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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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ihr neigte; »aber du bist sehr blaß! Rudolf ist zu lange bei dir gewesen.«
    »Zu lange?« wiederholte Anna; und als ob sie nur die eigenen Gedanken weiterspinne, fuhr sie fort: »Nein, nicht mehr dazu war ich ihm noch nötig – – Sie irrten doch, Mama – er war schon ohne mich genesen! Aber jetzt – – vielleicht – jetzt bin ich doch sein Glück!« Ein Lächeln wie Sonnenwärme breitete sich auf ihrem Antlitz.
    Frau von Schlitz nickte schweigend : was redete die da vor sich hin? – Ihr Sohn, ihr Kind, das sie mit ihrem Blut getränkt hatte! – Wie mit Schlangenbissen fiel ein eifersüchtiges Weh sie an. »Ich irrte, sagst du?« sprach sie strenge, während ihr eine dunkle Glut bis in die Augen flammte; »du brauchst mich nicht zu schonen, Anna; es war nie meine Art, mich zu belügen! – Aber dafür – dafür« – – ihre zitternden Lippen rangen vergebens noch nach Worten.
    Mit Angst sah Anna in das stumme Antlitz, in dem nur noch die Augen Leben hatten. »Mama! O Mama, was ist dir?« rief sie.
    Da gewann die harte Frau die Sprache wieder. »Dafür«, sagte sie langsam, indem das Haupt ihr auf die Brust herabsank, »hast du mich arm gemacht.«
    Aber schon hatte, in plötzlichem Verständnis, die unschuldige Feindin ihre Hand ergriffen, und sich sanft darüber neigend, flüsterte sie: »Du mußt mich lieben, Mutter!«
    »Muß ich?« – Ein finstrer Blick war auf die junge Frau gefallen; dann aber lag sie an der Brust der Mutter, überschüttet von durstiger, ungestümer Liebe: »Ja, ja, mein Kind ich sehe keine andere Rettung!«
    Noch hingen die letzten Blätter an den Bäumen, als die still gewordenen Räume des Hauses durch die frisch erstandene junge Frau sich wieder neu belebten: ihr leichter Schritt, ihre frohe Stimme – wenn Rudolf sie in seinem Zimmer hörte, so konnte er nicht lassen, seine Tür zu öffnen; ihm war, als ob es dann in Kopf und Kammer heller würde. In fester Pflichterfüllung gingen Mann und Weib zusammen : der Winter nahte; aber vor beider Augen lag die Sonnenlandschaft.
    Eines Morgens, als nach Ende des Monats Rudolf die Löhnungslisten zur Revision erhalten hatte, sah er darin auch den Namen jenes jungen Holzschlägers, außer der Lücke von ein paar Tagen, bis ans Ende aufgeführt.
    »Klaus Peters?« frug er den alten Andrees, der ihm die Papiere eben von dem Inspektor überbracht hatte. »Ich dächte, der wäre wieder krank geworden?«
    Der Waldwärter lachte: »Ein Schreckschuß, Herr Förster; der ist so gesund wie Sie und ich! Die beiden waren in Zank geraten, er und das dumme Weib; er schlug sich grad schon in der Frühe sein bißchen Winterholz, und wie sie nun in der Hitze ihm seine frühere Tollheit vorgerückt, da hat er freilich die Axt nicht fortgelegt, als er um die Kate hinter ihr die Jagd gemacht; nun aber gehen sie schon sonntags wieder Hand in Hand zur Kirche.«
    Rudolf nickte zustimmend. »Schickt mir gelegentlich das Weib, Andrees«, sagte er; »ich muß doch einmal mit ihr reden!« Ihn freute dieser Ausgang um des jungen Menschen willen, weiter aber kümmerte auch dies ihn nicht.
    Und gleichwohl, als Anna bald danach zu ihm hereintrat, hatte sich ein nachdenklicher Ernst auf seiner Stirn gesammelt: es lag noch eines vor ihm.
    Als sie fragend zu ihm aufblickte, zog er sie sanft zu sich heran. »Ich reite heute nachmittag zu Bernhard«, sagte er; »du weißt ja alles, meine Anna; ich möchte warm und offen um des treuen Mannes Freundschaft werben.«
    Ein stiller Winter war vergangen; nun wehten am Waldesrande schon die Primeldüfte, seit ein paar Wochen war auch der Graf schon wieder aus der Residenz zurück, um der weiteren Durchforstung seiner Wildnis beizuwohnen. An diesem Morgen aber schritt er neben seinem Schwiegervater, der tags vorher zum Genuß der ersten Frühlingsfrische angelangt war, auf jenem Steige, dem Runensteine vorüber, in den Wald hinein; beide, wie damals im verflossenen Herbste, in angelegentlichem Zwiesprach.
    »Aber, mein Lieber«, sagte der alte Herr; »so ist denn der von Schlitz nun doch dein Oberförster; wenn mir recht ist, schien dir derzeit die Musik des jungen Herrn nicht völlig zu gefallen?«
    »Ja, ja, derzeit«, erwiderte der Jüngere; »aber es wurde anders, ich war auch selbst wohl etwas ungestüm; er kann doch mehr, als Chopin spielen; du wirst dich wundern, wie weit wir schon mit unserer Wildnis sind!«
    »So!« meinte der General, und ein leises Lächeln zuckte um seinen weißen Schnurrbart; »ei der Tausend, da

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