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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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collegia gewissenhaft frequentirte, so daß ich hoffen durfte, in kurzem eine solide systematische Erudition mir anzueignen. Spürete auch kein Verlangen, meinen schwarzen Habit, so ich vor meiner Abreise mir von dem blassen Schneider hatte anmessen lassen, aufs neu mit einem rothen zu vertauschen.
    Nur unterweilen, zumal wenn ich zum abendlichen Spaziergange dem Ufer der Saale entlang wandelte, wenn die Wasser sich rötheten und ihr sanftes Strömen an mein Ohr klang, überfielen mich wohl schwere sehnende Gedanken nach der Heimath; und wenn dann im Südost der Mond emporstieg und mit seinem bleichen Licht die Gegend füllte, so sahe ich in jedem düstern Fleck den Hof am fernen Treeneflusse, und mein Herz schrie nach dem Mädchen, so ich dort verlassen hatte.
    Nach einem solchen Gange, da schon ein Jahr verflossen und wiederum der Herbst sein rothes Laub verstreuete, kam ich eines Abends heim auf meine Kammer, und da ich das Licht mir angezündet, fand ich einen dicken Brief mit meines lieben Vaters Handschrift auf dem Tische liegen. Ich brach das Siegel, und meine Hände zitterten vor Freude; denn auch meine Mutter pflegte stets ein Blättlein anzulegen, und wenn auch nur ein kurz und unterlaufend Wörtlein von Renaten drinnen stand, so konnt ich’s wohl zu hundert Malen lesen. Aber das Schreiben, so ich gleich den wenigen, welche ich noch von dieser verehrten Hand erhalten sollte, getreulich aufbewahret, war allein von meinem Vater und lautete nach viel herzlichen Worten, wie hier folget:
    »Was aber die Gemeinde in solche Wirrniß setzet, daß selbst mein mahnend Wort nur kaum gehöret wird, das darf auch Dir, mein Josias, nicht gar verschwiegen bleiben.
    Es war am letzten Sonnabend, da ich nachmittages an meiner Predigt saß, als der Höftmann Hansen mit ungestümen Schritten zu mir eintrat. ›Was habt Ihr, Höftmann?‹ sagte ich: ›Ihr wisset, daß ich um diese Zeit ungern gestöret bin.‹
    ›Ja, ja, Herr Pastor‹, sprach er; ›wisset Ihr’s denn schon? Fort ist er und wird nicht wiederkommen!‹
    Und da ich schier erschrocken nachfrug: ›Wer ist denn fort?‹, entgegnete er: ›Wer anders als der Hofbauer! Hab’s mir schon lang gedacht, daß es so kommen müsse!‹
    ›So sprecht, Höftmann‹, sagte ich und schob mein Schreibewerk zurück; ›was ist’s mit dem?‹
    ›Weiß nicht, Herr Pastor; aber ein Stöhnen und Ramenten haben die Mägde nachts von seiner Kammer aus gehört; doch da die Tochter nicht daheim ist, so hat keine sich hinein getrauet; erst als die alt Marike aufgestanden, haben sie der sich an den Rock gehangen. Ist auch ein groß Geschrei geworden, da sie in die Kammerthür getreten; denn als sei die ganze Bettstatt umgestürzet, so hat alles, Pfühl und Kissen, über den Fußboden hin verstreut gelegen; das alte Weib aber ist auf ihren Knien in dem Wust umhergerutschet, hat darin umhergefunselt und jedes Häuflein Bettstroh sorgsam aufgehoben, als wolle sie darunter ihren Bauren suchen, von dem doch keine Spur zu finden war.‹
    ›Nun, Höftmann‹, sagte ich fürsichtig; ›es ist noch früh am Tage; der Hofbauer wird schon wiederkommen.‹
    Der aber schüttelte den Kopf: ›Herr Pastor, es ist schon über eine Stunde Mittag.‹
    Da ich dann erfuhr, daß die Tochter wieder einmal bei dem Küster und Klosterprediger Carstens in Husum auf Besuch sei, so vermochte ich den Höftmann, ihres Vaters Wagen mit Botschaft nach der Stadt zu schicken. Aber schon um drei Uhr ist sie von selber wieder auf dem Hof gewesen; und hat es die Weiber, welche dort zusammengelaufen, schier verwundert, daß das Mädchen, so doch kaum achtzehn Jahre alt, so schweigend zwischen ihnen hingegangen und nicht geweinet, noch eine Klage um den Vater ausgestoßen; nur ihre Augen seien noch viel dunkler in dem blassen Angesicht gestanden. In den alten Bäumen – so wird erzählet – habe es von den Vögeln an diesem Tag gelärmet, als seien alle Elstern aus dem ganzen Wald dahin berufen worden.
    Das Mädchen hat aber fürgeben, ihr Vater müsse auf dem Moor bei seinem Torf verunglückt sein, wo er die letzten Tage noch habe fahren lassen; da sie jedoch außer ihren beiden Knechten noch Leute aus dem Dorf hat aufbieten wollen, so sind nur gar wenige ihr dahin gefolget, denn sie fand keinen Glauben mit ihren Worten, und auch die Wenigen sind schon vor Dunkelwerden heimgekehret; denn bei den Torfgruben sei vom Bauer keine Spur zu finden, und sei das Moor zu unermeßlich groß, um alle Sümpf und Tümpel darin

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