäubte er sich mit der Hand die Tropfen aus dem Barte und begann ein neu Gespräch vom exorcismo, so daß meiner lieben Mutter nichts verblieb, als den geleerten Krug zu neuer Füllung an das Faß zu tragen. Herr Petrus aber frug nun meinen Vater, was eine formula bei der Taufen allhier gebräuchlich sei, und da dieser entgegnete, daß er zum Täufling rede: »Entsagest du dem bösen Geist und seinen Werken?«, so sprang der gewaltige Mann von seinem Stuhle auf, daß ihm der Löffel über den Tisch hinüberflog. »Christiane, eheu Christiane!« rief er. »Was weiß denn solch ein Saugkalb, ob es den Widerchrist in seinen dünnen Därmen hat! Exi immunde spiritus! Fahre aus, unsauberer Geist! So sollst du sprechen! Dann mag es dir wohl glücken, daß du den Argen als einen stinkenden Rauch aus des Täuflings Mündlein herfürgehen siehest!« Er ergriff aufs neue seinen Löffel, den meine Mutter auf seinen Platz zurückgelegt, und that der wohlmeinenden Gastfreundschaft meiner lieben Eltern nochmals alle Ehre an. Da aber mein Vater geziementlich fürbrachte, daß doch das Kind durch der Gevattern Mund die Antwort gebe, da schüttelte Herr Petrus nur seinen Löwenkopf und meinete: »Ja, wenn die Klotzköpfe der unsauberen Geisternur nicht in ihrem eigenen Leibe hätten!«
    Über solcher Materie war es nach Mitternacht worden, daß wir den verehrten Mann zum Schlaf in seine Kammer brachten.
    »Laß dich nicht stören, Petre, so du etwas hören solltest«, sagte mein Vater, indem er ihm das Nachtlicht auf den Tisch setzte; »es sind nur die Ratten, die auf unserem Boden hausen.«
    Da entfuhr mir das Wort, das ich im Scherze sagte: »Wir müssen den Hofbauren nur um seinen Fingaholi bitten!«
    Auf solches stutzete der Gast und frug: »Was ist das mit dem Fingaholi?«
    Und da ich’s ihm erzählet hatte, kniff er mit Daumen und Zeigefinger sich seine starken Lippen und sagte: »Der Fingaholi, wie Ihr ihn nennet, junger Mann, ist nur ein Fetisch; aber dem mit unseres Gottes Zulassung die Herrschaft über das Geschmeiß verliehen wurde, ist gar ein anderer und kein leblos und ohnmächtig Bild gleich diesem Heidengötzen oder den papistischen Heiligen.«
    Hierauf entgegnete ich, es sei das nur ein alt und schwachsinnig Weib, das diese Dinge hingeredet habe. Er aber wandte sich zu meinem Vater und rief abermalen: »Christiane, Christiane! Siehe zu in der Gemeinde! Und packe den höllischen Gaukelnarren, so du ihn findest, feste bei den Ohren, daß du ihn samt seinem Sauschwanze fundatim exstirpiren mögest!«
    – – In dieser Nacht lag ich gar lange wachend in meiner Bettstatt, sahe durch die Scheiben die schwarzen Wolken über den hellen Himmel fliegen und hörte auf das Brausen, das vom Wald herüberfuhr. Wollte mich fast reuen, daß ich das von dem Fingaholi gegen unsern Gast herausgeredet; denn an die leutselige Art meines lieben Vaters gewöhnet, wollte dessen gewaltige Rede mir nicht allsogleich gefallen, obschon seine geistliche Weisheit und Eifer für das Reich Gottes meine gerechte Ehrerbietung heischeten.
    Er selber aber schien indessen eines gar kräftigen Schlafes zu genießen; denn da gegen Morgen draußen das Toben sich geleget hatte, hörte ich durch Böden und Wände von

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