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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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Wulfhild stand mit geröteten Wangen und glänzenden Augen inmitten des Gemaches, zwei Finger ihrer weißen Hand in der des jungen Ritters; als aber itzt die Männer sich verabschieden wollten, neigte sie sich zu dem jungen und sagte leise: »Den Kuß nun, den Verlobungskuß, Rolf Lembeck!« Als aber der Kuß gegeben und genommen war, ergriff sie heftig seine beiden Hände, und sich aufrichtend, fast mit ihm zu gleicher Höhe, sah sie mit ihren brennenden Augen in die seinen. »Ihr wart im Reich, Rolf Lembeck!« rief sie, und wie aus heißer Leidenschaft klang es herauf: »Der Frauendienst soll dort noch umgehn; ich aber will den Gemahl allein! Verflucht die Lippen, die ein ander Weib berühren!«
    Rolf Lembeck war schier erschrocken; doch als er sie in ihrer wilden Schöne vor sich sah, da riß er sie an sich und küßte sie inbrünstiglich und rief: »Das mag ums Leben gehen, Wulfhild!«
    Der Alte aber sprach in sich selber: ›Das Werk ist wohlgefestet.‹
    – – Die Männer hatten sich verabschiedet; die Frau war im Gemach zurückgeblieben; sie stand und horchte den Schritten nach, die in dem Saal verhallten, der vor ihrem Zimmer lag; dann konnte sie’s nicht lassen, die Tür zu öffnen, als wolle sie die Spuren des ihr eigen gewordenen schönen Mannes noch auf den Dielen suchen. Als sie sich umblickte, sah sie auf einem Schemel, hart an der Tür, den Schreiber Gaspard sitzen; seine braune Gugelkappe, die hinten mit dem gleichfarbigen Rock zusammenhing, war ihm von dem kurzen Schwarzhaar abgeglitten, so daß sie mit Schwanz und Kugel ihm im Nacken hing; er saß mit gekreuzten Beinen und sah mit schief herabgesenktem Kopfe auf die Dielen, als wolle er dort etwas mit seiner spitzen Schnabelnase aufpicken. Es war ein seltsamer Gesell mit einem scharfen ältlichen Gesicht; er mischte sich gern in anderer Leute Sachen und war voll Lied- und Spruchweisheit; das Gesinde aber nannte ihn »Gaspard den Raben«, und der Rabe galt viel bei seiner Herrschaft.
    »Du bist es?« sprach die schöne Frau. »Was hast du hier Geschäfte?«
    »Keine, Herrin; ich dachte sie bei Euch zu finden«, entgegnete er, ohne aufzusehen.
    »Sie waren beschafft«, sagte sie; »es gab nichts mehr für dich.«
    »Ich weiß, ich weiß!« Dann sang er mit seiner scharfen Stimme leise vor sich hin
     
    Der gülden Hahn mit sieben
    – Darum ist er der Hahn –,
    Er geht mit sieben Hühnern,
    Mit Scharren und mit Dienern –
    Das kann er gar nicht lan!
     
    »Laß nur den Narren, Gaspard!« rief die Herrin. »Was treibst du hier?«
    »Das Lauschen ist ein undankbar Geschäft!« sagte er.
    – »Und hast es doch getrieben?«
    »Für Euch nur, edle Herrin!«
    – »Warum siehst du vor dich auf die Dielen?« frug sie wieder.
    »Auch für Euch, edle Herrin!« sprach er. »Ich sah dort guten Rat; aber ich seh itzt, es lohnt nicht mehr, ihn aufzuheben.«
    Sie lachte: »Hab Dank; ich habe ihn selber schon gefunden! Das aber ziemt dir nicht, daß du die Schauenburgerin den Hühnern beizählst; dank es meinem Glück, daß ich dir die Strafe schenke!«
    Gaspard zog Nase und Mund herunter, als müsse er eine neue Weisheit niederschlucken; dann sprang er mit rascher Bewegung in die Höhe, um seiner Herrin das Gewand zu küssen.
     
    Als die Hochzeit auf dem Hof der Braut gehalten war, zog Klaus Lembeck nach der Insel zu seinem Burgbau; der Baumeister hatte ihn gerufen, denn zwischen den Werkleuten, da die dortigen Männer meist auf Seefahrt waren, befand sich viel fremdes und wüstes Volk, so daß des mächtigen Bauherrn eigene Person vonnöten war; auch stand das Werk so weit gediehen, als dieser den Plan genehmigt hatte. Die jungen Ehesponsen aber zogen in der Frühe eines heiteren Aprilmorgens mit einem Gefolge von Dienern, Amtleuten und Frauen zu Wagen und zu Rosse nordwärts hinauf durch Schleswig nach dem Schlosse Dorning. Sie saßen nicht in weichen Kissen: nebeneinander, aber jeder auf eigenem Rosse Frau Wulfhild auf ihrem lichten Schimmel, auf seinem schwarzen Hengste Rolf –, waren sie an der Spitze des Zuges geritten; doch oftmals drängten die Tiere sich zusammen; dann warf das Weib sich mit der Brust zu ihm hinüber, daß Rolf nur kaum den Hengst bezwingen konnte.
    Der Tag war heiß geworden, und es war schon Nachmittag, als sie den Weg zur Burg hinaufzogen. Als sie oben durch den ersten Mauerring geritten waren und die Hufen ihrer Pferde auf die Zugbrücke schlugen, die über den tiefen Zwinger herabgelassen worden, sah Frau Wulfhild unter sich

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