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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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die Lampe, der Qualm flog aus dem Glaszylinder – da plötzlich im unteren Hausflur öffnete sich eine Wand, es mag wohl eine Tür gewesen sein, und die dicke Gestalt des Hauswirtes stand im baren Hemde vor uns; das bärbeißige Gesicht mit den buschigen Brauen über den kleinen Augen betrachtete uns voll Grimm und Staunen:
    »Ho, ho, ihr Herre, was geit’s denn? Se alarmieret jo ’s ganz Haus! Lasset Se das Zinselwerk und ganget Se hoim!«
    Aber Franz legte feierlich die Hand auf seine Schulter. »Mann!« sagte er, »ein Dankgebet wäre Ihrem Munde ziemlicher gewesen als so nichtsnutzige Reden; kommen Sie mit in mein Gemach und inspizieren Sie dort die Leichen; wir haben Ihnen zum mindesten fünfhundert Schaben totgeschlagen!«
    »Totg’schlage?« wiederholte der Mann und lachte grimmig. »Die hättet Se kenne lebe laun!«
    »Den Teufel auch!« rief Franz. »Ich mag nicht mit ihnen leben.«
    »Ach, Herr Franz, d’Schwobe hänt mer no nia nex vo meim kurze Schlof abisse!« Damit schlug er verdrießlich seine Tür wieder zu und verschwand dahinter, Gott weiß, wohin.
    »Der Mann hat keinen Sinn für Höheres!« sagte Franz, und wir gingen etwas abgekühlt nach seinem Zimmer zurück. »Aber was nun, meine Lieben?« begann er wieder. »Schlafen kann ich nicht unter diesen Toten, und, wie mir deucht – sie stinken auch ganz erklecklich! Aber – mich erleuchtet der Geist: die Nacht ist schön. Schaben gibt es draußen nicht – machen wir einen Männerspaziergang!«
    »Einen Spaziergang?« wiederholte Marx zögernd, der nach dieser Aufregung recht jämmerlich dreinsah. »Ich bin müde, Franz, und habe morgen vormittag um zehn Uhr Klavierstunde; komm mit mir, du kannst auf meinem Sofa schlafen!«
    »Nein, nein, edler Lavendel, gute Gedanken dürfen nicht auf Sofas verschlafen werden. Kommt nur! Durch Kannstatt nach Waiblingen, wo die Wachtturmtreppe so eng ist, daß die Witwe des alten Turmwarts sich anstandshalber mit dem neuen Wächter verheiraten mußte, da sie wegen ihrer Dicke nicht mehr hinunterkonnte! Unser nordischer Freund muß nebenbei auch Schwaben kennenlernen!«
    Mit einem Wort, er drängte so, daß wir beiden andern uns endlich bereit erklärten und die Treppe mit ihm hinabstiegen. Als wir unten waren, stürmte er noch einmal hinauf, kam aber sogleich mit einer Notenrolle wieder herab.
    »Was hast du denn geholt?« frag ich.
    »Das Allernotwendigste«, sagte er und hob die Rolle in die Höhe, »unser Terzett!«
    Nun gingen wir auf die Gasse; es mochte nach elf Uhr sein; die Juninacht war schön, einige Sterne funkelten über uns; aber auf Erden war’s doch dunkel. So marschierten wir zur Stadt hinaus; die Nachtkühle brachte ihre erfrischende Wirkung, und schon auf der Chaussee rief Franz: »Was meint ihr, mir ist, als müßten wir einmal singen!«
    »Ja, aber was denn?«
    »Was anders als unser Terzett!«
    »Aber dazu brauchen wir Licht, wir können’s ja nicht auswendig.«
    »Alles vorgesehen«, erwiderte Franz, zog sein Schnupftuch hervor und entwickelte daraus ein Kästchen mit Zündhölzern und einige Stümpfchen Stearinlichts. Wir warfen uns auf einen Haufen von Chausseesteinen, der am Wege lag; die Lichter wurden angezündet und daraufgeklebt, Franz hatte die Stimmen verteilt und taktierte mit der Hand: »Eins, zwei!«, und: »Tropfen von Tau!« – unser Terzett strahlte wie ein Stern durch die einsame Juninacht.
    »Schön!« sagte Franz, indem er die Stimmen wieder einsammelte. »Doch nun vorwärts!«
    Marx wollte die beiden Lichter ausblasen, aber er wehrte ihm. »Laß,« sagte er. »Zur Freude der Nachtwanderer, die nach uns kommen!«
    So ließen wir sie brennen und marschierten weiter. Da stieg zu Osten unten über den Eßlinger Bergen ein gelber Mond empor; zugleich schlug eine Nachtigall, und ein Schauer zog durch die Obstbäume, die am Wege standen.
     
    De la nuit j’aime le silence:
    Doux rossignols, chantez pour moi!
     
    sang Marx mit halber Stimme; dann faßte er mich unter den Arm, drückte ihn und sagte zitternd: »Nord und Süd! Wir kommen doch zusammen!«
    Noch mehrmals sahen wir zurück nach unseren Lichtern, bis die schwache Helle nicht mehr zu uns reichte; dann marschierten wir durch Kannstatt; es muß nach Mitternacht gewesen sein, die Stadt war totenstill. So suchten wir denn einiges Leben hineinzubringen; unsere Stöcke schwingend, tralate jeder von uns seine eigene Melodie. Da schlurfte es heran. »He, Sie! Was machet Se denn für en Heidespektakel? Des ischt hie net

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