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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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wiederum verneuern wollte. Aber, ’s ist schon richtig, die Ochsen, wenn sie ziehen sollen, müssen das Brett vorm Kopfe haben.« Er nahm eine Furke, so am Wege lag, und warf sie mit kraftvollem Schwung in eine Ecken.
    Als wir aus dem Stalle traten, kam Renate zu uns, und wir schritten mit einander durch das Dorf. Einen Büchsenschuß dahinter, unweit des Waldes, nahm der Bauer seinen Abschied. »Ihr kennet nun den Hof«, sagte er; »und vergesset das Wiederkommen nicht; ich muß hier nach Norden zu. In Husum der Rathsverwandte Feddersen soll ein Dutzend Tagesgrift für seine Brauerei geliefert haben, da muß ich schauen, ob auch die richtige Stückzahl in den Ringeln ist.«
    Und dann gingen wir zu zweien weiter.
     
    Nur das Moor liegt zwischen hier und dorten, ein Vogel mag sich bald hinüberschwingen; aber auch wohl dreißig Jahre sind seit jenem Tag zur Ewigkeit gegangen – ohne sie zu mehren; denn nur der Mensch ist in der Zeitlichkeit –, im Dorfe Ostenfelde sitze ich hier als ein zu früh mit Körperschwäche befallener emeritus und leidiger Kostgänger bei dem pastor loci, meinem lieben kerngesunden Vetter Christian Mercatus. Hätte somit der Muße genug, um, wie meine übrige Lebensumstände, so auch die Vorgänge jenes Nachmittages aufzuzeichnen. Lieget mir selbiger doch gleich einem Überschwang holdseliger Erinnerung im Gemüthe; habe auch einen ganzen Bogen Papieres dazu hergerichtet und mir die Federn von dem Küster schneiden lassen, und nun vermag mein inneres Auge nichts zu sehen als vor mir einen einsamen Weg zwischen grünen Knicken, der sich allgemach zum Wald hinaufwindet. Weiß aber wohl, es ist der Weg, den wir dazumal an jenem Nachmittage gingen, und ist mir, als wehe noch ein sommerlich Düften von Geißblatt und Hagerosen um mich her. – –
    »Renate!« sagte ich, nachdem wir lange stumm dahingeschritten.
    »Ja, Herr Studiosi?« Sie hatte den Kopf gewandt und hielt die dunkeln Augen mir entgegen.
    Da wußt ich nimmer, was ich sagen sollte, und dachte doch: ›Es muß nicht gelten, daß ein Studirter und zukünftiger Kanzelmann einem Bauerdirnlein gegenüber also den Text verlieret.‹ Aber selbiges Dirnlein war ja der Engel von St. Jürgens Bildniß, und so fiel’s mir bei. »Renate«, frug ich, »habet Ihr denn itzo keinen Hund auf Eurem Hofe?«
    »Einen Hund? Nein, Herr Studiosi; es wollt nicht gehen mit dem Aufziehn. Ich mag auch keinen, seit sie meinen Türk gestohlen haben.«
    – »Ich mein aber, der Türk habe dem Küster in Husum zugehört?«
    »Freilich; aber er hatte sich mir zugewöhnt und ist mir nachgelaufen; da hat ihn der Vetter mir gelassen.«
    – »Und nun«, sagte ich, »habet Ihr nur die Krähenvögel in Eueren alten Bäumen.«
    »Ihr spaßet, Herr Studiosi«, entgegnete sie; »aber es braucht bei uns kaum eines Hundes; mein armer Vater leidet an der Luft und schläft allzeit nur leis. Wenn es arg ihn überfällt, rufet er wohl nach mir; wir wandern dann gar manche Stunde mit einander, in der Stube und über den Flur in den Pesel, wo das Bild vom Schloß und von dem alten Bischof hängt. Da sind die draußen nimmer sicher, daß nicht ein Paar Augen durchs Fenster in die Nacht hinausschauen.«
    Sie sahe gar bekümmert aus, da sie solches erzählte, und ich sagte: »Du bist doch noch so jung, Renate!«
    – »Ja; aber mein Vater hat gar niemanden sonst; meine Mutter ist lang schon tot.«
    Und somit waren wir unter die breiten Buchen in den Wald geschritten; da schlug noch eine Drossel aus dem Wipfel eines Baumes, und in der Ferne hörten wir es durch die Büsche brechen. »Das sind die Hirsche«, sagte das Mädchen; »zu Herzog Adolfs Zeiten soll die Unmenge hier gewesen sein.«
    Dann theilete sie mit den Händen das Gezweige von einander und sprach: »Hier ist’s, Herr Studiosi!« – Und wir standen oben an Störtebekers Hafen und sahen unter uns in das weite Treenethal hinaus. Es war aber nur eine Höhlung, so in das sandige Hochland hier hineinging; das Wasser floß itzt fern davon in seinem schön geschlängelten Laufe durch die Wiesen. Renate führte mich zu einer dicken schrundigen Eichen und zeigete auf einen schier vernarbten Spalt in deren Stamme. »Sehet, Herr Studiosi, hier hat der Urahn seine Axt hineingehauen, als die Kriegsarbeit gethan war und die Räuber da hinab zu ihren Schiffen rannten. Er hat auch eine Tochter gehabt, die hat, wie ich, Renate geheißen, und weil ihr Vater im Gefecht es so gelobet, so hat sie in ein Kloster sollen; da sie aber

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